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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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bauen. Man hatte sich zum Ziel gesteckt, schließlich den gesamten Jupiterhandel durch die Docks von Ricot zu leiten.
    Der Planetoid war dazu gebaut, das zu bewältigen. Er hatte die Form eines amerikanischen Footballs mit einer Länge von zwölf und einem Durchmesser von drei Kilometern, und seine stumpfen Polarkappen waren stationär und schwerelos, während der Rest des zylindrischen Rumpfs langsam rotierte. Es war vorgesehen, daß schließlich drei bis fünf Millionen Menschen seine Metallkorridore bewohnen sollten. Beim Entwurf seiner Systeme und seiner Struktur hatte man genug Redundanz eingeplant, um jede Katastrophe von der Seuche bis zur Kollision auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Von seinen gepanzerten Befehlszentralen aus sollten die schnellsten und klügsten KIs den Managern von Kohärentem Licht dabei helfen, die Zukunft der Menschheit zu planen.
    Aber Kohärentes Licht mußte einen Großteil seiner Zukunft verpfänden, um Ricot zu bauen, und wie viel die Polikorp auch immer vom immensen Reichtum Jupiters ausfilterte, der durch ihre Docks lief, es war schwierig, Ricot in ökonomischer Hinsicht zu rechtfertigen. Die Wohnblocks beherbergten im Höchstfall 150000 Menschen; der größte Teil der Wohnanlagen blieb nur ein Potential, und das hohle Innere blieb ein Netz von Trägerskeletten, die auf die Wohnmodule vorbereitet waren, die nie kamen. Der Artefakt-Krieg trieb alle kriegführenden Gruppen an den Rand des Bankrotts; mit Ricot und dem Krieg hatte Kohärentes Licht gleich zwei Affen auf dem Rücken. Als der Krieg sich seinem Ende näherte, rebellierten die KL-Bürger in ihren Korridoren aus rostfreiem Metall, und Sabotage stellte die Redundanz der Sicherheitssysteme auf die Probe. Manager liefen zu Hunderten zu anderen Polikorps über, die selbst bald von der Panik erfaßt wurden. Bei Kriegsende war Ricot die Heimat einer skelettartigen Bevölkerung aus Jupiter-Bergarbeitern, die ihre Verträge mit anderen Firmen erfüllten, exzentrischen Visionären und politischen Ideologen, die anderswo unwillkommen waren, Verlorenen, Verrückten und ein paar übriggebliebenen wahren Gläubigen. Erst das Auftauchen der Mächte und des erstaunlichen Reichtums, den sie repräsentierten, hatte Ricot profitabel gemacht; dazu kam der Jupiterbergbau. Consolidated Systems schüttete noch nie dagewesene Dividenden aus.
    Steward betrachtete die lange, weite, glänzende Fläche, die schimmernde, kilometerlange, spiegelnde Wand, die allein und glatt von der Dunkelheit abstach. Erinnerungen an summende Korridore erfüllten seinen Geist, an den Chor wispernder Lüftungen, das Knacken hydraulischer Gelenke, die sich ständig neu auf die Belastungen der Rotation und der Gravitation einstellten, an Stimmen, die zu ihm von Sehnsucht und Hingabe sprachen.
    Bereitschaft erfüllte ihn. Er würde richtig handeln.
     
    Die Born würde ihre Fracht löschen und dann zwei Wochen am Ende einer Halteleine in Ricots unglaublich großem schwerelosen Inneren schweben. Steward kam zu dem Schluß, daß die Zeit ausreichte, um zu tun, was er tun mußte.
    Ein paar Tage lang trieb er sich nur auf Ricot herum, versuchte den Rhythmus des Satelliten zu erfassen und herauszufinden, wie die Dinge dort liefen. Er spürte ein warmes Gefühl der Vertrautheit und kämpfte dagegen an; er wollte alles mit neuen Augen und ganz klar sehen, unberührt von Erinnerungen.
    Das Sicherheitssystem war engmaschig und allgegenwärtig. Über vielen Türen hingen Kameras, und besonders wichtige Anlagen wurden von Bewaffneten bewacht. Consolidated konnte sich die besten leisten. Manchmal fanden punktuelle Kontrollen statt; Männer mit Schußwaffen und Panzerkleidung kamen in einen Bereich und ließen jeden Ausweis durch Sicherheitscomputer laufen. Das Leben auf Ricot hatte große Ähnlichkeit mit dem Leben in der Armee, fand er. Nach einer Weile sah man die Uniformen und Sicherheitsmaßnahmen gar nicht mehr; sie wurden zu einem Bestandteil des allgemeinen Betriebs. Da Stewards Ausweis und Paß in Ordnung waren, hatte er nie Schwierigkeiten.
    Er begann seine Ausrüstung Stück für Stück auf die Station zu bringen und sie an abgelegenen Stellen zu lagern, in Ventilationsschächten, Ersatzteillagern und bei den Trägern unfertiger Bauten. Oben beim Nordpol, weit entfernt von den Mächten, wo die Sicherheitsmaßnahmen nicht so streng waren.
    Neugierig machte er Wandis ausfindig. Sie bewohnte ein kleines Apartment in einer alten Wohneinheit, in der früher einmal viele

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