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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Premiers in den menschlichen Raumsektor übergesiedelt. Außerdem waren sie auch auf der Suche nach dem Vorteil. Und sie wußten, daß sie ihn in uns finden konnten.«
    »Das macht sie nicht besser«, entgegnete Steward. Schweiß lief ihm über das Gesicht. »Und euch ebensowenig.«
    »Vielleicht nicht«, sagte Curzon. Sein Gesicht war gerötet. Seine Pupillen waren geweitet und wie schwarzer Obsidian. »Nicht in dem Sinn, den Sie meinen. Es macht uns weder moralischer noch ethischer und bessert auch unser Verhalten nicht. In einem anderen Sinn aber schon, und zwar in einem evolutionären. Denn wir sind die Zukunft, und alles andere wird verkümmern.«
    Orion flammte am Nachthimmel, der hoch aufragende, drohende Jäger. Der Schweiß, der Steward übers Gesicht lief, schmeckte nach Blut. Er fletschte die Zähne. »Euer Sieg ist unvermeidlich, also seid ihr im Recht«, sagte er. »Auch das hab' ich schon mal gehört. De Prey hat es immer gesagt.«
    »Das V-Anhängsel und die V-Sucht – das war ein Unfall«, fuhr Curzon fort. »Aber es hat uns eine Lösung gezeigt. Die Mächte sind so intelligent wie wir und genauso phantasievoll. Aber warum sind sie so diszipliniert, so … kooperativ? Es sind die Aerosole, Steward. Das absolute Sozialisationswerkzeug. In der Mächte-Gesellschaft gibt es keine Widersprüche und keine Zerrissenheit. Und wohlgemerkt, Steward – ihre Intelligenz wird nicht beeinträchtigt. Sie sind so schlau, wie sie es sonst auch gewesen wären, sogar noch schlauer, weil manche Aerosole intelligenzsteigernd sind. Aber die Intelligenz wird zum Nutzen der Gesellschaft eingespannt. Die Suche nach Glück ist kein Problem – sie haben es gefunden: Sie arbeiten daran, sich selbst und ihre Spezies zu verbessern.«
    »Hört sich gut an. Warum vergiften sich ihre Chefs gegenseitig?«
    Curzon starrte Godunov an. »Ich weiß, Colonel«, sagte er. »Wir werden ihn sowieso töten, also was macht es schon?«
    »Es gibt Dinge, die spricht man besser nicht laut aus.«
    Ihre Stimme überraschte Steward ein bißchen. Sie war hauchig zart und verblüffend kindlich. Nicht die Art Stimme, die man normalerweise bei einem Folterer erwartet.
    »Pah.« Curzon räusperte sich und hustete in ein Papiertaschentuch, wedelte mit der Hand und holte tief Luft. »Ich führe dieses Verhör auf meine Weise durch. Nach Vorschrift oder nicht. Ich hab' die Vorschriften ohnehin selber aufgestellt, also was macht es schon? Wir haben alle Zeit der Welt. Und vielleicht erweist sich Mr. Steward als begabter Rekrut.« Godunov setzte an, etwas zu sagen, aber Curzon schnitt ihr das Wort ab. »Ja, wir können feststellen, ob seine Bekehrung echt ist. Wir haben die Drogen dazu, oder? Ich pfeife auf diesen Blödsinn.« Er wandte sich wieder an Steward. »Colonel Godunov ist eine Spezialistin. Ich bin auch Spezialist. Ihre Ausbildung führt sie zu anderen Schlüssen als denen, die mir meine Erfahrung nahelegt.«
    »Ich werde meinen Protest im Kontrollbuch festhalten«, sagte Godunov.
    »Tun Sie das! Was, zum Teufel, kümmert es mich?«
    Steward fragte sich, ob dieser Wortwechsel echt oder eine seltsame, unglaublich barocke Variation des alten guter Bulle-böser Bulle-Themas war. Curzon stand unter Drogen, aber trotzdem war hier etwas – ein Hauch von Falschheit –, das darauf hindeutete, daß die zweite Alternative in Frage kam.
    »Die Mächte«, gab ihm Steward das Stichwort, wie es vielleicht von ihm erwartet wurde. Er schüttelte sich Schweiß von der Stirn. »Sie bringen sich gegenseitig um.«
    Curzon schaute finster drein. »Ja. Von unserem Standpunkt aus ist die Evolution ihrer Spezies … bedauerlich. Die Aerosole sollen ihren Nationen – Stämme ist vielleicht ein besseres Wort –, ihren Stämmen helfen, eine innere Solidarität aufzubauen. Sie rivalisieren immer noch miteinander. Das ist etwas, wobei wir ihnen helfen können.«
    »Du lieber Himmel«, sagte Steward. »Ihr habt vor, die Aerosole an uns zu verwenden, stimmt's? Ihr wollt uns alle zu kreuzfidelen, glücklichen Junkies machen.«
    Godunov gab ein Räuspern von sich. Curzon beachtete sie nicht. »Wir werden die Menschheit zu dem machen, was sie immer sein wollte. Kooperativ. Friedlich. Nach vorn blickend. Eine vollkommenere Union. Ein Arbeiterparadies. Gleichheit, Brüderlichkeit, jeder nach seinen Fähigkeiten, und so weiter. Die ganzen alten Slogans werden wahr.« Er wedelte mit seiner unversehrten Hand. »Danach können wir den Mächten bei ihren Stammesproblemen helfen.

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