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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Roland sie verführt, geschwängert und geheiratet hat, warum hat er sie dann in Wolffeton zurückgelassen?«
    »Und ich frage mich«, sagte Philippa nachdenklich, »warum sie ihm allein gefolgt ist. Ob sie wohl einfältig ist? Sie mußte doch wissen, wie gefährlich so was ist.«
    »Genau wie du, als du von Beauchamp ausgerückt bist.« Dienwald drückte ihr die Hand und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Der arme Dickwanst Master Giles hat mein ganzes Mitgefühl. Ein Glück, daß er es nur mit mir zu tun hatte. Ich wage es gar nicht, mir auszumahlen, was dem armen alten Schweinehund geblüht hätte, wenn du ihn überfallen hättest.«
    Daria hörte mit an, wie die beiden unterwegs stritten, sich gegenseitig scheinbar Beleidigungen an den Kopf warfen und dann herzhaft gemeinsam lachten. Welch ein gutes Verhältnis die beiden miteinander hatten!
    Sie schaute auf die sanften grünen Hügel, die kein Ende zu nehmen schienen, auf die dichten Gruppen von Ahornbäumen und Eichen. Und überall weideten Schafe, standen Weizenfelder vor dem goldenen Horizont. Mit jeder Meile wurde das Land weniger rauh.
    Ein Posten auf dem Burgwall stieß einen Warnruf aus. Roland eilte zu ihm.
    »Ein Reitertrupp nähert sich, Herr. Ich weiß noch nicht, wer die Leute sind.«
    Der alte, lebenserfahrene Sir Thomas Ladock spähte zu den immer näher kommenden Reitern hinüber. »Ich glaubte, ich erkenne das Banner von Dienwald de Fortenberry. Vor einigen Jahren bin ich dem Jungen mal begegnet. Das Banner ist leicht zu erkennen - Adler und Löwe, und zwischen ihnen die gekreuzten Schwerter. Sein Vater war ein heißblütiger Mann - immer zum Kämpfen, Lachen und Lieben aufgelegt. Schlägt Dienwald seinem Vater nach, Roland?«
    »Ja«, griente Roland wissend.
    »Eine Frau ist dabei!« rief Salin. »Nein, es sind sogar zwei Frauen und ungefähr zwölf Männer.«
    Ein eigenartiges Gefühl bemächtigte sich Rolands. Es traf ihn unvermittelt, er konnte den Ursprung nicht ergründen. Doch als der Trupp näher kam, erblickte er seine Frau. Sie ritt links neben Dienwald auf ihrer Stute. Und rechts von Dienwald Philippa, in der Kleidung eines Knappen, die schönen Haare frei wallend.
    So gelassen, wie es ihm möglich war, sagte er: »Thomas, es sieht so aus, als solltet Ihr in Kürze meine Frau kennenlernen.«
    »Eure Frau«, sagte Thomas. »Was führt sie zu Dienwald?«
    »Daran kann ich nur mit Schaudern denken.«
    Salin lächelte. »Sie hat bestimmt Sehnsucht nach Euch gehabt, Mylord. Sie kommt zu Euch.«
    »So süß und arglos, wie du meinst, ist sie nicht, Salin. Alle Frauen haben den Satan im Leib.«
    Sir Thomas warf einen langen Blick auf den jungen Mann, den er sich liebend gern als Sohn gewünscht hätte.
    »Das Leben ist voller Überraschungen«, sagte er. »Gehen wir ihnen zur Begrüßung entgegen, mein Sohn!«

16
    Sir Thomas merkte sofort, daß Roland verärgert war. Ihn wunderte nur, daß sich sein Ärger offensichtlich gegen das schlanke Mädchen richtete, das seine Frau war. Warum war er so böse über ihr Kommen? Sie waren doch noch nicht lange verheiratet. Er erinnerte sich seiner eigenen, lange zurückliegenden Flitterwochen. Da hatte er Constance fast ein Vierteljahr kaum aus dem Bett, geschweige denn aus seiner Sichtweite gelassen. Irgend etwas stimmte hier nicht.
    Auch als der Trupp im Innenhof hielt, ging Roland nicht zu seiner Frau. Alle übrigen Gäste stellte er Sir Thomas vor. Seine Frau behandelte er, als wäre sie nicht vorhanden, selbst als Sir Thomas ihr die Hand reichte und sie auf Thispen-Ladock willkommen hieß. Gemeinsam begab man sich dann in den großen Saal.
    »Das ist aber eine Überraschung, Dienwald«, sagte Roland zu de Fortenberry. »Was führt dich her? Willst du bei mir spionieren?«
    »Nein. Philippa und ich waren auf der Jagd nach einem zweibeinigen Tier. Wir haben es auch aufgestöbert. Und dabei trafen wir deine liebe Frau.«
    »Ich verstehe«, sagte Roland und wandte sich Sir Thomas zu. In Wirklichkeit verstand er gar nichts. Aber er war so wütend, daß ihm die Worte fehlten. Es wurde Bier gebracht. Zunächst unterhielt man sich nur über Belanglosigkeiten. Daria saß mit gesenktem Kopf schweigend dabei, die gefalteten Hände auf dem Schoß. Das ist also mein zukünftiges Heim, dachte sie und schaute sich ernüchtert um.
    Der große Saal war kalt und feucht. Die Dachbalken waren rauchgeschwärzt, die arg mitgenommenen, zerkerbten Tische starrten vor altem Fett und vertrockneten Speiseresten. Es gab keine

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