Die Strafe des Seth
zutiefst verstört über Ramses’ plötzlichen und unerwarteten Tod. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie und schmiegte sich an seinen Körper.
»Ich habe mich am letzten Tag nicht einmal von ihm verabschiedet«, murmelte Amunhotep.
Meritusir strich ihm sanft über den Kopf. »Aber euer letztes Zusammentreffen verlief in Freundschaft und Harmonie«, versuchte sie ihn nun doch zu trösten. »An eurem letzten gemeinsamen Abend habt ihr zusammen ein paar Krüge Wein geleert und euch gut amüsiert. Ich habe ihn ein paar Stunden später zum letzten Mal gesehen. Ich ließ ihn wecken, und er drohte mir Stockhiebe an, wenn es nicht wichtig wäre, was ich ihm zu sagen hatte. Er war splitternackt, als ich in sein Zelt trat, doch das störte ihn herzlich wenig.« Sie versuchte zu lachen, doch dieses Lachen klang gequält und ging in ein Schluchzen über. »Amunhotep, er ist zu seinem göttlichen Vater heimgekehrt. Schon bald sitzt er dank unserer Hilfe an der Seite der Götter in der Sonnenbarke. Daran sollten wir denken und uns die letzten Augenblicke mit Ramses tief in unserem Herzen bewahren.«
Amunhotep nickte und sah Meritusir betrübt in die Augen. »Ich glaube, du hast recht.« Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss, den sie zärtlich erwiderte.
Dann blickten sie beide zu Hori, der sich wortlos umgedreht hatte und in Richtung des Lagers schlurfte, das sich außer Sichtweite im Dickicht der Sumpfpflanzen befand. Respektvoll wichen die Männer zur Seite und fielen auf die Knie, um ihrem zukünftigen Gott zu huldigen, doch allem Anschein nach bekam der Siebzehnjährige davon nichts mit.
Prehi hatte als Erster seine Fassung zurückgewonnen und befahl Amunhotep und Meritusir in sein Zelt.
Wortlos folgten sie ihm.
Als sie völlig durchnässt in die von Öllampen erleuchtete Unterkunft traten, wartete bereits der Bote im Inneren, der die schreckliche Nachricht überbracht hatte.
»Was bringst du sonst noch für Meldungen?«, fragte der Prinz.
»Die Truppen Seiner Majestät haben gesiegt, Hoheit. Der Feind wurde vernichtend geschlagen, doch leider gab es auch auf unserer Seite viele Verluste.« Betrübt senkte der Mann den Kopf.
»Sind die Große Königliche Gemahlin und der Wesir schon über den Tod des Pharaos unterrichtet?«
»Ja, Hoheit. Ich komme direkt aus Per-Ramses. Der Wesir selbst gab mir den Befehl, Seine Majestät über das Ableben des Königs und seines Bruders zu informieren.«
»Weißt du etwas über den Ausgang des Kampfes im westlichen Delta?«
Der Mann bejahte. »Die Bootstruppen haben sich einen schweren Kampf mit den Feinden von den Inseln des Großen Grün geliefert, doch der Ausgang ist noch ungewiss. Den Fremdländischen ist es gelungen, weiter in das Delta einzudringen und vorerst die Oberhand zu gewinnen. Unsere verbliebenen Schiffe haben ihre Verfolgung aufgenommen.«
Der Prinz und die beiden Priester wechselten betroffene Blicke.
»Ich werde sofort mit dem Regiment des Ptah aufbrechen und meinen Bootstruppen zu Hilfe eilen!«, war die Stimme von Hori zu vernehmen, der unbemerkt in das Zelt seines Onkels getreten war.
Überrascht sahen die drei Männer und die Frau ihn an.
»Majestät.« Prehi stand von seinem Stuhl auf und verneigte sich. »Nimm bitte Platz.«
»Ich kann stehen.«
Verlegen trat Prehi von einem Fuß auf den anderen. »Majestät, es zeichnet dich als würdigen Nachfolger deines zu Osiris gegangenen Vaters und meines Bruders aus, doch du musst jetzt umgehend nach Per-Ramses zurückkehren, um dich auf deine Thronbesteigung und die zukünftige Regentschaft vorzubereiten.«
»Nein, Prehi!«, widersprach Hori entschieden. »Wie sollte ich mich darauf vorbereiten, wenn mein Land von den Barbaren überfallen wird? Soll ich in Per-Ramses sitzen, während diese Wilden mein Volk abschlachten?« Seine dunklen Augen sprühten Funken.
Beschämt wandte sein Onkel den Blick zu dem Boten. »Geh hinaus und warte, bis ich dich wieder hereinrufe!« Nachdem der Mann das Zelt verlassen hatte, richtete er das Wort wieder an seinen Neffen, der ab dem heutigen Tag der Regent der Beiden Länder war. »Majestät, es geht um dein Anrecht auf die Doppelkrone ...«, mahnte er, doch Hori gebot ihm mit einer herrischen Geste zu schweigen.
»Wer sollte es wagen, sie mir streitig zu machen?« Herausfordernd sah er von einem zum anderen.
Alle schwiegen und zogen die Köpfe ein. Einzig Meritusir nahm all ihren Mut zusammen und sah dem jungen Mann fest in die Augen.
»Vergib mir,
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