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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Hinflugs, und die Rückreise würde länger dauern. Damit sich alle nach den langen drei Tagen mit 1,5 g erholen konnten, stand die Zentrifuge der Born still, und Steward schwebte schwerelos in seinem Gurtnetz. Seine Arme hingen vor ihm in der Luft wie die Vorderbeine eines toten Tieres.
    Er hatte Durst. Alles tat ihm weh. Die Maschinen-Analoga wollten nicht aus seinem Kopf weichen.
    Aber er war noch am Leben. Der Mörder war nicht gekommen, und Steward genoß die Schmerzen, den Durst und das kalte Feuer der geistigen Nachbilder. Er hatte Vesta betreten und wieder verlassen, er hatte ein Dutzend Stacheln mit Bootleg-Daten, und er fühlte die Hand des Alpha auf seiner Schulter, sah sein Bild hinter dem Interferenzmuster, das der Feind – ihr Sicherheitsdienst – vor seinen Augen erzeugt hatte. Er näherte sich den Dingen.
    Es war an der Zeit, ihnen noch näher zu kommen. Zeit, sich anzusehen, was auf den Stacheln war.
     
    Er machte seine Kabinentür zu und verriegelte sie, dann trennte er seinen Kabinencomputer vom Schiffscomputer, nur für den Fall, daß Taler die Starbright-Angestellten auf seinen Schiffen mit irgendeinem Programm überwachte. Dann schob er den ersten Stachel ein und sah ihn durch, bis er FILESECURE*STEWARD.1. fand. Er spürte, wie die Nerven in seinen Fingern kribbelten. Um das zu finden, war er nach Vesta gekommen.
    Er atmete tief durch und holte die Datei auf den Schirm.
    Die erste Seite war eine Warnung vor Strafen – Verhaftung, Verhaltenstherapie oder Hinrichtung –, die sich jeder zuzog, der nicht den erforderlichen Rang im Sicherheitsdienst hatte und das Dossier las. Einige Informationen in der Datei waren Personen mit höchstem Rang im Sicherheitsdienst vorbehalten.
    Ein Gefühl der Freude lief Steward über den Rücken. Er lächelte. Das würde gut werden.
    Der erste Teil war trockenes Zeug: Krankengeschichte, elementare statistische Daten, biographische Angaben aus seiner Jugend. Der Text war mit Verweisen auf medizinische und psychologische Analysen an anderer Stelle des Dossiers durchsetzt, und dann rollte die Biographie nach Sheol auf den Schirm.
    Steward konnte sie gar nicht schnell genug lesen.
    Der Alpha-Steward hatte nach seiner Rückkehr von Sheol eine Reihe von Jobs auf der Erde gehabt und war in allen gescheitert. Er hatte Ärger mit dem Gesetz bekommen, größtenteils Anklagen wegen Tätlichkeiten. Kurz vor der Geburt des Kindes hatte Natalie einen Job auf Neue Menschheit gefunden und war in den Mondorbit gegangen. Ein Jahr später – sie lebte immer noch im Raum – hatte sie sich von ihm scheiden lassen.
    Erinnerungen rollten wie eine lange Ozeanwelle über Steward hinweg: Natalie, wie sie lachend und sich überschlagend in weitem Bogen durch den schwerelosen Laderaum eines nach Ricot fliegenden Frachters segelte, wobei ihr die Haare ums Gesicht wehten und ihre grünen Augen fröhlich und begeistert dreinschauten. Steward wußte, daß Neue Menschheit eine schwerelose Welt war, ein alter Imagisten-Wohnsatellit der zweiten Stufe, der langsam seine Kreise um den Erdmond zog.
    Jetzt wußte er, wo sie war. Allein dafür hatte es sich schon gelohnt.
    Er las weiter.
    Der Alpha war dann ins Sicherheitsgeschäft eingestiegen, und zwar bei einem Verein namens SonnenSystem Elite. Sie stellten Leibwachen und machten Überwachungsarbeit für eine Reihe kleiner Firmen, die nicht den Status einer Nation erlangt und keinen eigenen sicherheits- und nachrichtendienstlichen Apparat hatten. Der Alpha erhielt den Auftrag, für eine kleine, am Markt führende Firma namens Sivi Source Schutzmaßnahmen gegen Industriespionage zu entwickeln. Die Gruppe hatte sich auf Wetware-Implantate spezialisiert, mit denen man von einer Menschen- oder Maschinensprache in eine andere übersetzen konnte. Sivi war ein paranoides Unternehmen – der Wettbewerb in diesem speziellen Grenzbereich war hart und nicht immer höflich. Nach einer Reihe gut verwerteter Durchbrüche wurde Sivi von Consolidated Systems aufgekauft, und ihr Personal ging in den Orbit, um dort am Problem der Kommunikation zwischen Menschen und Mächten zu arbeiten. Der Alpha-Steward wurde zu diesem Zeitpunkt in den Sicherheitsapparat von Consolidated Systems aufgenommen – anscheinend hatte er seinen Wert für Sivi ins Unermeßliche gesteigert, indem er etliche von der Opposition gesteuerte Spionagevorhaben vereitelt hatte, und seine Effektivität beim Schutz von Sivi hatte Consolidated aufmerksam gemacht. Sie kauften ihn aus seinem Vertrag

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