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Die Stimme des Daemons

Die Stimme des Daemons

Titel: Die Stimme des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grant McKenzie
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erst seit ein paar Monaten wieder hier.«
    »Ich hab’s von jemandem gehört, ich kann mich aber nicht erinnern, von wem, aber er hat gesagt, du hast in Magnum mitgespielt. Muss echt cool gewesen sein.«
    Sam lächelte. »Ja. Aber nur zwei Folgen.«
    »Trotzdem … verdammt, was?«
    Sam erreichte den Maschendrahtzaun, der das Lagerhaus vom Ufer trennte. »Machen wir lieber, dass wir aus dem hohen Gras rauskommen. Hier fressen uns noch die Insekten.«
    Davey zeigte flussabwärts. »Dort vorne ist ein Loch im Zaun. Da sind auch keine Viecher; ist ihnen zu kalt.«
    Sam ging weiter. Davey hielt mit ihm Schritt.
    »Wie bist du eigentlich hier gelandet?«, fragte Sam.
    Daveys Stimme klang hohl und gequält. »Ein betrunkener Autofahrer hat einen kleinen Jungen getötet. Der Fahrer war erst neunzehn. Das war das Ende, Mann. Da ist etwas in mir zerbrochen, das nicht wieder heilen wird. Nie mehr.«
    »Du warst der Fahrer«, sagte Sam.

    Davey senkte das Kinn auf die Brust, als wollte er sich verstecken.
    Sam fand die Lücke im Zaun und stieg hindurch. Er überquerte den Kiesplatz und blieb neben vier großen Müllcontainern stehen. Dort nahm er den Rucksack von den Schultern und stellte ihn auf den Boden. Als Davey zu ihm trat, griff Sam in den Rucksack und holte eine der großen Flaschen hervor.
    Daveys Augen begannen zu leuchten, als Sam ihm die Flasche reichte.
    »Rum.« Davey leckte sich über die Lippen, als er die Flasche aufschraubte. »Eine Flasche von der Größe kann einen umbringen.«
    Davey nahm einen kräftigen Schluck und gab die Flasche zurück. Sam tat es ihm gleich und spürte, wie ihm der Alkohol in der Kehle brannte.
    Davey nahm ihm die Flasche wieder ab und trank noch einmal. Grinsend stellte er seinen Rucksack auf den Boden und begann darin zu wühlen.
    »Ich muss dir etwas zeigen«, sagte er aufgeregt.
    Nach einigen Augenblicken stand Davey mit einem großen gebundenen Buch in den Händen auf. Der Einband zeigte auf einer Radierung einen Indianerkrieger, darunter stand in Goldprägung die Jahreszahl »1984«.
    »Kennst du das noch?«
    »Das ist unser Highschool-Jahrbuch.«
    »Da hast du verdammt recht.« Daveys Augen leuchteten vor Freude, und er nahm noch einen kräftigen Schluck Rum. »Im Jahr darauf haben sie das Maskottchen gewechselt, weil irgendjemand meinte, es wäre rassistisch. Ich nehme es überallhin mit.«

    »Warum?«
    »WARUM?«, schrie Davey. »Warum?« Davey hob die Flasche erneut an die Lippen, und sein Mund füllte sich so schnell, dass ihm der Rum aus den Mundwinkeln spritzte. »Das war mein Leben, Mann. Alles Gute, was ich je erlebt habe, ist dort passiert. Alles, was danach kam, war Scheiße.« Er begann zu schreien. »Verstehst du, was ich sage! Scheiße! Scheiße! Und wieder Scheiße!«
    Tränen schossen aus seinen Augen hervor, und er legte die Hand auf das Jahrbuch, als würde er auf die Bibel schwören. »Es war, als würde man sich unter Göttern bewegen, Mann. Und ich war dort, ich war unschuldig, und ich war … ich war gut.«
    Davey ließ sich auf den Boden sinken und überkreuzte die Beine, die Flasche neben sich, das abgegriffene Buch auf dem Schoß.
    »Ich zeige es dir.« Er schlug das Buch auf, blätterte in den Hochglanzseiten und zeigte auf die Bilder.
    Sam wusste nicht recht, was er tun sollte, und setzte sich schließlich neben den Mann, den er einst als Jungen gekannt hatte. Und er lauschte den Geschichten, die Davey erzählte, während sie zusammen Rum tranken.

44
    Der Beobachter blickte von seinem Platz auf dem Dach hinunter und verfolgte die Szene, die sich unter ihm auf dem Kiesplatz abspielte.
    Der Mond stand als dünne Sichel am Himmel, und die Dunkelheit war so tief, dass die beiden Gestalten mit bloßem Auge nicht zu erkennen waren. Die Stimmen jedoch wurden ungehindert durch die Nacht getragen, sodass er jedes Wort so klar und deutlich hörte, als säße er neben ihnen.
    Ganz nah.
    Wie in alten Zeiten.
    Der Beobachter zog ein Nachtsichtgerät aus einem kleinen Rucksack und setzte es auf. Er schaltete es ein, und im nächsten Augenblick wurde die Szene unter ihm in grünes Licht getaucht. Und nun erkannte er die Gestalten der beiden Männer, die dicht nebeneinander auf dem Boden hockten und sich gemeinsam das Buch ansahen.
    Sie waren einst Freunde gewesen, doch wie schwach war das Band der Freundschaft, wenn es so leicht reißen konnte. Aber so war Sam White nun einmal. Er dachte nur an sich selbst, darum war er gar nicht auf die Idee gekommen, mit einem

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