Die Stimme des Wirbelwinds
fragte, was er davon wußte, ob es besser gewesen wäre, wenn er beim Verhör eine andere Richtung eingeschlagen hätte.
Curzon machte die Tür auf und ließ einen hochgewachsenen weiblichen Offizier der Sicherheitsabteilung in voller Montur eintreten – Panzerjacke, Helm, schwere Handschuhe, transparente Sichtscheibe über das Gesicht geklappt. Die Stimme kam aus einem Lautsprecher, der an ihrem Gürtel klemmte. Steward dachte an Orion, der über den Himmel schritt. Er gab sich alle Mühe, seine Überraschung zu verbergen.
»Wir glauben, daß wir eine biologische Verseuchung im Delegationssektor haben. Vielleicht eine Waffe.«
Curzon wandte sich an Godunov. »Das Telefon«, sagte er. »Geben Sie Alarm.«
»Schon geschehen«, sagte die Frau, und dann erfüllte ein Surren den Raum. Das Geräusch der Darwin-Tage.
Curzon stürzte schwer; seine unversehrte Hand griff noch nach dem Telefon, als eine rote Linie seine Brust von unten nach oben sprenkelte. Godunovs Kopf explodierte in rotem Schaum, und sie sackte gegen ihren Stuhl zurück.
Die Frau ging zu Godunovs Schreibtisch und tippte einen Moment lang auf der Konsole des Colonels herum. »Ich lösche das Verhör«, sagte sie. »Ich möchte ihnen nicht mehr Daten als nötig geben.«
Steward grinste sie schwach an. »Hallo, Reese«, sagte er. »Hab' nicht damit gerechnet, dich zu sehen.«
»Ich dachte, ich wäre dir vielleicht was schuldig.«
Ihr langbeiniger Gang war ihm selbst in dem schweren Kampfanzug völlig vertraut. Sie kam zu Stewards Tisch und begann ihm die Elektroden vom Kopf abzuziehen.
»Ich hab' irgendwo hier drin einen gebrochenen Arm. Roll mich nicht einfach raus.«
Reese löste die Gurte. »Du hast auch ein Katheter, wie ich sehe. Das kannst du selbst abnehmen.«
»Danke.«
Sie hatten ihm den Arm in Plastik gegossen, bevor sie ihn in das Tuch gepackt hatten, und ihm die Rippen verklebt. Nachdem er ausgewickelt war, stand er auf. Er schwankte ein bißchen. Schweiß erkaltete auf seiner nackten Haut. Er griff nach seinen Kleidern und schaffte es mit Reeses Hilfe, sie anzuziehen. In einem Medizinschränkchen war eine Schlinge, so daß er nicht die von Curzons Leichnam nehmen mußte. Reese legte etwas Schweres neben Stewards Arm in die Schlinge.
»Das ist eine Splittergranate«, sagte sie. »Wenn wir erwischt werden, zieh den Stift raus und wirf dich drauf. Es wäre nicht sehr schlau, sich noch mal schnappen zu lassen.«
Er sah sie durch den transparenten Detonationsschutz über ihrem Gesicht an. »Du bist der Boss«, sagte er.
Ihre Augen waren als Schmetterlingsflügel geschminkt.
18
»Du bist von Gruppe Sieben, stimmt's?« sagte Steward. Schwerkraft drückte auf seine Kehle. Er hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge.
Reese sah ihn an. Ihr Gesicht war vom Gurtnetz verschattet. »Das kann ich dir nicht sagen.«
»Du bist von Gruppe Sieben. Und ich hab' die ganze Zeit für dich gearbeitet.«
Der Frachter beschleunigte, während er die Sicherheitszone von Ricot verließ. Steward rang nach Atem, als die Schwerkraft auf sechs g kletterte. Sie flogen auf eine unabhängige Bergbaukolonie zu, die in die Oberfläche von Regio Galileo auf Ganymed eingebettet war. Von dort aus, erklärte Reese, würden sie in etwa einer Woche von einem Versorgungsschiff mitgenommen werden, das direkt zum Gürtel flog.
Schmerz fraß sich in Stewards Rippen. Er biß die Zähne zusammen und kämpfte dagegen an. Tränen traten ihm in die Augen.
Reese hatte sie ohne Zwischenfall aus der Sicherheitsabteilung von Ricot herausgeführt, indem sie bei jedem Posten den richtigen Ausweis vorzeigte. Nirgends war Alarm gegeben worden. Nach fünf Minuten stand Steward wieder auf der Methanstraße und ging schweigend auf dem Metallboden entlang. Reese führte ihn zu einer inneren Luftschleuse, wo er die Zugangsröhre des kleinen Jupitersystemfrachters betrat. Der Pilot des Frachters, ein kleiner, muskulöser Mann von etwa sechzig Jahren, führte sie wortlos durch die Luke. Der Frachter war alt, seine Schotts waren zerschrammt, Einstiegsverkleidungen waren längst verschwunden, und die bloßgelegten Kabelstränge hingen in Klumpen herum, die von silbernem Klebeband festgehalten wurden. Reese nahm ihre Granate wieder an sich. Steward und sie wurden zu einer kleinen Passagierkabine gebracht und schnallten sich selbst im Netz fest. Eine Stunde später waren sie schon auf dem Weg nach Regio Galileo.
Die Treibwerke erstarben, und Steward schwebte in seinem Netz. Reese
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