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Die Stimme des Daemons

Die Stimme des Daemons

Titel: Die Stimme des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grant McKenzie
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der treuesten Freunde, die er je hatte, in Verbindung zu bleiben.
    Dass Davey vor Gericht stand, dass er einen Selbstmordversuch unternahm und dann Jahre im Gefängnis verbrachte – das alles bekam Sam schon nicht mehr
mit, und es interessierte ihn auch gar nicht. Was ging ihn das Leid der anderen an? Die Leute wurden von dem Schauspieler angezogen wie Motten vom Licht, und er fragte sich keinen Augenblick, wer oder was an seinem Licht verbrannte – ihm ging es nur darum, möglichst hell zu leuchten.
    Und obwohl Sam ihn im Stich gelassen hatte, als er ihn am dringendsten gebraucht hätte, saß Davey hier neben ihm und lachte mit ihm, als wäre nichts geschehen.
    Der Beobachter schüttelte den Kopf. Davey hätte doch wütend sein müssen über den Verrat, den gleichgültigen Egoismus des Mannes, der sein Freund gewesen war. Allein sein Anblick hätte ihn so in Rage bringen müssen, dass er mit Händen und Füßen auf ihn losging. Stattdessen plauderte und lachte er mit ihm über die alten Zeiten.
    Sam sollte um sein Leben flehen, während ihn der andere für seine Selbstsucht verprügelte.
    Der Beobachter umklammerte ein Einwegfeuerzeug in der Hand und rieb mit dem Daumen so fest daran, dass es auf der Haut brannte.
    Er zuckte nicht mit der Wimper.
    Manchmal wünschte er sich, er wäre mehr wie Davey, damit er so wie er den Schmerz in all seinen Facetten spüren konnte. Trotzdem waren er und Davey sich in manchem sehr ähnlich. Sie versuchten beide die Narben zu verbergen, die sie zu den Menschen gemacht hatten, die sie heute waren. Zwei, die durch die Hölle gegangen waren und überlebt hatten.
    Doch dass Davey hier so ausgelassen lachte, verwirrte
ihn doch ziemlich. Vielleicht musste man ihn mit sanftem Nachdruck daran erinnern, wie sein alter Kumpel wirklich war.

45
    Als das Handy klingelte, schreckte Sam hoch, und die Angst war augenblicklich wieder da.
    »Über die alten Zeiten geplaudert, Sam?«, fragte die verzerrte Stimme.
    »Warum machen Sie das?«
    »Wollen Sie Ihre Familie zurückhaben?«
    »Ja.«
    »Das ist das Einzige, auf das Sie sich konzentrieren sollten.«
    »Ich habe getan, was Sie gesagt haben.«
    Die Stimme lachte, ein elektronisches Gackern und Zischen.
    »Sie haben noch nicht einmal angefangen.«
    Sam sah Davey an, der so tief in eine andere Welt versunken war – in eine Zeit, in der es noch keine Handys gab -, dass er gar nicht merkte, dass Sam wieder in die Gegenwart zurückgerissen worden war.
    »Was soll ich machen?«, fragte Sam kalt.
    »Ich will, dass er brennt«, sagte die Stimme.

    »Gott!«
    »Ihr habt die erste Flasche zusammen getrunken, jetzt leeren Sie die zweite Flasche über ihm aus. Er soll brennen.«
    »Großer Gott, ich kann doch nicht …«
    »Entweder er oder Ihre Tochter. Es ist Ihre Entscheidung.«
    »Du kranker Dreckskerl.«
    »Ich will es hören«, fuhr die Stimme unbeirrt fort. »Nicht auflegen. Ich will ihn schreien hören.«
    Das Telefon ans Ohr gedrückt, suchte Sam die Umgebung nach irgendeinem Anzeichen seines Peinigers ab. Der einzige Platz, von dem man alles beobachten konnte, war wahrscheinlich das Dach des Lagerhauses, und von dort würde man ein Nachtsichtgerät brauchen. Sam sah zwar keine Bewegung dort oben und auch nicht das verräterische Schimmern von spiegelndem Glas, doch er spürte förmlich, dass die Stimme nahe war.
    Er bückte sich, um das Handy auf den Boden zu legen, und bemerkte dabei, dass die Müllcontainer ihm die Sicht auf das Dach verstellten, wenn er sich bückte.
    Sam spannte seine Muskeln an und konzentrierte sich auf MaryAnn und Hannah. Er versenkte sich tief in sein Inneres, blendete das Denken aus und ließ Zorn und Wut hochkommen. Gleichzeitig verdrängte er alle Gedanken an Davey als Freund, ja, er bemühte sich, ihn überhaupt nicht mehr als menschliches Wesen zu sehen.
    Mit einem Knurren sprang Sam auf. Er handelte
schnell, mit blinder, unversöhnlicher Wut. Davey schrie auf, als er am Mantelkragen hochgerissen wurde und ihm sein kostbares Jahrbuch aus den Händen fiel.
    »Was …«
    Er brachte nur noch ein lautes Zischen hervor, als ihn Sams Faust in der Magengrube traf.
    Sam warf ihn zwischen zwei Metallcontainern auf den Boden. Davey war so leicht, dass er über den Boden rollte, bis er gegen einen der Container krachte. Während Davey am Boden zappelte, packte Sam die offene Rumflasche und zertrümmerte sie vor seinen Füßen.
    Davey hob die Hände, um sich vor den Glasscherben zu schützen. Die Augen traten ihm aus den

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