Die Strafe des Seth
und fragte, ob Amunhotep oder Hekaib gegen einen der Beisitzer Einwände hätten.
Beide Angeklagten verneinten.
Es schien ihnen bewusst zu sein, dass ihr Urteil bereits feststand. Zudem konnten sie sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ramses-Sethherchepeschef seinem Wesir bei der Wahl der Beisitzer hilfreich unter die Arme gegriffen hatte. Viele von ihnen verdankten dem Pharao ihr neues Amt.
Ramses-Sethherchepeschef hatte neben Prinz Chaemwaset den Dritten Propheten des Amun-Re als Vertreter des Königs der Götter in die Pflicht genommen. Diese Aufgabe wäre eigentlich den ersten beiden Gottesdienern zugekommen, doch beide waren mit Amunhotep verwandt. Der Hohepriester des Ptah und der des Re waren zugegen sowie eine Priesterin der Göttin Mut. Prinz Merenptah sowie der Oberste Richter von Theben, der Verwalter der königlichen Insignien, eine Dame des Hofes und der Leibarzt des Königs komplettierten die Reihe der Beisitzer. Diese zehn Menschen hatten über die Schuld oder Unschuld der Angeklagten zu befinden.
»Hauptangeklagter ist Amunhotep, der seines Amtes enthobene Erste Prophet des Großen Gottes Osiris«, begann Senbi mit der Verlesung der Klageschrift. »Er wird beschuldigt, den Anschlag auf das Leben Seiner Majestät geplant und in Auftrag gegeben zu haben. Motiv für dieses abscheuliche Verbrechen ist Rache.
Angeklagt ist Hekaib, der neben seinen Pflichten als Osiris-Priester seinen Dienst als Haushofmeister des Hauptbeschuldigen Amunhotep verrichtet. Ihm wird zur Last gelegt, den Mörder gedungen zu haben.
Weiterhin war ein bereits mehrfach wegen Diebstahls verurteilter Dieb namens Eje an dem Komplott beteiligt. Er hat sich, nachdem er ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte, heute Nacht in seiner Zelle erhängt.«
Verwundert tauschten Amunhotep und Hekaib einen knappen Blick, während Senbi unbeirrt fortfuhr: »Dieser Eje hat ausgesagt, dass er von einem Mann wertvollen Schmuck erhalten hat. Dafür sollte er während der Beisetzung der Zweiten Prophetin des Osiris einen Felsbrocken den Abhang hinunterstürzen, um den Pharao zu töten. Auf die Frage, ob er den Namen des Mannes kennen würde, der ihm den Auftrag gab, verneinte er. Er gab aber zu Protokoll, dass es sich um den Hausverweser eines reichen und mächtigen Mannes gehandelt habe. – Schreiber, verlese den Anwesenden die Mitschrift des Verhörs.«
Der Beamte zu Füßen des Wesirs griff nach einem Papyrus und entrollte ihn. »Auf die Frage, ob der Mann einen Grund genannt habe, warum er den Mord an Seiner Majestät in Auftrag geben wollte, hat der Festgenommene Eje geantwortet:
Ja, Herr. Er sprach davon, dass Seine Majestät seiner Gemahlin nachstellen würde und sie ihm nehmen wolle.
Frage des Beamten, der das Verhör geleitet hat:
Er hat gesagt, dass der Herr der Beiden Länder ihm seine Gemahlin wegnehmen will? – Glaubst du wirklich, dass Seine Majestät so etwas tun würde?
Der Festgenommene hat das verneint.«
Der Schreiber sah von den Aufzeichnungen hoch, während sich Senbi Hekaib zuwandte.
»Stimmt es, was der Steinhauer ausgesagt hat!«
Amunhoteps Haushofmeister kniete zusammengesackt neben seinem Gebieter. Sein Rücken wies eindeutige Male des Verhörs auf. Vehement hatte er alle Anschuldigungen abgestritten, und er blieb auch jetzt bei seiner Aussage, nichts von alledem zu wissen oder etwas damit zu tun zu haben.
»Warum bist du so verstockt, Hekaib?«, tadelte Senbi ihn und schüttelte den Kopf. »Deine Schuld steht eindeutig fest. Du hast Ejes Aussage gehört. Er sprach davon, dass es sich um einen reichen und mächtigen Mann gehandelt hat, der behauptet, dass der Pharao ihm die Frau wegnehmen wolle. Mir will einfach niemand anderes als Amunhotep einfallen, der solchen Unfug immer behauptet hat. Natürlich auch seine Gemahlin, die aber nicht mehr unter uns weilt. Es stimmt doch, was ich sage, oder nicht?«
Es war unter den Beisitzern unruhig geworden. Nicht jedem schien bekannt zu sein, dass es zwischen Ramses-Sethherchepeschef und Amunhotep Spannungen gegeben hatte, deren Ursache Meritusir gewesen war.
Senbis drohender Blick ließ sie sofort verstummen.
»Dein Gebieter und Meritusir haben immer behauptet, Ramses-Sethherchepeschef wolle die Zweite Prophetin zu seiner Gemahlin machen«, wandte er sich wieder dem Haushofmeister zu. »Antworte mir, Hekaib!«
»Davon weiß ich nichts, Tjati«, erwiderte Hekaib und sah dem Wesir fest in die Augen. »Weder mein Gebieter noch meine Gebieterin haben je mit mir
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