Die Strafe des Seth
feindlicher Speer in den Rücken traf.«
»Und wer hat den geworfen?«
Ratlos zuckte der Bote mit den Schultern. »Ein feindlicher Krieger?«
»War das jetzt eine Feststellung oder eine Frage, Mann?«, herrschte Meritusir ihn an. Ihre Stimme klang hart und verärgert. »Wie heißt du eigentlich?«
»Meru.« Verlegen räusperte er sich. »Ich weiß es nicht, Herrin. Ich war nicht dabei, als Seine Majestät getötet wurde. Es soll aber folgendermaßen abgelaufen sein:
Seine Majestät fuhr zusammen mit General Irinefer auf dem Streitwagen des Generals. Der Kampf war vorüber. Weit und breit war kein feindlicher Krieger zu sehen, zumindest keiner, der noch imstande gewesen wäre, eine Waffe zu halten oder einen Speer zu schleudern. Plötzlich wurde Seine Majestät im Rücken getroffen. Die Getreuen wirbelten sofort herum, aber es befand sich niemand in der Nähe. Allerdings war die Luft noch immer vom aufgewirbelten Sand und Staub geschwängert, sodass man kaum zehn Ellen weit sehen konnte. Möglich, dass der Mann dadurch ungesehen verschwinden konnte.«
»Haben die Getreuen nach ihm gesucht?«
»Aber natürlich, Herrin.«
Meritusir gab Prehi ein Zeichen, dass sie keine weiteren Fragen an Meru hatte.
Verwundert zog der Prinz die Augenbrauen in die Höhe, befahl aber Meru, dass er sich zurückziehen durfte.
»Ich bin mir sicher, dass Ramses ermordet wurde«, platzte Meritusir heraus, nachdem sie sich mit den beiden Männern allein im Zelt befand.
»Dafür gibt es keinerlei Beweise«, ermahnte sie der Prinz. »Du solltest dich hüten, solche Behauptungen laut auszusprechen.«
»Ja, ja, ich weiß«, murrte Meritusir beleidigt. »Es ist ein sehr schweres Vergehen, jemanden ohne Beweise einer Tat zu bezichtigen, die dieser vielleicht nie begangen hat. Diesen Spruch habe ich vor acht Jahren andauernd gehört. Doch kommt es euch nicht auch seltsam vor?« Fragend wanderte ihr Blick von Prehi zu Amunhotep. »Der Kampf ist vorbei. Es gibt weit und breit keinen feindlichen Krieger, der noch in der Lage gewesen wäre, einen Speer zu schleudern, aber einer lauert dann doch noch in unmittelbarer Nähe des Königs, um ihn zu töten, obwohl ihn seine Leibwache argwöhnisch beschützt?«
»Möglich ist alles«, erwiderte Prehi kühl und setzte sich wieder auf seinen Stuhl. »Hori wird sicher noch seine Untersuchungen anstellen, wenn er davon erfährt, doch bis dahin wäre es besser für dich, wenn du deine Zunge im Zaum halten würdest, Meritusir.«
Meritusir schluckte. »Wie du befiehlst, Hoheit.« Sie sah beleidigt zu Amunhotep, der ihren Blick erwiderte.
»Wir werden uns morgen in aller Frühe nach Abydos begeben«, sagte er, »um die letzten Vorbereitungen für die Beisetzung Seiner Majestät zu treffen.«
»Macht das. Ich stelle euch einen kleinen Trupp Soldaten zu eurem Schutz zur Verfügung, der euch bis in die heilige Stadt des Osiris begleiten soll.«
»Danke, Hoheit, doch in Per-Ramses liegt unsere Barke im königlichen Hafen«, erwiderte Amunhotep. »Von dort können wir allein in den Süden segeln.«
»Wie du willst. Ich wünsche euch eine gute Heimkehr.«
ELF
Tiefe Trauer lähmte die übliche Geschäftigkeit im Palast von Per-Ramses. Isis hatte sich in ihre Gemächer zurückgezogen und war für niemanden zu sprechen. Nubchesbed hingegen verbarg ihren Schmerz und begann, sich um die Regierungsgeschäfte zu kümmern, bis ihr Enkel auf dem Thron der Beiden Länder saß. Einen Tag, nachdem die schreckliche Nachricht die Königsstadt erreicht hatte, bestellte sie Nehi zu sich, um mit ihm über die Sicherung der Landesgrenzen und den ins Delta eingefallenen Feind zu sprechen. Zudem ging es um die Überbrückung der Zeit, bis Ramses in seinem Haus für die Ewigkeit beigesetzt und Hori den Doppelthron bestiegen hatte.
»Ist alles bereit, dass der zu Osiris gegangene Pharao zu den Göttern gelangt?«
Der Wesir bejahte. »Soweit ich weiß, ist das Westliche Haus Seiner Majestät fertiggestellt, aber genaues ist selbst mir nicht darüber bekannt. Mir ist nur zu Ohren gekommen, dass er sich im heiligen Boden von Abydos beisetzen lassen will, doch weder der Hohepriester noch dessen Gemahlin weilen dort. Sie befinden sich mit dem Regenten im östlichen Delta. Soweit ich gehört habe, darf niemand außer diesen beiden Priestern das Ewige Haus Seiner Majestät betreten.«
»Das ist mir bekannt. – Ist Hori schon darüber informiert, dass sein Vater und sein Bruder im Kampf gefallen
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