Die Strasse des Horus
Schrein der Göttlichen Inkarnation und der erneuerten Maat sein würden. Der Thronsaal war endlich mit Lapislazulifliesen ausgelegt, die Wände mit Blattgold vergoldet, in das überlebensgroße Darstellungen des Königs mit der Doppelkrone gepunzt waren, wie er seine Feinde mit einer Axt niederschlug, während sich eine kleinere Aahmes-nofretari mit einer Hand an seine Ferse klammerte und mit der anderen ein Anch hochhielt. Überall wimmelte es von Kunsthandwerkern mit Töpfen unterschiedlicher Farben, die Säulen in Weinlaub, Decken in Vögel und Sterne und Flure in Flüsse und Teiche mit blauem Wasser, schwimmenden Fischen und dahintreibenden zarten Lotosblüten und Seerosen verwandelten.
Ahmose jubilierte innerlich, als der Oberste Schatzmeister Nofreperet meldete, es gäbe jetzt ausreichend Gold und Silber in der Schatzkammer, dass man die Tore aus Elektrum in Angriff nehmen könne und dass die Goldschmiede dem König dazu Pläne vorlegen wollten. Der Handel war gut angelaufen. Gold, Elfenbein, Straußenfedern und Felle exotischer Tiere kamen aus Wawat nach Norden, Ochsen aus Tjehenu, goldene und silberne Weihgefäße, Wasserkrüge, Schalen, Bronze, ziselierte Schmuckschwerter und Dolche, Keramiken so dünn wie Eierschale, die mit Kraken, Delphinen und Seeigeln verziert waren, Farben und natürlich auch der kostbare Mohn, alles strömte aus Keftiu herein, doch bislang noch keine Zeder aus dem nördlichen Rethennu oder frische Pferde von den Stämmen weiter östlich, mit denen die Setius gehandelt hatten.
Die Astrologen wählten für Ahmoses Sohn den Namen Amunhotep. Aahmes-nofretari, die den drallen Kleinen wiegte, während die Kindermädchen um sie herum tsss tsss machten, war überglücklich, als ihr Amunmose die Nachricht überbrachte. »Amunhotep – ›Amun-ist-zufrieden‹«, freute sie sich. »Was für ein wunderbarer Name! Ahmose, das kann nur bedeuten, der Gott hat aufgehört, uns auf die Probe zu stellen! Er ist mit dem zufrieden, was wir für ihn getan haben!« Ahmose betrachtete Amunhotep, und da gluckste der Kleine, lächelte und fuchtelte mit den runden Ärmchen.
»Sie hätten ihn Starker Stier von Waset nennen sollen«, neckte er Aahmes-nofretari. »Jedenfalls trinkt und tritt er wie einer.«
»Der Seher hat ihm eine ruhmreiche Zukunft vorhergesagt, Majestät«, warf Amunmose ein. »Langes Leben und gute Gesundheit.«
»Ich bin so froh«, flüsterte Aahmes-nofretari. »So froh, so froh.« Ihre Blicke kreuzten sich über dem Bündel in ihren Armen mit denen ihres Mannes. »Prinz Amunhotep. Er wird einmal so ein großer Krieger und guter Herrscher sein wie sein Vater.«
»Und so tapfer und halsstarrig wie seine Mutter«, gab Ahmose grinsend zurück. Er gab ihr einen Kuss auf die erhitzte Wange. »Wenn du dein Werk endlich genug bewundert hast, komm mit mir auf den Fluss. Der Abend ist kühl und lieblich, und auch ich brauche etwas Aufmerksamkeit.«
Er blieb noch drei weitere Monate zu Hause, denn er wollte sichergehen, dass sein Sohn und Aahmes-nofretari gesund blieben. Der Schemu mit seiner atemraubenden Hitze hatte begonnen.
Ahmose ging zu den Gemächern seiner Frau, traf sie jedoch nicht an, darauf stieg er die Treppe zum Dach darüber hinauf. Dort fand er sie mit Senehat, sie lag untätig auf einer Matte mit dem Kopf auf einem Kissen und starrte zum sommerlich strahlenden Sternenzelt hoch. Als sie ihn kommen hörte, drehte sie sich um, stand jedoch nicht auf. Er ließ sich neben ihr nieder und nahm den Becher Wasser, den Senehat ihm sofort anbot. »Im Haus ist es heute unerträglich heiß«, murmelte sie. »Es wird Zeit, dass wir wieder auf dem Dach schlafen.« Ahmose trank sein Wasser und nickte zustimmend, musterte bedächtig ihren hingestreckten nackten Leib, der vom Schein einer einzigen Lampe beleuchtet wurde. Sie war schön, und sie gehörte ihm. Er spürte, wie ihre Hand sich auf seine legte, die neben ihr ruhte.
»Lieber Ahmose«, sagte sie. »Ich weiß, warum du da bist. Du möchtest wieder nach Norden ziehen, nicht wahr?« Er erschrak über ihre Scharfsichtigkeit und beugte sich über sie, damit er ihre Miene sehen konnte. Sie lächelte traurig.
»Ich möchte nicht, Aahmes-nofretari, und das ist die reine Wahrheit«, antwortete er ihr. »Aber ich muss. Es wird Zeit.«
»Ich weiß.« Sie setzte sich auf und drehte sich um, damit sie ihn ansehen konnte. »Du wirst mir schrecklich fehlen«, gestand sie. »Dieses Jahr ist gesegnet gewesen, ja? Und du wirst Amunhoteps erste Worte
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