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Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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Palacios, Costa, Riquelme, die beiden Vilas, die Guiteres, die García Rialto, die Pilarica (wie sie weiter heißt, weiß ich nicht, aber sie ist eine heiße Nummer) und Càndida zu entlassen, damit die kontrollierte Expansion endlich in die Wege geleitet werden konnte. Und so wurden Pilarica, die heiße Nummer, die Càndida, die García Rialto, die Guiteres, die beiden Vilas, Riquelme, Costa und Palacios entlassen. Aufgehetzt von Paco Serafín zogen sie vors Arbeitsgericht, aber das nutzte ihnen nichts, weil Marcel Rechtsanwalt Gasull erklärt hatte, was er tun würde, wenn er der Anwalt der Familie wäre, und Gasull daraufhin ein freundliches, zwangloses und für beideSeiten ergiebiges Gespräch mit Don Marcelino Bretón Coronado geführt hatte, dem Arbeitsrichter der dritten Kammer. Senyora Elisenda nahm mit stiller Bewunderung die Fähigkeiten ihres Sohnes zur Kenntnis. Eigentlich hatte sie sich schon damit abgefunden, ihm ein Eckchen im Büro einzurichten, das ein Gehalt rechtfertigte und wo er nicht störte. Jetzt tat es ihr leid, ihren Sohn so unterschätzt zu haben. Es tat ihr leid, immer gedacht zu haben, naja, versuchen wir es noch einmal. Das Gewicht der Geschichte lastete schwer auf Elisendas starken Schultern.
    »Mamà, ich möchte die Konfektionsabteilung auf die Hälfte verkleinern, und ich glaube, mit Anreizen und Extrastunden können wir das Doppelte rausholen. Die bringen keine Leistung.«
    »Tu, was du für richtig hältst, Marcel.Aber mach es so, daß niemand was merkt.«
    »Doch, sie sollen es merken. Der erste, der fliegt, ist Paco Serafín.«
    »Ich weiß nicht mehr, wer das ist.«
    »Er ist von der Gewerkschaft.«
    »Aufgepaßt.«
    »Ich schmeiße ihn raus wegen Unzucht. Er hat …« Marcel drückte die Zigarette aus und nahm den Hörer ans andere Ohr. »Ich erspare dir die Details, Mamà. Nicht mal seine Kumpel werden ihm helfen können. Und mir kommt das wie gerufen. Da habe ich wirklich Schwein gehabt.«
    Marcel, du bist noch keine dreißig und erweist dich schon als mein wahrer Sohn.
    Und Marcel Vilabrú Vilabrú entdeckte, daß man zwischen Skisaison und Skisaison Tennis, Tischtennis (in Dänemark habe ich ein paar wunderbare Klapptische gesehen, die werde ich in Spanien und Portugal vertreiben), Volleyball, Rasenhockey, Rollhockey und oben bei den Schweden sogar Eishockey spielen konnte und daß es Socken, Schuhe, Knieschützer, T-Shirts, Hosen, Trainingsanzüge und alles mögliche andere gab, das verschwitzte und verschliß. Erverkündete die frohe Botschaft in ganz Europa, und als in Sapporo und München die Olympischen Spiele stattfanden, war es ihm zwar immer noch unangenehm, zu sagen, woher er kam, weil Franco nach faulem Fisch stank, aber er stellte auch fest, daß Dollars, als Deodorant eingesetzt, eine wunderbare Wirkung entfalteten.
    Unterdessen erlebte Senyora Vilabrú, sechs Monate nachdem sie den unbequemen Schatten von Quique Esteve, dem Pistenhengst, losgeworden war,
    (»Ganz im Gegenteil, Herr Delegat.« Er klopfte wieder nervös mit dem Bleistift auf die Tischplatte. »Sie hat eine – sagen wir ungesunde – Affäre beendet.«
    »Und es gab keine Orgien?«
    »Verleumdungen, Neid, Mißverständnisse, üble Nachrede.« Der Bleistift klopfte auf den Tisch. »Senyora Elisenda ist unangreifbar oder zumindest unverwüstlich. Das wissen wir seit Jahren.«
    »Gott sei Dank.«)
    wie ihr mit einem väterlichen Lächeln die Türen des Opus geöffnet wurden. Endlich fand die ersehnte Sitzung statt.
    »Danke, daß Sie mich so rasch empfangen konnten, Hochwürdigste Exzellenz.«
    Auf der anderen Seite des Tisches breitete Monsignore Escrivá die Arme aus und sagte »Neinnein, Señora Vilabrú, nennen Sie mich nicht Hochwürdigste Exzellenz, höchstens Hochwürden, ich verzichte auf Ehrungen, Titel und Lobreden, Sie verstehen schon …« Und sie antwortete: »Ja, ich verstehe, Hochwürden.«
    Nach diesen ersten freundlichen Worten verlief die Sitzung unter Blitz, Donner, Lächeln, Sturm, Hagel, Versprechen, Vertraulichkeiten und Abmachungen, und am Ende entschied sich Senyora Elisenda Vilabrú zwar dagegen, einer Vereinigung beizutreten, bei der sie einige Zeit zuvor nicht erwünscht gewesen war, ließ aber dem Opus eine so großzügige Summe zukommen, daß sie von jetzt an als äußerst erwünscht galt, und in Rom wurde der Prozeß zurSeligsprechung des ehrwürdigen Fontelles nun um einiges eifriger betrieben.
    »Tatsächlich, Sie hatten recht, Señora Vilabrú, der Prozeß war in

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