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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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König. Die Schatzkammer füllte sich. Die Goldstraßen waren gesichert. Ein guter Zeitpunkt für den Aufbruch, überlegte Ahmose, und Aahmes-nofretari wird während meiner Abwesenheit mit gelassener Tüchtigkeit regieren. Er wählte einen Abend, als keine Gäste bewirtet werden mussten und er und Aahmes-nofretari im Garten sitzen konnten, wo sie zusammen einen letzten Becher Wein tranken, ehe sie in ihre Gemächer gingen. Es war ein sehr heißer Tag gewesen. Sie hatten bei Sonnenuntergang im Fluss geschwommen und saßen jetzt in geselligem Schweigen, während sich die Abenddämmerung langsam zwischen die Bäume stahl und über den Rasen kroch. Aahmes-nofretari hockte auf einem Schemel, und Senehat kämmte ihr das nasse Haar. Ahmose lag zu ihren Füßen und fuhr mit dem Finger nachdenklich deren zierlichen Knochen entlang. »Ich habe eine gute Nachricht für dich, Ahmose«, sagte sie. »Ich bin wieder schwanger. Das Kleine kommt im Frühling, Ende Pharmuthi. Freust du dich?« Er blickte hoch. Sie sah lächelnd zu ihm herunter. Er umfasste ihren Fuß und sammelte sich auf die Liebkosung, damit sie seine Bestürzung nicht sehen konnte.
    »Aber ja doch«, sagte er nachdrücklich. »Bist du sicher?«
    »Vollkommen sicher. Und vollkommen glücklich.« Sie stupste ihn spielerisch mit dem Zeh. »Ich bin schon beim Seher wegen einer Weissagung gewesen. Er sagt, ich kann mich auf einen gesunden Jungen freuen, der lange leben wird.« Hat er sie angelogen?, dachte Ahmose sofort, und dann schämte er sich. Er kam hoch und gab ihr einen zarten Kuss auf den Mund.
    »Ach, Aahmes-nofretari, das verdienst du auch«, sagte er. »Wir verdienen es beide. Morgen gehen wir in den Tempel und opfern Amun.« Sie bedeutete Senehat, sie allein zu lassen, zog ihr Haar nach vorn und begann, es mit schnellen, kundigen Griffen zu flechten.
    »Ahmose, ich möchte dich um einen Gefallen bitten«, sagte sie, ohne ihn dabei anzublicken. »Du kannst ihn mir abschlagen, wenn du möchtest.«
    »Ich möchte dir gar nichts abschlagen«, protestierte er. »Worum geht es?« Sie sah ihn noch immer nicht an.
    »Ich möchte, dass du bis zur Geburt dieses Kindes bei mir bleibst«, sagte sie. »Bitte, missverstehe mich nicht, ich habe keine Angst. Aber ich brauche dich hier. Wirst du bleiben?« Ihre Hände ruhten ganz still auf dem Zopf, und sie rührte sich nicht. Ahmose spürte ihre Anspannung.
    Auf einmal erkannte er, dass alles, was ihr wichtig war, von seiner Antwort abhing. Sie wollte ihn nicht auf die Probe stellen. Sie wollte nicht kühl seine Treue abschätzen und zornig oder sicher sein, je nachdem wie seine Antwort ausfiel. Sie setzte in diesem Augenblick ihr gesamtes künftiges Wohlergehen aufs Spiel, und sie hatte dafür den richtigen Zeitpunkt gewählt. Natürlich war ihr klar, dass seine Männer ihn nicht brauchten, ihn vor Scharuhen vielleicht nie brauchen würden. Und seine Anwesenheit in Waset, wo die Regierungsgeschäfte auch ohne ihn liefen, war auch nicht unbedingt erforderlich, vorausgesetzt, jemand mit Befehlsgewalt stand notfalls mit Rat und Tat bereit. Nur sie brauchte ihn wirklich, und er wurde gefragt, ob er merkte, wie nötig sie ihn brauchte. Er fiel auf die Knie, hob ihre Hände in seinen hoch und legte sie ihr unters Kinn. Ihr Gesicht war im nachlassenden Licht kaum noch zu sehen, und ihre Augen waren riesig und dunkel. Er lächelte bedächtig.
    »Natürlich bleibe ich«, sagte er.
     
    Sechzehntes Kapitel
     
    Im Monat Pharmuthi des darauf folgenden Jahres gebar Aahmes-nofretari einen kräftigen, gesunden Jungen. Ihre Schwangerschaft war ohne Beschwerden verlaufen. Die Gespenster des Zweifels und der Angst, die sie gequält hatten, als sie Sat-Kamose unter dem Herzen trug, waren während der langen neun Monate Wartezeit gelegentlich zurückgekehrt, doch sie hatte sie gut im Griff, sprach darüber mit Ahmose und konnte sie rasch besiegen. Er selbst hatte sich ganz bewusst mit der Hofroutine angefreundet und die Rollen aus Scharuhen zunächst zufrieden, dann erleichtert gelesen. Der Osten meldete keine Veränderungen. Er war glücklich mit seiner Frau, glücklich mit dem wachsenden Frieden und Wohlstand in Ägypten, und falls er des Nachts aufwachte und eine flüchtige Unzufriedenheit verspürte, dann deshalb, weil der alte Palast noch immer auf den Thron und die königlichen Insignien wartete.
    Er und Aahmes-nofretari verbrachten einen Teil des Vormittags in seinen anmutigen Sälen und fürstlichen Fluren, die ihr Heim und zugleich

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