Die Stimme des Daemons
Flüsterton. »Und derjenige wollte, dass ich es tue.«
»Warum?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Du hast mein Buch verbrannt.«
»Irgendwas musste ich verbrennen – das Buch oder dich.«
»Du hast mich verbrannt. Meine Beine sind voller Brandblasen. Meine Schuhe sind völlig verbrannt.«
»Es war notwendig, dass du schreist.«
Davey schnaubte. »Mission ausgeführt … Scheiße, es tut weh. Meine Haut ist ganz wund.«
»Beweg dich nicht«, erwiderte Sam mit fester Stimme.
»Warum?«, versetzte Davey. »Reicht es dir immer noch nicht?«
»Er könnte uns noch beobachten.«
»Wer?«
»Ich weiß es nicht.«
»Was weißt du dann überhaupt? Du bist ein richtiger Arsch.«
»Ich habe dir das Leben gerettet.«
»Du hast mich angezündet«, protestierte Davey.
»Bleib bis morgen früh hier, dann lass es behandeln. Es gibt sicher Ärzte, die keinen Ausweis verlangen.«
»Ja, und?«
»Du musst untertauchen.«
»Wo soll ich denn noch untertauchen? Tiefer als unter einer Brücke geht es ja wohl nicht.«
»Er hat dich trotzdem gefunden.«
»Du hast mich gefunden.«
»Nein. Er hat mir gesagt, wo ich dich finde.«
»Toll. Dann muss ich also jetzt unter einen Stein kriechen, aber nicht unter denselben Stein wie sonst, und ich muss Ausschau halten nach jemandem, den ich gar nicht kenne.«
»Aber du lebst wenigstens noch.«
Davey schnaubte verächtlich. »Das nennst du Leben?«
Sam stand auf und wischte sich den Staub von der Hose. Das Zittern hatte aufgehört. Er stand mit dem Rücken zum Lagerhaus, damit sein Gesicht, vor allem der Mund, für einen eventuellen Beobachter nicht zu sehen war.
»Davey«, sagte er so leise, dass man es kaum drei Meter weit hörte, »erinnerst du dich in der Highschool an einen dunkelhäutigen Typen namens Parker? Er muss einer von den Computerfreaks gewesen sein.«
»Der Name sagt mir nichts«, versetzte Davey beleidigt. »Wenn du mein Buch nicht verbrannt hättest, dann könnten wir jetzt nachsehen.«
»Ich besorge dir ein neues Buch, Davey.«
»Wirklich?«, fragte Davey erfreut. »Sicher?«
»Ja«, versprach Sam. »Ganz sicher.«
48
Sam warf die Taschenlampe in den Kofferraum seines Jeeps und holte dafür seinen Revolver und die Schminkausrüstung heraus. Mit schweren Schritten trat er auf die Fahrerseite und steckte den Schlüssel ins Zündschloss.
Er nahm die Plastiktüte mit der schmutzigen Uniform, drehte sich um und ging los. In dieser Gegend würde der Jeep noch vor Sonnenaufgang auseinandergenommen, gestohlen oder verbrannt sein.
Wie er so durch die Nacht wanderte, dachte er an Davey und fragte sich, warum er als Opfer ausgewählt wurde. Sie hatten sich seit der Highschool nicht mehr gesehen – und das war fast ein Vierteljahrhundert her. Sam kannte niemanden mehr von damals, abgesehen von dem alten Freund, den er gerade angezündet hatte. Wie konnten sie also einen gemeinsamen Feind haben?
Da kam ihm ein beunruhigender Gedanke. Der Inhaber des Spirituosenladens hatte gesagt, dass er ihm bekannt vorkäme. Das konnte natürlich vom Fernsehen
sein – aber vielleicht auch von woanders. War es möglich, dass sie dieselbe Highschool besucht hatten?
Sam rieb sich die Augen und spürte den Ruß auf der Haut. Er dachte an Daveys Schreie und an die Brutalität, mit der er selbst vorgegangen war. Davey hätte leicht sterben können. Er dachte an Zack, der seine Karriere und seinen Ruf ruiniert hatte.
Wenn Sam mit diesem Wahnsinn weitermachte und sich auf Dinge einließ, die er nicht im Geringsten kontrollieren konnte, dann brauchte er wenigstens die Gewissheit, dass das alles einen Sinn hatte. Und das war der allerbeste Trick dieses Monsters, dass er ihn im Unklaren darüber ließ, ob seine Familie noch lebte.
Sam nahm sein Handy zur Hand und zog aus der vorderen Tasche seiner Jeans eine weiße Visitenkarte hervor, auf deren Rückseite eine Privatnummer notiert war. Er zögerte einen Augenblick und zog mit dem Finger eine Linie unter die Nummer. Dann atmete er tief durch und tippte sie ein.
Nach dem dritten Klingeln wurde der Hörer abgehoben.
»Wenn du das bist, Preston«, brummte eine benommene Stimme, »dann kannst du was erleben.«
»Detective Hogan?«
»Wer spricht da?«, fragte die Stimme, plötzlich hellwach.
»Sam White.«
»Der Sam White, der gerade einen Spirituosenladen überfallen hat?«
Sam war einen Moment lang sprachlos. »Ja«, sagte er schließlich.
»Interessant«, meinte Hogan nachdenklich.
»Ist er okay? Der
Weitere Kostenlose Bücher