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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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dicht an seinen. Er schloß die Augen und ließ sich von den Erinnerungen mitnehmen.
    Für kurze Zeit wurde Steward zum Wind.
     
    Am Ende war ihm immer noch kein guter Grund eingefallen, es nicht zu tun.
    Die Adresse im Mary Byrd Land war für die Antenne der Born im Moment nicht zu sehen, deshalb beschloß Steward, das Signal über einen Pink Blossom-Satelliten im stationären Erdorbit über dem Südatlantik zu leiten. Er steckte den Stachel in Schacht eins, richtete die Antenne aus und drückte die SENDE-Taste. Sein Augen hoben sich zu einem Bild vom Gipfel des Mount Everest, der über gekräuselte Wolkenfetzen aufragte, ein Foto, das der abwesende Kommo-Offizier an die Wand geklebt hatte.
    Bevor sich Stewards Finger noch ganz von der Taste zurückgezogen hatte, war die Übertragung beendet.
    Verbindungen, die ein Potential gewesen waren, begannen jetzt real zu existieren. Welche es auch sein mochten, und was immer sie bedeuteten.
    Eine faltbare Gittertür ging hinter ihm auf. »Was tun Sie da an meinen Geräten?« verlangte eine Stimme zu wissen. Steward warf einen Blick über die Schulter und unterdrückte den Reflex, rasch seine Nadel aus dem Schacht zu ziehen.
    Blaue Augen starrten ihn aus einem sonnenverbrannten Gesicht an. Ein grünes Hawaiihemd schien den halben Funkraum der Born auszufüllen.
    »Ich schicke meine Post ab«, sagte Steward.
    »Das hab' ich mir gedacht.« Eine große Hand erschien. Sie war mit Sommersprossen bedeckt. Steward schüttelte sie. »Ich bin Fischer. Kommo.« Er hatte einen leichten mitteleuropäischen Akzent.
    »Steward. Hilfsmaschinist.«
    »Hab' ich mir gedacht«, wiederholte Fischer. Er beugte sich über die Konsole und sah sich die Angaben an. Steward konnte ein Interface-Implantat an seiner Schädelbasis sehen. Wahrscheinlich konnte Fischer sich im Kopf mit seinen Funkgeräten unterhalten.
    »Ich hab' Antenne zwei benutzt«, sagte Steward.
    »Schon in Ordnung. Aber machen Sie das in Zukunft nicht noch mal.« Er fletschte die Zähne in Richtung auf die Konsole, das warnende Grinsen eines Wolfs. »Könnte sein, daß wir einen Funkspruch von unseren Chefs verpassen«, knurrte Fischer. »Einen wichtigen Befehl, uns das nächste Freikonomizistische Wochenblatt genau durchzulesen, weil sie 'ne Zeile geändert haben. Ist es ideologisch vertretbar oder ein Zeichen von schleichendem Abweichlertum, daß Sieben Monde einen Zoll auf variable Gitterlegierungen erhebt? Neuigkeiten, die die ganze Galaxis bewegen, Kumpel, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Steward zog den Stachel heraus und steckte ihn in die Tasche. Fischer starrte die Angaben auf dem Bildschirm an und schien es nicht zu bemerken. Steward sah Fischers abblätternde Stirn an. »Waren Sie am Strand?«
    Fischer schüttelte den Kopf. »In Alaska. Bin auf Gletscher gestiegen. Kennen Sie jemand in Asuncion?«
    »In der Antarktis.«
    »Ah.« Er tippte sich an den Kopf. »Hab' die Vorwählziffern da durcheinandergekriegt.« Fischer warf Steward einen Blick zu. »Wer ist denn in der Antarktis?«
    »Ist nur eine Nachsendebox. Ich hab' einen Freund, der viel reist. So wie wir.«
    Fischers Blick flackerte leicht, als er auf den Sendelängen-Zähler fiel. »Vierundvierzig Nanosekunden. Das ist aber lang für'n Brief.«
    Ein kühles Warnsignal breitete sich langsam, aber deutlich in Stewards Kopf aus. Er würde die Daten auf dem Stachel sofort löschen, wenn er wieder in seiner Kabine war. »Ich schicke meinem Freund die Kopie eines Videos, das ich aus dem Stationsnetz habe.«
    »Hoffentlich ist es ideologisch korrekt, was immer es ist. Pink Blossom ist ein Konzern der NeoImagisten. Die mögen's nicht, wenn man abgedrehtes Zeug über ihre Satelliten leitet.«
    »Ich finde die NeoImagerie selber ziemlich abgedreht.«
    Fischer grinste. »Sie sagen es, Kumpel.«
    Er streckte die Hand über Stewards Schulter zur Konsole und fuhr die Antenne wieder in ihre Hülle ein. »SuTopo ist an Bord. Sie könnten gleich mal bei ihm anklopfen. Geben Sie ihm aber 'ne Chance, vorher noch auszupacken.«
    »Mach' ich.« Das Warnsignal vibrierte immer noch leise, aber deutlich.
     
    Die Kabine des Kapitäns war vom Duftgemisch der fünf Bonsai-Bäume erfüllt, die auf Borden an der gegenüberliegenden Wand standen. Ihre Keramiktöpfe waren befestigt, um sie gegen Schwerkraftänderungen zu sichern. Zuchtlampen hingen mit Saugnäpfen an der Decke.
    Der Kapitän der Born war ein kleiner Javaner mittleren Alters mit einem muskelbepackten Körper. Komplexe dunkle

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