Die Strandräuber - ein Ferienabenteuer auf Sylt
Gesichtsfarbe. Stockend berichteten sie von ihrer Unterhaltung am Vormittag.
»Ja, seid ihr denn komplett übergeschnappt?«, fuhr Herr Christiansen sie an. »Luise, entschuldige. Das ist natürlich der dämlichste Blödsinn, den ich je gehört habe. Wenn es hier noch einen Grund zum Feiern geben sollte, seid ihr, du und deine Mutter, selbstverständlich dabei.« Er nahm Luise ganz lieb in den Arm.
Dann wandte er sich noch mal an die Kinder: »Und ihr habt wirklich keine Idee, wo Klara hin wollte?« Aber dieKinder zuckten nur mit den Schultern. Sie hatten ja wahrhaftig keine Idee.
»Na gut, oder auch nicht«, sagte Herr Christiansen. »Dann lasst mich mal überlegen. Also, zuerst suchen wir die Gegend ab. Der Professor und Willi gehen zum Watt. Luise geht rüber zu der Bauruine. Vielleicht hockt Klara da. Ich fahre mit John zur Strandseite rüber. In einer guten halben Stunde treffen wir uns hier wieder.«
Herr Christiansen hatte die Sache im Griff. Er warf den Frauen noch einen nicht sehr freundlichen Blick zu und sagte: »Und ihr bleibt hier. Und bitte keine neuen Pläne und Ideen von euch. Die taugen nämlich nichts, absolut nichts.« Und zu den Kindern: »Auf gehts!«
Die beiden Frauen blieben zurück. »Da waren wir wohl etwas ungerecht«, sagte Frau Christiansen und kam sich ziemlich dusselig vor. Frau Mazunke nickte nur.
Und wie die beiden so herumstanden und warteten, zog sich die Zeit wie ein Kaugummi in die Länge. »Ich werde verrückt, wenn ich hier so nutzlos herumstehe«, sagte Frau Christiansen und ging ins Haus. Auch Frau Mazunke drehte ab und verschwand.
Nach und nach trudelten die Kinder wieder am Treffpunkt ein. Alle waren erfolglos. Klara blieb verschwunden.
Ratlosigkeit machte sich breit. »Und nun?«, fragte Luise. Die Kinder guckten sich hilflos an.
»Geht mal nach Hause«, sagte Herr Christiansen. »Ich habe da eine Idee, ich glaube, eine gute Idee. Zuerst muss ich telefonieren. Dann sage ich euch Bescheid.«
Klara und Fischer Hansen
Nachdem Klara Hals über Kopf von den anderen weggelaufen war, irrte sie erst mal ziellos herum. Sie wusste nicht wohin und lief einfach am Watt entlang. Schließlich wollte sie verschnaufen und suchte sich einen windgeschützten Platz. Da musste sie eingenickt sein und als sie aufwachte, hatte sie einen Brüllhunger.
Sie hatte keinen blassen Schimmer, wo sie hingehen könnte. In ihrer Hosentasche waren ganze fünf Euro. Damit kam man auf Sylt nicht wirklich weit.
Klara lief los in Richtung Hauptstraße. Sie hatte Hunger. Sie fühlte sich elend. Und sie wollte nur eins – weg vom Sonnenland.
»List!«, schoss es ihr durch den Kopf. In List gab es Imbissbuden, Schiffe und so viele Menschen, dass sie dort nicht entdeckt werden würde.
Zielstrebig lief sie zur nächsten Haltestelle, wartete auf den Bus und fuhr direkt bis zum Hafen. Da ging sie auf einen Würstchenstand zu, verdrückte eine Bratwurst und ein kleines Eis und war danach fast total abgebrannt. Sie war am Ende, mit ihrer Stimmung, mit ihrem Geld, mit allem.
Traurig setzte sie sich auf eine Bank am Hafenbecken, guckte aufs Meer in Richtung Dänemark und war ganz in Gedanken versunken.
Sie nahm nichts wahr, nicht einmal den alten Mann, der sich vor sie gestellt hatte und sie von oben bis unten musterte.
»Klara! Aber natürlich, das ist doch Klara«, sagte er und seine Stimme knatterte wie der alte Motor eines Fischkutters.
Erschrocken blickte Klara hoch. Dann freute sie sich, denn vor ihr stand der alte Herr Hansen, Fischer Hansen aus List.
Klara, Willi und Chaoten-John hatten Fischer Hansen schon vor drei oder vier Jahren kennengelernt. Damals wäre Chaoten-John beinahe ins Hafenbecken gefallen, als er den idiotischen Versuch unternommen hatte, sich Hansens Kahn von unten ansehen zu wollen. Hansen hatte ihn in letzter Sekunde vor dem Sturz gerettet und die Kinder dann zu einer Kahnpartie eingeladen.
Seitdem trafen sich die Sonnenland-Kinder mindestens zweimal in den Ferien mit dem alten Fischer in List. Mal tranken sie zusammen Tee, mal fuhren sie mit dem Fischkutter raus, oder sie saßen einfach in den Dünen und der alte Hansen erzählte aus seinem bewegten Fischerleben.
In diesem Sommer war noch niemand auf die Idee gekommen, Fischer Hansen zu besuchen. Es war ja auch verteufelt viel los gewesen. Wie auch immer, jetzt stand er jedenfalls vor Klara. Sein zerfurchtes Gesicht war braungebrannt. Freundlich lachte er Klara an und seine Zahnlücke kam zum Vorschein.
»Ja, Mädchen,
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