Die Stimmen des Flusses
stellen.«
Valentí Targa stand rasch auf, um das Endergebnis in Augenschein zu nehmen. Er sah sich einen Moment lang an, ein wenig verlegen.Vielleicht war es ihm unangenehm, Oriol an seiner Seite zu haben, denn ein Mann betrachtet sich nicht vor einem anderen Mann im Spiegel. Er sprach kein Wort, zog sein Portemonnaie aus der Jackettasche seiner Uniform und zählte die Scheine auf den Tisch, einen auf den anderen, während Oriol die Pinsel auswusch und versuchte, nicht auf das Bündel Geldscheine zu sehen.
»Ich dachte«, brach Valentí das Schweigen, »wir könnten Partner werden, du und ich.«
Oriol blieb stumm; er konzentrierte sich darauf, die Pinsel auszuwaschen.
»Sag bloß, du bist immer noch beleidigt, weil ich das mit dem an die Wand stellen gesagt habe.»
»Partner wobei?« Oriol war an den Tisch getreten und griff nach dem Geldbündel.
»Ich suche die Kunden, und du malst die Porträts. Allerdings müßte das dann ein bißchen flotter gehen.«
»Eine ausgezeichnete Idee.«
»Fünfzig-fünfzig.«
Was für ein Glück, daß ich wahrscheinlich tot sein werde, bevor ich Targas Geschäftspartner bin. Ein guter Grund, sich nicht über die Gefahr zu beklagen, in der sich alle befinden, die – freiwillig oder nicht – mit Leutnant Marcó zu tun haben.
37
Sieben Monate waren vergangen, seit Marcel am 24. April 1971 geheiratet hatte, wie es Senyora Elisenda bestimmt hatte, und er hatte Mertxe erst sechsmal betrogen, allerdings jedesmal mit einer anderen Frau, so daß es nicht weiter zählte. Senyora Elisenda las die immer flüchtigeren und unzusammenhängenderen Berichte, die ihr Jacinto Mas über den Zustand der Ehe ihres Sohnes lieferte, und dachte anfangs, ich weiß nicht, was besser ist: Soll er sich noch ein bißchen die Hörner abstoßen, oder soll ich ihn an die kurze Leine nehmen? Aber mit jedem Abenteuer weitete sich Marcels Horizont, und sowohl Mertxe als auch das Leben lehrten ihn, daß es auf der Welt noch mehr gab als schwarze Pisten. Es gab rote Pisten und grüne und alle möglichen anderen Farben, denn die Kundschaft vom Idiotenhügel ließ viel Geld an der Bar und beim Kinderskiverleih; du glaubst doch nicht, daß alle diese niedlichen Skier kaufen, die in der übernächsten Saison schon wieder zu klein sind. Der Skiverleih ist ein gutes Geschäft. Außerdem mußte Marcel Vilabrú Vilabrú erstaunt feststellen, daß es im Leben andere Zeiten gab als die Wintersaison und daß viele Leute auch ohne ein Paar guter Rossignol unter den Füßen lebten und glücklich waren. Und statt Rossignol könnte man genausogut Brusport sagen, denn nach und nach eroberte die Marke den Markt, vor allem in der geschlossenen Welt der Skispringer. Marcel hatte – sozusagen als Belohnung von Mamà dafür, daß er, ohne zu murren, angefangen hatte zu arbeiten – längere Zeit in Helsinki verbringen dürfen (zwei denkwürdige nordische Nummern mit zwei norwegischen Walküren oder was die da oben waren), und hatte bewundernd festgestellt, daß im schwedischen Fernsehen nicht nur alles in Farbe war,sondern den lieben kurzen, dunklen, kalten und bewölkten Tag Skiwettkämpfe übertragen wurden: Skispringen, Langlauf und Abfahrt. Das brachte ihn auf die Idee, bei den Sprungskiern von Brusport den Markennamen auf der Unterseite anbringen zu lassen, denn eines Tages werden viele Leute fernsehen, und die Skispringer werden kostenlos Werbung für uns machen. Hier in Finnland werden die Kinder schon mit Skiern unter den Füßen geboren, und ich will, daß es Skier der Marke Brusport sind. Es geht mir wirklich auf die Nerven, daß ich nicht sagen kann, woher ich komme, ohne daß diese Norweger die Nase rümpfen und sagen: »Franco skitt.« Wir hier unten sind für sie sehr weit weg, und für sie ist Spanien dasselbe wie Italien, Portugal oder Griechenland, das sind für sie alles arme Länder unter ewiger Sonne. Diese Ignoranten verwechseln tatsächlich Spanien mit Griechenland, Portugal oder Italien! Aber das soll mir egal sein, Hauptsache, ich werde meine Brusport-Produkte an die Norweger los. Ich werde Unmengen davon verkaufen, weil sie im Laden nur die Hälfte kosten. Das haben sie jetzt von ihrer verdammten Kritik an Franco.
Marcel VilabrúVilabrú lernte auch, daß Mertxe schwanger werden konnte, wenn man nicht aufpaßte, und hoppla, da war es schon passiert, ja, natürlich freue ich mich, aber vielleicht ist es noch ein bißchen früh, oder? Und er lernte, in aller Seelenruhe Entscheidungen zu treffen wie die,
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