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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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unruhig durch den großen Saal. In einem Anfall fieberhafter Tätigkeit hatte sie Kalk in das Abortloch am Wachzimmer schütten lassen. Sie hatte den kleinen Garten in der Nähe der Zisterne umgegraben, denn hier wollte sie Gemüse pflanzen. Sie beobachtete die Frauen beim Nähen, sprach ihnen Lob aus und beteiligte sich eine Stunde lang an der Arbeit. Sie schneiderte einen zweiten Waffenrock für den Herrn.
    Danach begab sich Philippa ins Küchenhaus und unterhielt sich mit dem strengen, alten Bennen, der mehr von Kräutern verstand als irgendein anderer, den sie kannte, und den Speisen das zusetzte, was Philippas Mutter immer das »besondere Etwas« genannt hatte. Sie kam mit dem schrumpligen Koch von St. Erth gut aus, was sehr erfreulich war, weil sonst keiner mit ihm gut auszukommen schien. Sie erzählte ihm von mehreren ihrer Lieblingsgerichte. Bennen prägte sie sich ein, nannte sie »Herrin« und lächelte sie mit zahnlosem Mund an. Schließlich stattete sie sogar der Katze Eleanor und ihren vier Kindern einen Besuch ab. Alle waren gesund und miauten laut.
    Die Nacht wurde ihr lang. Sie wünschte, Dienwald wäre bei ihr, küßte sie, versuchte sich zwischen ihre Beine zu zwängen, und sie hätte mit ihm zu kämpfen.
    Am nächsten Morgen sagte Edmund kritisch zu ihr: »Du scheinst schlecht geschlafen zu haben, Maibaum«, sagte er. »Du siehst böse aus und hast schwarze Ringe unter den Augen. Wollen wir ausreiten? Mein Vater hat eine hübsche Stute, die stark genug für eine so große Frau wie dich sein sollte. Komm doch mit, Philippa! Dann mußt du nicht dauernd an Vater denken. Mir fehlt er ja auch. Komm, wir reiten!«
    »Mir fehlt er nicht, aber ausreiten würde ich gem.«
    Die Stute hieß Daisy, war gelehrig und fügsam. Philippa schürzte ihr Kleid bis zu den Knien, saß mit nackten Beinen und Füßen auf und lächelte auf Ogden, den Stallmeister hinab. Ogden hatte wilde rote Haare und lauter Sommersprossen.
    Gorkel kam und sagte: »Ihr braucht einige Männer zur Begleitung, Herrin. Der Herr hat mir befohlen, daß ...« Er zögerte weiterzusprechen.
    »Ich verstehe«, sagte sie. »Der Herr will vermeiden, daß ich mich zufällig in der Wildnis von Cornwall verirre.«
    Gorkel strahlte: »Ja, Herrin, is' ja so. Ich bin kein guter Reiter. Deshalb hole ich jetzt Männer zu Eurer Begleitung.«
    Es war ein sonniger Nachmittag. Die Landschaft war rauh und hügelreich. Die wilden Winde und Stürme von der Irischen See her hatten alle Baumstämme nach Norden gebeugt. Aber jetzt wehte nur eine leichte Brise. Es war ja Dienwalds märchenhafter Lenz.
    Als sie nach drei Stunden zurückkamen, sagte Edmund wohlwollend, daß sie jetzt bedeutend weniger gereizt aussehe.
    »Sieh dich vor mit deinen Schmeicheleien, Master Edmund! Sonst verstehe ich das noch falsch und denke, daß du mich gut leiden kannst.«
    Dafür hatte Edmund nur ein verächtliches Schnaufen übrig. »Ich bin doch kein Flegel.«
    »Heute jedenfalls nicht«, sagte sie grinsend. Sie ritten gerade durch den Innenhof, als Edmund ein Maultier sah, das mit vielen Bündeln beladen war. Drei Männer in den Farben von Wolffeton hielten sich bei dem Packtier auf.
    Wie versprochen hatte ihr die vollkommene Kassia, die kleine Prinzessin, die strahlende kleine Lady, Kleidungsstücke geschickt. Eine ganze Maultierladung Kleidung. Philippa riß den Mund auf, als sie die mit grober Wolle umschnürten Stücke auspackte. Kleider, Überröcke, feine Hosen, Hemden aus weichsten Baumwoll- und Leinenstoffen, Bänder in allen Farben, sogar weiche Lederschuhe, die die nach oben gebogene Spitzen in der neuesten Mode an Königin Eleanors Hof aufwiesen. Es war wunderbar. Philippa las den mitgesandten Brief Kassias, in dem sie sich für die Gastfreundschaft auf St. Erth bedankte.
    Philippa sah Kassia förmlich vor sich, wie sie lächelnd den Brief abgefaßt hatte. Bei den letzten Sätzen zog Philippa ein wenig die Brauen zusammen. »... sei nicht traurig, wenn alles nicht so glatt verläuft! Dienwald hat seinen Kopf für sich, er läßt sich in nichts reinreden und trifft alle Entscheidungen selber. Sei nicht traurig, bitte nicht! Denn es wird alles so kommen, wie es kommen soll.«
    Was sollte das wohl bedeuten? fragte sich Philippa. Dann begutachtete sie die Kleidungsstücke, die auf einem Tisch im großen Saal ausgelegt waren. So viel, und alles für sie! Merkwürdig - sie hatte schon vergessen, was sie auf Beauchamp alles besessen hatte. Hier war ihr schon ein einfaches Kleid

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