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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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zwei Dritteln der Gefängnisse im menschlichen Raumsektor einen Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht eingetragen hätte, wie Steward wußte. Er wollte herausfinden, wie ihre Befehle lauteten.
    »Umdrehen!« Ohne zu blinzeln. Vielleicht hatte man ihnen befohlen, ihn besonders behutsam zu behandeln.
    Steward drehte sich um und spürte, wie der Wärter die Stange packte, die seine Handschellen auseinanderhielt. Er wollte versuchen, sich in allen Einzelheiten einzuprägen, was er als nächstes sah.
    »Mitkommen!«
    Der Korridor bestand aus purem Metall und wurde von Leuchtstoffröhren erhellt, die in Spalten in der Decke eingelassen waren. Die Wärter führten Steward an den nichtssagenden Türen von sechs anderen Zellen vorbei – Steward zählte mit – und dann durch eine gepanzerte Sicherheitstür. Hier stand ein Schreibtisch mit einem weiteren Wärter, der seinen Helm abgelegt hatte und ihnen Papiere hinhielt, die einer von Stewards Begleitern unterschreiben mußte. Vermutlich wurde Steward damit in seine Obhut entlassen. Hinter ihm war die Tür zu einem Fahrstuhl. Um ihn zu bedienen, mußte einer der Wärter seinen Plastikausweis in einen Schlitz neben den Knöpfen stecken. Der Fahrstuhl fuhr vier Stockwerke nach oben. Steward fühlte sich leichter, als er in der massiven Zentrifuge nach oben stieg. Seine Kniegelenke knackten.
    In diesem Korridor herrschte mehr Betrieb. Er war von Wärtern und geschäftsmäßig wirkenden, gleichgültigen Leuten in Zivil erfüllt. Decke und Fußboden bestanden aus Metall, die Wände waren tapeziert und beige gestrichen. Rechts und links waren geschlossene Türen, allesamt numeriert, deren elektrische Kombinationsschlösser über Tastenfelder zu bedienen waren. Auf Schildern an den Wänden standen Anweisungen, die sich auf Sicherheitsvorkehrungen, Schutzmaßnahmen und Verfahrensweisen bezogen, und es gab ein schwarzes Brett, an das Notizen gepinnt waren und das direkt neben einem Videoschirm hing, über den kontinuierlich Notizen abrollten – wahrscheinlich dieselben.
    Die Eskorte führte Steward in einen großen Raum voller Schreibtische und Menschen. Steward fiel der strapazierfähige Teppich auf dem Boden, die Schalldämmung an der Decke und das Durcheinander auf den Schreibtischen auf. Er hörte leise Unterhaltungen und das Klicken von Computertastaturen. Kaffeeautomaten und Saftspender waren in die Wände eingebaut. »Halt!« sagte der Mann hinter Steward und zerrte an der Querstange der Handschellen. Steward blieb stehen.
    Der Wärter an der Spitze verließ die Gruppe und ging zu einem leeren Schreibtisch in der Nähe. Er hob die Sichtscheibe seines Helms an und sprach mit einer Frau am Schreibtisch daneben, die nickte und auf einen Mann zeigte, der an der nächsten Wand stand und auf die Knöpfe eines Kaffeeautomaten drückte. Der Wärter trat auf ihn zu. Als sich der Mann beim Näherkommen des Wärters umdrehte, sah Steward, daß er mittelgroß, etwa vierzig Jahre alt und um die Mitte herum ein bißchen aufgeschwemmt war. Er trug eine dunkle Hose, eine dicke, gepolsterte Jacke und ein hellblaues Hemd. Er wurde oben langsam kahl, und sein dunkles Haar war kurzgeschnitten. Der Wärter blieb vor ihm stehen und sprach ihn respektvoll an. Der Mann trank seinen Kaffee aus einer Schaumstofftasse, schnitt eine Grimasse und sah Steward dann über den Raum hinweg an.
    Ein Warnsignal kroch in Stewards Wirbelsäule hoch. Die Augen des Mannes waren zornig, intelligent, beinahe wild und so kalt wie der Sonnenwind. Ich werde dich wie einen Zweig zerbrechen. Das war die Botschaft, die Steward in ihnen las. Es war, als ob man ins Nichts blickte.
    Der Mann nickte erneut und ging dann zu seinem Schreibtisch zurück. Er nahm einen Schlüsselstachel aus einer Schachtel voller Papiere auf seinem Schreibtisch und steckte ihn in die Tasche. Er tippte eine Nummer auf einem Telefon ein und sprach kurz, dann schnappte er sich einen Hefter von seinem Schreibtisch und kam auf den wartenden Steward zu. »Nummer zwölf«, sagte er zu den Wärtern und schob sich an Steward vorbei, ohne ihn anzusehen. Er hatte einen Akzent, den Steward nicht unterbringen konnte.
    »Umdrehen!« sagte der Wärter hinter ihm. Steward schlurfte herum, bis er mit dem Gesicht zur Tür stand, und ließ sich dann durch den Korridor in die andere Richtung führen.
    Er roch den Kaffee in der Schaumstofftasse. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen.
    Der Mann holte den Stachel aus seiner Tasche und steckte ihn in eins der Schlösser

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