Die Strafe des Seth
über solche Dinge geredet. Sie sind mir auch nie zu Ohren gekommen.«
»Das glaube ich dir nicht«, blaffte Senbi. »Meritusir ist Seiner Majestät stets aus dem Weg gegangen, und dass Amunhotep und er nicht gerade sonderlich miteinander befreundet sind, ist am ganzen Hof bekannt.«
»Ich diene aber nicht am Hof, sondern im Haus meines Gebieters in Abydos«, kam die schnippische Antwort des Hausverwesers. »Und selbst wenn deine Behauptung stimmen sollte, hätte mein Herr nie den Auftrag erteilt, den Pharao zu töten. So etwas würde er niemals tun.«
Senbi stieg die Zornesröte ins Gesicht. »Treibe es nicht zu weit«, drohte er, »oder ich nehme dir die lästernde Zunge wegen Missachtung des hohen Gerichts!« Er musterte Hekaib verärgert und wandte sich Amunhotep zu. »Was hast du zu den Anschuldigungen zu sagen, die gegen dich vorgebracht worden sind?«
»Nichts, da ich unschuldig bin.«
»Du bist unschuldig«, wiederholte der Wesir seine Worte, während die Binse seines Schreibers flink über den Papyrus huschte, um sie festzuhalten. »Also bestreitest du, den Auftrag zur Ermordung des Königs gegeben zu haben?«
»Allerdings.«
»Dann erkläre mir und den Beisitzern, warum dieser Anschlag genau am Tage der Beisetzung deiner Gemahlin geschah!«
»Um ihn mir besser anlasten zu können?« Amunhotep lachte verächtlich auf. »Ich kann dir auf deine Frage keine Antwort geben. Befrage den, der das Attentat befahl. Ich war es nicht. Ich möchte dir aber eine Gegenfrage stellen: Warum sollte ich versucht haben, Seine Majestät zu töten? – Meine Gemahlin weilt nicht mehr unter uns. Sie ist zu den Göttern gegangen. Pharao kann nichts dafür, ich ebenso nicht und niemand sonst. Selbst wenn es stimmen sollte, dass ich Seine Majestät bezichtigt hätte, mir meine Frau nehmen zu wollen ... Dafür ist es nun zu spät! Sie ist für jeden unerreichbar geworden. Warum also sollte ich den Tod des Königs wünschen?«
»Weil du ihn abgrundtief hasst. Zudem, nicht du stellst hier die Fragen, sondern ich«, fuhr Senbi ihn an, und sein Blick verfinsterte sich.
»Sicher, du bist der Richter, ich der Angeklagte«, gab Amunhotep dem Wesir recht. »Wäre es aber nicht für die Urteilsfindung der Geschworenen vonnöten, wenn sie wüssten, warum ich es getan haben sollte? Denn Hass war es sicher nicht, Senbi, oder fällt dir kein besseres Motiv dazu ein?«
Amunhotep grinste seinem Ankläger frech ins Gesicht, und Senbi kochte vor Wut.
Es wurde ihm bewusst, dass Amunhotep kein Blatt mehr vor den Mund nehmen würde. Dem ehemaligen Hohepriester schien klar zu sein, dass man ihn zum Tode verurteilen würde. Es gab für ihn keinerlei Grund mehr, ihn, den mächtigsten Mann nach dem Pharao, mit Respekt zu behandeln.
Verärgert knirschte er mit den Zähnen.
»Du kannst viel behaupten, Amunhotep«, blaffte er zurück. »Egal, ob es Hass oder Wut über den unerwarteten Verlust deiner Gemahlin waren, deren plötzliches Verschwinden bisher ebenfalls noch ungeklärt ist ... Wir sind hier zusammengekommen, um die Frage zu klären, ob du den Auftrag gabst, den Pharao zu töten! Einer muss es getan haben. Von alleine ist Eje nicht auf diesen Einfall gekommen. Seine Aussage belastet dich schwer.«
»Schade, dass er nicht mehr am Leben ist«, meinte Amunhotep und erinnerte sich an eine Bemerkung von Meritusir, die sie ein paar Jahre zuvor zu Ramses gesprochen hatte.
Damals war der Bauplan der Sarkophagkammer in Theben aufgetaucht, und Ramses hatte ihnen mitgeteilt, dass der vermeintliche Zeuge auf seinem Heimweg überfallen und getötet worden war ...
Er schmunzelte und sah zu Senbi auf. »Vor allem sehr praktisch«, wiederholte er ihre Worte, und der Wesir schnappte nach Luft.
»Was soll das heißen?«, empörte er sich. Sein Gesicht war inzwischen dunkelrot angelaufen.
»Du weißt, was ich damit sagen will. Aber egal, dieser Mann wird dadurch nicht wieder lebendig.« Amunhotep seufzte leise. »Ich denke, das Urteil über mich ist bereits gefällt. Diese Verhandlung ist nur da, um den Schein der Rechtmäßigkeit zu wahren. Es ist alles nur ein Vorwand, um gegen mich das Todesurteil zu sprechen! Warum aber muss mein Hausverweser mit in diese Sache hineingezogen werden?«
Senbi ballte die Fäuste, während die Beisitzer verstört die Luft anhielten.
Chaemwaset und Nachtanch sowie der Dritte Prophet des Amun-Re gaben Amunhotep in ihrem Innersten recht. Selbst Ramose schaute betreten vor sich hin und wagte nicht, Amunhotep ins
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