Die Stimmen des Flusses
Toten. Da klingelte das Telefon. Cinteta, die Telefonistin, stellte das Gespräch durch, er lauschte schweigend, sagte dann, »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, und hängte mit besorgter Miene auf. Noch ein Foto, während er nach rechts sah.
»Kommen Sie morgen wieder, ich bin beschäftigt«, sagte er zum Fotografen.
Zwei Minuten später, die Kirchturmglocke von Sant Pere schlug gerade neun, saß Senyora Elisenda vor ihm.
»Jemand, den ich nicht kenne, will mit mir über Tuca reden.«
»Mit dir?« Senyora Elisenda war erstaunt. »Wer?«
»Irgend jemand namens Dauder.«
Senyora Elisenda wartete, bis der Fotograf die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann funkelte sie den Bürgermeister wütend an und fragte verächtlich: »Was genau hat er dir gesagt?« Währenddessen trank Gloria Carmaniu von den Venturas ein Glas Wasser, das ihr Marés gebracht hatte. Ihre Kehle war trocken, nachdem sie dem Mann, mit dem sie eigentlich nie wieder hatte reden wollen, gesagt hatte, sie sei die Sekretärin von Senyor Dauder aus Lleida, und dieser erwarte Senyor Targa in einer Stunde in Sort zu einem Gespräch über den rechtmäßigen Besitz von Tuca, und wenn er nicht komme, werde es einen Skandal geben. Dann hatte sie verstört aufgehängt, bevor Valentí antworten konnte, »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, mit besorgter Miene auflegte und nach rechts schaute, zu den Toten hinüber.
Nach den ersten beiden Kurven kommt die Gerade von Sant Antoni. Am Ende dieser Geraden, noch vor der Kurve von Pendís, stand ein sehr gut gekleideter Mann mit einer Büromappe in der Hand merkwürdig einsam mitten auf der vereisten Landstraße und forderte Valentí mit einer energischen und zugleich höflichen Handbewegung auf, seinen Wagen anzuhalten. Er trat ans Fenster.
»Senyor Targa?«
»Ja.«
»Ich bin Joaquim Dauder.«
»Sollten wir uns nicht in …«
»Wenn Sie gestatten … Kalt heute, nicht wahr?«
Senyor Dauder hatte schon auf dem Beifahrersitz Platz genommen.
»Dies ist der beste Ort für ein Gespräch über Tuca. Ohne Zeugen.«
»Hören Sie mal, ich …«
Es ging so schnell, daß Valentí nicht wußte, wie ihm geschah: Im nächsten Augenblick war er mit Handschellen ans Lenkrad gefesselt, und die schwarze Mündung einer Luger von 1935 steckte in seinem Nasenloch und schob sich nach oben. Eine ruhige, entschlossene Stimme sagte: »Zehn Jahre hab ich warten müssen, aber ich bin geduldig gewesen.Weil ich nicht will, daß meine Leute gejagt werden, wird dein Tod ein Unfall sein. Aber ich will, daß du weißt, daß du stirbst, weil du meinen Sohn umgebracht hast, Joan Esplandiu, Joan Ventureta, und zwar auf denkbar feigste Weise.«
»Ich habe nicht … Ich …«
»Auch wenn ich jetzt einen Bart trage, bin ich Joan Ventura.«
»Aber ich … Ich habe wirklich …«
»Ich bin zu spät gekommen, weil du mir nur vierundzwanzig Stunden gegeben hast.« Er drückte die Pistole stärker in das Nasenloch. »Und ich wollte mich stellen, um meinen Joanet zu retten.«
Valentí Targas Kopf war hochgestreckt, und er wagte nicht, sich zu rühren, aus Angst, daß sich versehentlich ein Schuß lösen könnte. Er sah Ventura aus den Augenwinkeln an und zerrte von Zeit zu Zeit an den Handschellen.
»Vierundzwanzig Stunden! Mir scheint, du hattest große Lust, ein Kind umzubringen«, fuhr Ventura fort. »Du wolltest in die Geschichte eingehen.« Er dachte nach, langsam und still. »Mein Joanet wäre jetzt fünfundzwanzig Jahre alt.« Mit Tränen in der Stimme fuhr er fort: »Und du wirst auch für alle Einwohner von Torena sterben, die du geschunden hast.«
»Ich … Es waren Zeiten …«
»Und für den Tod von Fontelles. Bei der nächsten Gelegenheit reiße ich ihm die Pfeile vom Grabstein, dem armen Lehrer.«
Targa stöhnte vor Schmerz.Ventura verstärkte den Druck der Pistole auf die Nase.
»Du weißt, daß ich mit dem Tod der Vilabrús nichts zu tun hatte.«
Valentí Targa antwortete nicht. Leutnant Marcó schob die Pistole nach oben.
»Ich war in Frankreich, habe Ware über den Paß von Salau gebracht, und du hast es gewußt.«
Valentí antwortete mit einem furchtsamen Röcheln. Joan Ventura setzte seinen Monolog fort: »Du wolltest dich für das rächen, was du mir in Malavella angetan hast.«
»Du hast mir was angetan, erinnere dich nur.«
Caregues Männer waren völlig überrumpelt, als die Maskierten auftauchten, sie von ihren Routen vertrieben und ihnen die Lieferung wegnahmen, als ob es in der Welt des Schmuggels
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