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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Tätowierungen wanden sich um seine Handgelenke. Er trug eine formelle Jacke mit rundem Kragen aus einem dunklen Material und eine schwarze Pitji-Mütze, an die sein Rangabzeichen geheftet war, eine Konstellation von drei vierseitigen Sternen auf dem roten Taler-Dreieck. Der mittlere Fingernagel seiner linken Hand war durch einen Flüssigkristall-Computerschirm ersetzt worden. Vermutlich waren seine Augen verändert worden, damit sie die winzigen Schriftzeichen vergrößern konnten. Steward fragte sich, wo die Tastatur war: in SuTopos Kopf, mit Faden in sein Gehirn verwoben? Im Kopf von jemand anderem, damit SuTopo Botschaften von anderswo empfangen konnte? Steward kam zu dem Schluß, daß er paranoider wurde, als es unbedingt erforderlich war. Es bestand keine Notwendigkeit, sich einen Empfänger in einen Fingernagel einsetzen zu lassen, wenn man ihn direkt in den Hörnerv einfügen konnte.
    »Willkommen an Bord«, sagte SuTopo.
    »Danke. Ich freue mich, hier zu sein.«
    SuTopo stand plattfüßig da, die Hände in die Seiten gestemmt. Seine Augen waren halb geschlossen, sein Ton mild. »Cairo sagt, Sie hätten schwer geschuftet.«
    »Das bin ich gewohnt.«
    SuTopo runzelte die Stirn. »Nützlich. Aber auf einem Schiff wie diesem fährt man am besten, wenn man nichts tun und sich dabei wohl fühlen kann.«
    Steward dachte sich, daß an diesem Punkt der Bonsai ins Spiel kam. »Ich kann auch nichts tun«, sagte er. »Das wird wirklich mal eine angenehme Unterbrechung sein.«
    Die Augen des Kapitäns öffneten sich ein kleines Stück. »Sie haben militärische Fähigkeiten.« Eine schlichte Feststellung. »Spezialfähigkeiten von hohem Rang.« Steward konnte nicht erkennen, was SuTopo dabei empfand, wenn er überhaupt etwas empfand, und ob dies etwas anderes als eine unbeholfene Konversation war.
    »Ja«, sagte Steward. »Aber ich will das nicht mehr machen.«
    »Ah«, sagte SuTopo. »Sie schlagen einen ganz neuen Weg ein.«
    »Ja.« Er fragte sich, ob SuTopo ihn für irgend etwas zu rekrutieren versuchte.
    SuTopo nickte, als ob er sich selbst etwas bestätigen würde. »Gut.« Er drehte sich halb um und langte nach oben, um eine der Zuchtlampen zu justieren. Es war, als ob er klarstellen wollte, daß seine Worte nur rein theoretisch gemeint waren, ohne sich direkt auf jemand in diesem Raum zu beziehen. »Es ist bekannt, daß jede Polikorp Agenten bei anderen Polikorps unterbringt. Transportgesellschaften wie Starbright und Taler sind dabei besonders beliebt – sie gewähren den Agenten Mobilität. Es wäre eine große Schande, wenn die Max Born durch ein Mitglied ihres Personals, das in einer Station an Bord ginge und etwas täte, was es nicht tun dürfte, in irgendwelche Schwierigkeiten verwickelt werden würde.«
    »Das wird nicht vorkommen«, sagte Steward.
    »Freut mich, das zu hören.« Er drehte sich um und richtete den Blick auf seine Bonsai-Wand. »Kennen Sie sich mit Bonsais aus?« fragte er. »Sie sind eine Liebhaberei von mir.«
    »Nicht im einzelnen«, sagte Steward. »Ich bewundere die Resultate.«
    SuTopo trat dicht an einen der Töpfe heran und bückte sich, um den Baum darin zu betrachten. »Das ist eine Graurinden-Ulme«, sagte er. »Sie ist von meinem Großvater eingepflanzt worden. Sie ist fast hundert Jahre alt. Man nennt diesen Stil Chokkan. Der gerade, würdevolle Stamm soll Ruhe ausstrahlen.«
    »Sie ist sehr hübsch. Und sie strahlt wirklich Ruhe aus, wie Sie sagen.«
    SuTopo wandte sich einem anderen Baum zu. Seine Augen wurden weich. »Eine Arizona-Zypresse«, sagte er. »Ein Geschenk meiner Frau. Sie lebt auf dem Apollo-Wohnsatelliten im Moskva-Komplex. Jedesmal wenn ich sie sehe, bringe ich ihr einen Baum mit. Wir tauschen sie aus, so daß wir uns die Bäume anschauen und aneinander denken können.«
    Steward sah sich die kleinen Bäume und die schlichten, außen glasierten Töpfe an. »Haben Sie noch weitere Familienangehörige?« fragte er.
    »Zwei Töchter. Sie sind auf Taler-Wohnsatelliten aufgewachsen und jetzt in guten Positionen bei der Gesellschaft tätig. Einen Sohn, der auf Erzengel gefallen ist.« SuTopo verstummte für einen Moment.
    »Das tut mir leid, Sir. Ich wußte nicht, daß Taler darin verwickelt war.«
    »Das waren sie nicht.« Seine Stimme war sanft. »Mein Sohn ist seinen eigenen Weg gegangen.« Er streckte eine Hand aus, als wolle er einen weiteren seiner Zwergbäume berühren, aber er hielt einen Zentimeter davor inne. »Diese Yeddo-Fichte behalte und pflege ich zur

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