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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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sie in ihrem kurzen Leben den Bruch zwischen ihm und Aahmes-nofretari geheilt hatte.
    Danach verabschiedete er sich von Aahotep und seiner Großmutter, nahm Ahmose-onch im Streitwagen mit in die Wüste und erteilte ihm den ersten Fahrunterricht seines Lebens, darauf ging er in den Tempel und vollzog das Opfer, wie er es seiner Frau versprochen hatte. Er sah zu, wie das Blut des Bullen in die wartende Schale lief, und schwieg. Tu, was du willst, König aller Götter, sagte er ergeben zu seinem Schutzgott. Du hast uns auf Kosten vieler Toter und viel Leid aus der Besetzung zur Freiheit geführt. Wenn es dir am Ende beliebt, unseren Feind zu verschonen, so ist das dein göttliches Vorrecht.
    Er verbrachte den Abend bei Aahmes-nofretari, besprach die Regierungsgeschäfte, um die sie sich während seiner Abwesenheit kümmern sollte, ging ins Kinderzimmer, küsste seinen schlafenden Sohn und zog sich in seine Gemächer zurück.
    Er schlief tief und traumlos, bis Achtoi ihn zwei Stunden vor Tagesanbruch weckte. »Die Schiffe sind beladen und bereit, Majestät«, sagte dieser, »und im Badehaus gibt es heißes Wasser. Uni wird auf deinen Wunsch hin die Königin nicht wecken. Möchtest du jetzt etwas essen?« Ahmose schwang die Beine aus dem Bett. Die Luft in seinem Schlafgemach war stickig und heiß, und er hatte leichte Kopfschmerzen.
    »Ich esse bei Sonnenaufgang auf dem Schiff«, sagte er. »Aber ich will mich waschen. Hat Chabechnet einen Herold zu den Generälen geschickt?«
    »Ja. Der Hohe Priester erwartet dich an der Bootstreppe und reinigt deinen Weg mit Blut und Milch.« Ahmose rieb sich das Gesicht und wurde vollends wach.
    »Ach ja? Aber warum? Ich schiffe mich doch nicht zu einem neuen Abenteuer oder einem Staatsbesuch ein.«
    »Das hat Königin Tetischeri angeordnet«, antwortete Achtoi. »Sie hat sich gestern gleich nach der Mittagsruhe zum Tempel tragen lassen. Sie wartet auch auf dich.« Ahmose wechselte einen bedenklichen Blick mit seinem Diener.
    »Na schön«, sagte er. »Gib mir den Schurz da, Achtoi, und dann will ich ins Badehaus gehen.«
    Die beiden harrten geduldig am geöffneten Tor zur Bootstreppe. Tetischeris Dienerin Isis hielt eine Lampe. Es herrschte noch völliges Dunkel, noch war keine Spur der Morgendämmerung zu sehen. Tetischeri hatte sich in einen Umhang gehüllt, als wäre es Winter. Ahmose näherte sich zögernd, er wusste nicht, was er von seiner Großmutter zu erwarten hatte.
    Doch als er dicht bei ihr war, schoss ihr Arm vor und umfing ihn mit starkem, knochigem Griff. »Während der gestrigen Mittagsruhe habe ich geträumt, dass du eine Gans tötest«, sagte sie ohne weitere Vorrede. »Du hast dir das Geschöpf fest unter den Arm geklemmt und seinen Kopf in der Hand gehalten. Zuerst hast du ihm das Messer in die Brust gestoßen, dann hast du ihm mit einer einzigen schnellen Bewegung den Hals durchtrennt. Blut ist auf deine Brust gespritzt und bis zu deinen Beinen gelaufen. Feucht und rot und satt, Ahmose, die Federn haben weiß geschimmert, und dein Messer hat beim Durchschneiden gefunkelt.« Ihr hocherhobenes Gesicht war ernst. »Als ich das geträumt habe, da wusste ich noch nicht, dass du nach Norden aufbrichst und das Heer auflösen willst, Ehrenwort. Ahmose-onch hat mir später erzählt, dass du versprochen hast, bald wiederzukommen. Da war mir alles klar.« Ihre Augen unter den schweren Lidern funkelten triumphierend. »Solch ein Traum ist sehr selten und seine Auslegung einfach. Du wirst deinen Feind töten. Daran besteht kein Zweifel.«
    »Tetischeri«, sagte er so freundlich, wie es ihm möglich war. »Ich bin von deinem Traum beeindruckt. Achtoi hatte vor einiger Zeit einen ähnlichen, gerade ehe sich die Tore von Auaris öffneten. Aber falls du mir das sagst, weil du mich überreden willst, vor Scharuhen zu bleiben, so täuschst du dich. Ich fahre hin und beende die Belagerung. Ich bin fest entschlossen.« Er wappnete sich innerlich gegen den Protestschwall, der kommen musste, doch sie nickte nur einmal und ließ die Hand sinken.
    »Du bist der König«, sagte sie völlig unerwartet. »Deine Beschlüsse sind Maat. Dennoch hast du einen Bullen in der Hoffnung geopfert, dass Amun dir diesen letzten großen Sieg schenkt, nicht wahr?«
    »Ja, das habe ich, aber…«
    »Amunmose hat von deinem Opfer mit Bullenblut vermischte Milch mitgebracht«, unterbrach sie ihn herrisch. »Die heiligt deinen Aufbruch, weiht deine Füße und beschleunigt Apophis’ Tod. Ich weiß es. Ich

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