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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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gehalten; überall in dem glänzenden Zylinder traten die gleichen Muster auf; in regelmäßigen Abständen führten Zugangstunnels zu den großen Hauptleitungen für Strom, Luft und Hydraulik, die sich überall in dem Gebilde wiederholten, bis sie an dem Schott endeten, das man gebaut hatte, um die Menschen vor der verunreinigten Luft im Sektor der Mächte-Delegation zu schützen.
    Es war heiß im Mantel. Schweiß lief ihm an der Nase herunter. Er bewegte sich bedächtig bei 0,9 g und hielt mit seinen aufgerüsteten Sinnen nach Alarmanlagen oder Sensoren Ausschau, die im Hauptrohr angebracht waren. Er wußte, daß hier Cyberdrohnen durchkamen, und sie waren darauf programmiert, jeden Eindringling zu töten. Die Chancen standen gut, daß er nicht in eine hineinlief; die meisten würden die Mächte-Delegation und die Wohnungen der Oberhäupter von Consolidated bewachen. Ein paar würden in den Hauptversorgungsrohren verstreut sein, aber davon gab es eine Menge. Es gab auch eine Menge ungewöhnlicher Gebilde in den Tunnels, die aus dem einen oder anderen guten Grund dort angebracht waren – Verbindungsstellen mit Strom- oder Kommunikationsleitungen, seltsame Wölbungen, die installierte Geräte beherbergten, Schutzwände, Anschlüsse an nichtmodulare Gebäude, die erst nach Fertigstellung der Leitungen in Ricot eingebaut worden waren. Wenn die Drohnen Steward nicht als Lebewesen wahrnahmen, konnten sie ihn irrtümlicherweise für etwas halten, das hierher gehörte.
    Eine Schabe krabbelte Steward über den Weg, und er grinste. Das war auch zu seiner Zeit schon ein Problem gewesen.
    Er gelangte zu einem kleineren Zugangsschacht, der seiner Berechnung nach zu den Belüftungsrohren von LifeLine führte, und überflog seine Detektoren. Aus dem Tunnel kamen weder Radar- noch Sonarimpulse. Er zwängte sich vorsichtig in den engen Schacht und begann nach oben zu klettern. Schweiß tropfte auf das Innere seiner Maske. Hier konnte er einer Vernichtungsdrohne nicht ausweichen. Der Schacht war einfach nicht groß genug, und selbst eine schwachsinnige Drohne würde erkennen, daß er nicht hierher gehörte, Klaustrophobie begann ihn mit Lammwollfingern zu streifen. Er schwitzte stärker.
    So eng der Schacht für Steward auch sein mochte, er war erheblich weiter, als es für die Versorgung von Iapetus nötig war. Die Planer von Ricot hatten die Möglichkeit vorgesehen, daß mehr als ein Modul an dieselbe Luftversorgung angeschlossen werden konnte. Kühle Luft wisperte um Stewards Anzug herum. Er kletterte stetig weiter.
    Zu seiner Linken zweigte ein Tunnel ab. Er sah, daß der Schacht, durch den er heraufgekommen war, darüber aufhörte, zwängte sich in die Abzweigung und arbeitete sich auf dem Rücken liegend mit vorsichtigen Schulterbewegungen voran. Lichtstreifen fielen durch eine Lüfteröffnung vor ihm herein. Er bewegte sich darauf zu. Die Lüftungsschlitze waren beinahe geschlossen. Die Luft fuhr mit einem leisen, fast überschallartigen Zischen hindurch. Steward öffnete die Lamellen mit den Fingern und spähte hindurch: die Pförtnerloge von Iapetus. Unter ihm war der Kopf eines Wachmanns. Sein Helm hüpfte zu lautloser Musik auf und ab, die in die Hörzentren seines Gehirns eingespeist wurde. Der andere Wachmann starrte durch die Glasfenster der Haupttür nach draußen. Steward schloß die Schlitze und schob sich weiter voran.
    In seinem Kopf blinkte ein rotes Licht auf. Sein Mantel erklärte ihm durch den Interface-Stecker, daß er so viel Körperwärme gespeichert hatte, wie er konnte, und daß er sie bald ablassen mußte. Noch ein paar Minuten, dann würde der Anzug Stewards Körperwärme zufallsmäßig verteilen, statt sie mit dem Hintergrund verschmelzen zu lassen. Das würde ihm ein nichtmenschliches Infrarotprofil geben, aber er würde trotzdem Verdacht erregen.
    Nebentunnels führten tiefer in das Gebäude hinein, aber sie waren zu klein, als daß Steward hätte hindurchkriechen können. Er blieb im Haupttunnel und robbte zum nächsten Lüftungsloch in einem Raum, öffnete die Schlitze und spähte hinein: irgendein Büro, dunkel. Steward arbeitete sich zur nächsten Lüftung vor: eine Toilette. Er kroch zur zweiten Öffnung zurück, suchte sorgfältig nach Alarmanlagen und fand keine.
    In gepolsterten Taschen vorne im wärmedämmenden Mantel steckte Werkzeug. Steward hatte die Klettstreifen an den Taschen entfernt, weil sie zuviel Krach machten, wenn man sie aufzog, und sie statt dessen mit transparentem Band

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