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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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nicht, die Augen aufzumachen. Sie lag auf einer Unterlage von Fellen und hatte eine Decke über sich. Allmählich erinnerte sie sich wieder an das Geschehene. Sie blieb unbeweglich liegen. Neben ihr brannte eine Fackel. Das erste Licht des Morgengrauens sickerte in den Wald.
    »Ihr seid ja wach!«
    Es war ihr Retter. Zögernd schlug sie die Augen auf. Er saß neben ihr. Er war jünger, als sie angenommen hatte. Sein Gesicht war hart und unerbittlich, die Augen blickten kalt. Wie Roland, wenn er sie der Lüge bezichtigte. War sie wieder in die Hände eines Verbrechers gefallen?
    »Ja«, antwortete sie. Ihr war kalt, und neuerlich beschlich sie Angst. »Wollt Ihr mir etwas zuleide tun?«
    Er schien erstaunt. Dann sagte er beruhigend: »Bleibt nur ganz ruhig liegen! Ihr habt Schweres durchgemacht. Ich kenne Master Giles schon von früher. Er hat zwar ganz gute Manieren und schwingt tolle Reden, aber er ist ein Schuft und Verbrecher. Habt Ihr Euch ein wenig erholt? Ich würde gern erfahren, wer Ihr seid und wie Ihr in die Gewalt dieser schmierigen Kröte geraten seid.«
    »Ihr werdet mir wirklich nichts tun?«
    Er schüttelte den Kopf und sagte freundlich: »Dann fange ich mal an. Ich bin Dienwald de Fortenberry. Ich habe von weitem mitangesehen, wie Euch dieser Alan zugesetzt hat, konnte Euch aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht befreien. Ich mußte warten, bis alle eingeschlafen waren. Es hat Stunden gedauert, bis der Schlaf auch die Wachtposten übermannt hat. Nein, ich werde Euch bestimmt nichts tun.«
    »Ich bin Daria de Tournay, die Frau von Roland de Tournay.«
    Der Mann klappte verblüfft seinen Mund auf und zu - und sagte volle zwei Minuten lang kein Wort. Dann lachte er vergnügt. »Das ist aber außerordentlich merkwürdig«, sagte er schließlich. »Roland - Euer Gatte. Kaum zu glauben! Ja, sehr merkwürdig und erfreulich.«
    »Kennt Ihr meinen Mann?«
    »Ja. Es ist noch gar nicht lange her, da hat er mir das Leben gerettet. Es war ein meisterhafter Messerwurf, der meinen Feind mitten ins Herz traf. Natürlich sehe ich seitdem in Roland meinen Freund. Warum seid Ihr nicht bei ihm?«
    Daraufhin erzählte ihm Daria ihre traurige Geschichte. Sie gab auch zu, unüberlegt gehandelt zu haben.
    »Ah«, sagte Dienwald, »da kommt meine Frau. Philippa, hier stelle ich dir das Mädchen vor, das Roland geheiratet hat.«
    Philippa de Fortenberry war ein hochgewachsenes, anmutiges Mädchen, das ungefähr ebenso alt war wie Daria. Sie hatte ein lebhaftes, intelligentes Gesicht und die schönsten blauen Augen, die Daria je gesehen hatte. Sie war ja des Königs Tochter, und sie hatte die Augen ihres Vaters. »Die Königin hat mir alles über Euch erzählt, und der König sprach viel von seiner süßen Philippa. Sehr erfreut, Euch kennenzulernen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, es wäre an einem anderen Ort geschehen.«
    »Ja«, sagte Dienwald, »das stimmt. Ich kann mir vorstellen, daß Ihr gern wissen wollt, woher wir Roland so gut kennen. Nun, der König hatte Roland nach Cornwall geschickt. Er hatte ihn als Philippas Gatten ausersehen. Zum Pech des Königs und zum Glück für Roland war sie da aber schon mit mir verheiratet. So traf es zwei Unglückliche, aber ich will edelmütig sein und mich nicht beklagen. Ich hätte zwar auf ihre Hand gern verzichtet, aber sie hat mir eingeredet, daß sie sich dann in den Burggraben werfen und sterben würde.«
    Philippa lachte laut und kniff Dienwald in den Arm. »Hört nicht auf ihn, Daria, er prahlt nur! Er ist ein Esel wie die meisten Männer, ein wunderbarer frecher Esel... Na, ich bin nur froh, daß wir zufällig auf Euch gestoßen sind. Jetzt ist alles wieder gut.«
    »Wie kommt Ihr hierher? Ihr begleitet Euren Mann in der Kleidung eines Knaben?«
    »Das ist so, meine Liebe: Mein Mann kann ohne mich nicht auskommen. Ich muß ihm sagen, welche Taktik er anzuwenden hat, wie man eine Befreiung durchführt und wie man einen Rachefeldzug führt. Ich bin froh, wenn er meine Anweisungen richtig befolgt. Ja, und nun hat dieser miese Kretin Giles seine wohlverdiente Strafe erhalten.«
    »Was habt Ihr mit ihm und den anderen gemacht?«
    »Einer hat mit dem Leben dafür gebüßt«, sagte Dienwald. »Was die anderen angeht, nun, Daria, die klappern im Augenblick vor Kälte mit den Zähnen. Könnt Ihr Euch vorstellen, daß Master Giles jetzt splitternackt auf seinem Thronsessel sitzt?«
    »Ihr habt ihnen die Kleider weggenommen?«
    Philippa und ihr Mann grinsten wie zwei Clowns und

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