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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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verpassen, seine ersten Schritte. Schade.« Ihrer Stimme war kein Groll anzuhören, lediglich Bedauern. Sie lachte auf. »Ahmose-onch nennt ihn inzwischen Ahmose-onch-ta-scherit. Er sitzt neben dem Körbchen und befiehlt ihm, sich gefälligst zu beeilen und zu wachsen, damit sie zusammen mit Bogen schießen und Geschichten lesen können. Er ist, glaube ich, einsam gewesen.« Ahmose streichelte ihre Wade.
    »Das glaube ich auch. Ahmose-onch der Jüngere. Ganz reizend. Aber ich habe nicht vor, auch nur einen Augenblick von Amunhoteps Fortschritten zu verpassen, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Ich ziehe nach Scharuhen, weil ich das Heer auflösen und Wasets Divisionen nach Hause bringen will.«
    »Ahmose!« Sie fuhr erstaunt zurück. »Du willst die Belagerung aufgeben? Apophis heil und wohlbehalten in jener Stadt zurücklassen? Aber warum?« Er verzog das Gesicht.
    »Weil Scharuhen nicht einzunehmen ist. Ich könnte dort jahrelang herumhocken, während die Einwohner das Obst aus ihren Gärten essen und das Wasser aus ihren Brunnen trinken. Vermutlich würde sie irgendwann ein Unglück ereilen, die Bevölkerung vielleicht zu groß werden oder eine Seuche ausbrechen, was auch immer, aber darauf kann ich nicht warten.« Er hob die Schultern. »Eine Division bleibt ständig an der Fürstenmauer und auf der Horusstraße, gleich innerhalb unserer Grenzen. Den Rest verteile ich auf die Garnisonen im Delta und Iunu und Mennofer, vielleicht schicke ich eine nach Chemmenu, damit sie rotieren und notfalls zurückgerufen werden kann. Amun und Re kommen mit nach Hause und beziehen mit ihren Frauen und Familien die neuen Unterkünfte.«
    »Aber was wird aus Apophis?«, hakte sie nach. »Für Kamose ist er das Symbol der Unterdrückung schlechthin gewesen und für dich auch. Wenn er weiterlebt, bleibt dein Werk unvollendet. Und was ist mit seinen Söhnen? Wenn du sie am Leben lässt, werden sie Anspruch auf den ägyptischen Thron erheben.«
    »Ich weiß«, sagte er leise. »In den letzten Wochen habe ich fast an nichts anderes denken können. Aber es gibt keinen anderen Ausweg, Aahmes-nofretari, wir kommen nicht hinein und können auch Apophis und seine Söhne nicht aus diesen Steinmauern herausholen. Ich belasse Späher in der Gegend und kann mit den Divisionen aus Iunu und Mennofer rasch nach Scharuhen marschieren, falls sich eine gute Gelegenheit bietet, aber ich will nicht mein Leben lang in einem Zelt hocken und darauf warten, dass sich etwas tut. Ich möchte hier bei dir und den Kindern sein, bei meinen Ratgebern und Aufsehern, und ich will Ägypten unter meiner Herrschaft aufblühen sehen.« Er legte sich hin, zog sie mit sich und winkte dabei Senehat fort. »Ich finde den Preis angemessen, den ich im Austausch für alles zahlen muss, was mir lieb und teuer ist.«
    »Trotzdem«, sagte sie leise, »ist es der Wille der Götter, der unser Schicksal bestimmt. Gehe vor deinem Aufbruch in den Tempel, opfere Amun einen Bullen und bete, dass unsere Rache vollendet werden möge. Er wird dich am Ende nicht im Stich lassen, Ahmose. Ich bin sein Zweiter Prophet, vergiss das nicht. Ich spüre, dass dieser Krieg noch nicht vorbei ist.«
    »Ich achte deine Eingebungen«, sagte Ahmose nicht ganz überzeugt. »Und ich tue, was du sagst, jedoch ohne dein Vertrauen, Aahmes-nofretari. Und jetzt musst du tun, was ich dir sage. Küss mich. Das hier ist vielleicht das letzte Mal, dass wir uns auf dem Dach des alten Hauses lieben. Ziehe während meiner Abwesenheit in das neue Haus und sorge dafür, dass die Tore aus Elektrum so angebracht werden, dass mich ihr Funkeln begrüßt, wenn ich wieder heimkomme.« Und da stützte sie sich auf einen Ellenbogen, legte ihren Mund auf seinen, und seine Arme umfingen sie. Es ist richtig, diese kleine Niederlage einzugestehen, dachte er, ehe er die Beherrschung verlor.
    Am zwölften Tag im Epiphi brach er mit Achtoi, Hekayib, Ipi, Chabechnet, Anchmahor und den Getreuen auf, einen Tag nachdem sich Sat-Kamoses Bestattungstag zum ersten Mal jährte. Er und Aahmes-nofretari hatten ihr Blumen, Öl, Obst und Brot gebracht, die sie vor dem Grabmal ablegten. Sie hatten in der glühenden Sonne gestanden, während Amunmose vor dem versiegelten Eingang die Gedenk-und Bittgebete für das Ka des Mädchens sprach, und Ahmose verspürte keine Traurigkeit, während er die Hand seiner Frau hielt, sondern nur Liebe zu der Kleinen, die sein Herz zum Schmelzen gebracht hatte, und da kam ihm die verspätete Einsicht, dass

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