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Die Strafe des Seth

Die Strafe des Seth

Titel: Die Strafe des Seth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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ausgelassene Menschenmenge begeistert begrüßte.
    Trotz des Vorfalls begann das Schöne Fest vom Tal. Amun fuhr in seiner goldenen Barke über den Fluss und besuchte auf seinem Weg zu den Häusern der Millionen Jahre die anderen Götter und Göttinnen in ihren Schreinen und Tempeln entlang des Wegs. Pharaos Untertanen folgten der Prozession. Dann begaben sie sich zu den Gräbern ihrer eigenen Angehörigen, um zu essen, zu trinken und fröhlich bis in den Morgen zu feiern.
     
    * * *
     
    »Ich bin zutiefst entsetzt, dass es Senenmut gewagt hat, die Hand gegen dich zu erheben«, heuchelte Sethherchepeschef am folgenden Tag Bestürzung über die vermeintliche Tat des vierten Amun-Propheten.
    Ramses hatte es nicht vermeiden können, dass der Vorfall vor dem Allerheiligsten in aller Munde war. Die Kobra war ein heiliges Geschöpf, sie war der Uräus, eine Erscheinungsform der Göttin Uadjet, der Schutzgöttin des Unteren Königreichs. Sie wurde mit dem brennenden Auge des Gottes Re gleichgesetzt und sollte jeden vernichten, der sich dem Pharao mit feindlichen Absichten zu nähern wagte. Nicht nur Ramses ging davon aus, dass das Tier am Abend zuvor in den Götterschrein gesetzt worden war, um ihn am kommenden Tag anzugreifen. Doch die Kobra war ihrer Aufgabe gerecht geworden und hatte nicht ihn, den Pharao, angefallen, sondern denjenigen, der dieses feige Verbrechen geplant hatte.
    »Zudem schäme ich mich«, fuhr Sethi fort und schüttelte empört den Kopf, »dass dieser Mensch durch Heirat mit mir verwandt gewesen ist. Natürlich werde ich sofort meine Konsequenzen ziehen und mich von der Tochter dieses elenden Verbrechers trennen.«
    Ramses saß hinter seinem Schreibtisch, hatte den Kopf in die linke Hand gestützt, während die rechte mit der vergoldeten Schreibbinse spielte, und sah seinen Onkel nachdenklich an. Entweder war Sethherchepeschef ein perfekter Blender oder seine Empörung war in der Tat echt. Ramses war sich unschlüssig. Er verdrängte den Gedanken, denn er selbst hatte Sethi aufgrund fehlender Beweise von seinem Arrest befreit. Dass er seine Gemahlin kaum beachtete, war noch lange kein Grund, ihm niedere Absichten gegen die Beiden Kronen zu unterstellen.
    Sethherchepeschef war der nachdenkliche Blick des Pharaos nicht entgangen. »Majestät, du glaubst doch nicht, dass ich etwas damit zu tun habe?« Er ließ wie vor Schreck den Mund offen stehen. »Ich schwöre dir bei Amun, dass ich von all dem nichts wusste oder auch nur geahnt habe. Ich bin genauso bestürzt und entsetzt wie alle anderen auch. Niemals hätte ich diesem Priester eine solche Tat zugetraut, doch keiner kann einem anderen Menschen ins Herz sehen, das weißt du selbst. Das können nur die Götter. Ich habe mich mit Senenmut vor meiner Heirat zwei oder drei Mal in Opet-sut getroffen, Ende des Jahres kam er mich und seine Tochter in Per-Ramses besuchen. Niemals hätte ich aber gedacht, dass er zu so etwas fähig ist. Langsam beginne ich jedoch zu begreifen, warum er sich bei mir so angebiedert und mir seine Tochter regelrecht
aufgedrängt
hat.«
    »Er hat dir Senehat aufgedrängt?« Ramses war sichtlich überrascht.
    »In gewisser Weise schon. Er stellte sie mir vor und pries ihre Vorzüge an. Ich ließ mich erweichen und lud sie zu einem Fest ein, wo sie sich mir an den Hals warf. Nun ja, Ramses, du kennst mich.« Sethi grinste vielsagend. »Ich konnte an jenem Abend nicht widerstehen. Irgendwie fand ich auch etwas Gefallen an ihr, doch dann hinterging sie mich, indem sie vortäuschte, empfängnisverhütende Mittel zu gebrauchen, und wurde schwanger.« Resigniert zuckte er mit den Schultern. »Was blieb mir weiter übrig, als sie zu heiraten? Immerhin ist sie nicht eine von meinen Dienerinnen, sondern die Tochter des vierten Amun-Propheten.«
    »Was wollte Senenmut denn deiner Meinung nach durch deine Vermählung mit seiner Tochter bezwecken?«, erkundigte sich Ramses interessiert.
    »Vielleicht hat er sich als mein Schwiegervater ein höheres Amt erhofft.«
    »Und deshalb wollte er mich töten?«
    Sethi fühlte sich unbehaglich. »Ich kann es mir einfach nicht erklären, Neffe. Wenn ich in der Thronfolge berücksichtigt wäre, würde es noch einen Sinn ergeben. Senenmut hätte darauf hoffen können, dass seine Tochter neben mir auf dem Thron der Beiden Länder sitzt. Dein rechtmäßiger Nachfolger ist jedoch Hori. Zudem gibt es noch deine beiden jüngeren Söhne. Nach ihnen würden immer noch deine Brüder ihren Anspruch auf die

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