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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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hatte sie durch das Essen wieder etwas Farbe bekommen.
    »Ich will Graelam nicht sehen.«
    »Was du willst, ist ohne Bedeutung.« Und als er sie hochnahm, um sie hinüberzutragen, sträubte sie sich nicht.
    Mit dem Fuß stieß Roland die Tür zu Graelams Zimmer auf und rief: »Ich habe dir etwas Schönes mitgebracht, Graelam. Was meint Ihr, Kassia? Soll ich meine Frau zu Eurem Mann ins Bett legen? Was haltet ihr davon?«
    Roland setzte sich, Daria auf dem Schoß. »Nun, Graelam, wie du siehst, ist meine Frau auf dem Wege der Besserung. Im Gegensatz zu dir ist sie vernünftig und hört auf guten Rat. Ich habe ihr gesagt, sie soll essen, und sie hat gegessen. Jetzt liegt sie sanft in meinen Armen und beklagt sich nicht.«
    »Während du schimpfst und jammerst«, sagte Kassia zu ihrem Mann und setzte sich aufs Bett. »Manchmal möchte ich dir den Stuhl um die Ohren schlagen.«
    Graelam schaute die bleiche Gestalt auf Rolands Schoß an. Solange Kassia und Roland dabei waren, würde er nie eine Lösung für das finden, was in seinem Kopf vorging. Morgen werde ich Daria allein besuchen, dachte er. In freundlichem Ton sagte er: »Es freut mich, daß Ihr gegessen habt.«
    Roland merkte, daß sie zu zittern begann. Sie weinte. Er sah zu Graelam und Kassia hin. Die beiden waren bestürzt. »Ich komme später noch einmal zu dir«, sagte er zu Graelam. Dann trug er seine Frau in ihr Zimmer zurück. Er legte sie aufs Bett, ließ sie aber nicht los. »Ist dir kalt?«
    Sie gab keine Antwort, sondern weinte lautlos weiter. Ihre stille Qual schnitt ihm ins Herz. In ruhigem Ton sagte er: »Wenn ich alles ungeschehen machen könnte, würde ich es tun, Daria, das kannst du mir glauben. Ich freue mich bestimmt nicht darüber, daß du das Kind verloren hast. Ich habe es ja auch verloren. Ich möchte, daß du schnell wieder gesund wirst, wieder lächeln lernst und zu mir kommst. Bitte, weine nicht mehr!«
    »Als du zum letztenmal mit mir zusammen warst, hast du das Kind in meinem Leib gefühlt. Da hast du mich und das Kind gehaßt.«
    Er konnte sich noch genau erinnern, welche Gefühle ihn an diesem Morgen durchzuckt hatten, als er die kleine Wölbung ihres Leibes ertastet hatte. Was aber mochte sie empfunden haben, als er sie wortlos verlassen hatte?
    »Wenn du sagst, daß du dich nicht freust, lügst du.«
    »Hör zu, Daria! Ich bin dein Ehemann. Ich habe es dir immer gesagt und sage es dir jetzt nochmals, daß ich mit meinem Leben für dich einstehe. Du mußt doch gemerkt haben, daß ich, seit wir uns kennenlernten, jederzeit bereit war, dich zu beschützen. Ich weiß nicht, warum du mir den Namen des Vaters nicht verraten willst. Vielleicht liebst du ihn noch und hast Angst, daß ich ihn töten würde. Aber für mich ist der Mann ohne Bedeutung. Für mich bist allein du wichtig, du und unser gemeinsames Leben.«
    Sie hörte auf zu weinen. Diese Tränen hatten sie um das Kind vergossen, um sein Kind und um ihretwillen, um die Leere in ihrem Herzen. »Ich sage es dir jetzt noch einmal, Roland, und dann nie wieder. Das Kind war von dir. Du hast es in jener Nacht in Wrexham gezeugt. Wenn du es nicht über dich bringen kannst, mir zu glauben, wenn du nicht erkennst, daß ich dich nie belogen habe, dann wünsche ich, daß du die Ehe für ungültig erklären läßt. Dann will ich nicht mehr hierbleiben.«
    »Daria...«
    »Nein, ich will keine Einwände mehr hören. Ich hatte darum gebeten, daß das Kind zur rechten Zeit auf die Welt kommen und seinem Vater ähnlich sehen würde - dir, Roland -, daß es ein Sohn würde, der so dunkelhaarig wäre wie du und dir in allem gliche, von den schwarzen Augen bis zum Lächeln. Dann hättest du eingesehen, daß ich dich nicht belogen habe. Aber der liebe Gott hat es anders gewollt. Jetzt hast du als Beweis nur noch mein Wort.« Als sie geendet hatte, mußte sie tief Luft holen.
    »Was ist?«
    »Die Blutung ... oh, mein Gott!«
    Rasch legte Roland sie auf den Rücken und riß den Schlafrock auf. Der Verband hatte sich verschoben, und sie hatte Blut an den Oberschenkeln. »Halte still!« sagte er.
    Er wusch sie und legte den Verband neu an. Dann richtete er sich auf. »Ist dir warm genug?«
    Sie nickte und wandte dann den Kopf ab.
    »Salin hat mir heute mitgeteilt, er habe gehört, daß eine Bande von ungefähr zehn Männern hier in der Nähe im Freien lagert. Wer sie sind, habe man nicht ermitteln können. Nach der Beschreibung, die ihm ein Händler gab, scheint es sich um deinen geschätzten Onkel zu

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