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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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bitte dich nur darum, eine Woche in deinem Zelt vor Scharuhen auszuharren. Eine Woche. Wirst du das für mich tun?«
    »Das Heer braucht mehr als eine Woche zum Packen und für die Vorbereitung auf den Marsch«, antwortete er. »Aber ja, Großmutter, das kann ich versprechen.«
    »Danke.« Das klang so gegen ihre Art demütig, dass er entwaffnet war. Er hob sie hoch und gab ihr einen Kuss auf die lederne Wange, dann setzte er sie wieder ab. »Los, brich auf, Ahmose!«, drängte Tetischeri. »Die Laufplanken der Dienstbotenschiffe sind schon eingezogen, und Apophis nähert sich seinem Untergang. Ich bete jeden Tag für dich. Wasche Blut und Milch nicht von deinen Sandalen. Nimm den Segen des Gottes den ganzen langen Weg nach Rethennu mit dir.«
    »Pass gut auf meine Söhne auf«, sagte Ahmose mit Mühe, und sie lächelte.
    »Immer«, sagte sie.
    Blut und Milch klebten nicht unter seinen Sandalen, denn das Steinpflaster war kühl. Trotzdem merkte er, wie die Flüssigkeit seitlich an seinen Füßen hochkroch und unter seine Sohlen sickerte, als er die Treppe hinunterging. Er lief die Laufplanke hoch und drehte sich um, weil er Amunmose und seiner Großmutter winken wollte. Sie erwiderte das Winken nicht, sondern hatte ihren Umhang wieder fest zusammengezogen, das graue Haar hing ihr steif und zerzaust auf die Schultern, und ihre alternden, jedoch gebieterischen Züge wirkten im Schein der Lampe, die Isis hochhielt, weich, und dieses eine Mal liebte Ahmose sie rückhaltlos.
    Die Taue wurden gelöst. Qar gab dem Steuermann und den Ruderern einen Befehl. Schwerfällig schwenkte die Norden in die träge Strömung.
    Die Fahrt ins Delta verlief ereignislos. Ahmose beeilte sich nicht, doch er legte auch nicht in Chemmenu an, um Ramose auf dem Weg nach Süden zu besuchen. Am Ende der ersten Woche im Mesore erreichte er Auaris, nachdem er lange, angenehme Stunden an der Reling der Norden verbracht und sich angesehen hatte, wie die Felder nilabwärts abgeerntet wurden. Auch im Delta ging es in den Dörfern hoch her, hier wurde Obst von den beladenen Bäumen gepflückt, und man erntete Trauben. Ahmose spürte bis ins Mark, wie sich sein geliebtes Land einer neuen Harmonie erfreute. Alles strahlte Verheißung und Fülle und ein wiedererlangtes Zutrauen in die Sicherheit aus, die er gewährleistete. Ob Scharuhen nun fällt oder nicht, dachte er, die vergangenen Hentis der Fremdherrschaft verschwinden schnell aus den Köpfen und der Erinnerung meiner Untertanen. Aber nicht aus meinen und denen meiner Nachkommen, schwor er sich. Ich werde dafür sorgen, dass kein künftiger König diese Zeit jemals vergisst, denn nur so wird Ägypten nie wieder Beute raubgieriger Männer, die ohne Re leben.
    In Auaris hatte man bereits Kunde von seinem Kommen, und Mesehti wartete mit seinem Streitwagen. Nach etlichen Stunden Beratung mit Cheti und Sobek-chu hinsichtlich der unvollendeten Schleifung der Stadtmauer fuhr er auf der Horusstraße weiter, fröhlich gefolgt von Gepäck und Gefolge. Abana war nicht im Delta gewesen, sondern auf einem der Wasserschiffe unterwegs nach Rethennu, und Ahmose freute sich schon darauf, ihn später begrüßen zu können.
    Jetzt im Spätsommer waren die Ebenen trocken und hart, und selbst das Binsenmeer war geschrumpft. Ahmose kam gut voran. Er verbrachte eine angenehme Nacht an der Fürstenmauer in einer der Festungen, zusammen mit den Generälen Iymeri und Nofreseschemptah, und hörte sich bei Bier und grobem Brot an, wie die Ausbesserung und Neubesetzung der Mauer stetige Fortschritte machten. Es tut gut, wieder unter Soldaten zu sein, dachte er im Stillen zufrieden, aber noch schöner ist es bei Aahmes-nofretari und unserem Sohn im Garten daheim, wenn wir nach einem langen, heißen Tag plaudern. Sie fehlten ihm bereits.
    Acht Tage später stieß er auf den Standartenträger Idu und eine Eskorte der Amun-Division und betrat, umringt von den Getreuen, den Lagerbezirk. Es war, als wäre er erst gestern aufgebrochen. Die gleiche säuberliche Zeltreihe, der gleiche Duft nach bratendem Fleisch, das gleiche Hin und Her von Soldaten, die in lärmenden Grüppchen dahinschlenderten oder eilig Botengänge machten, das gleiche Auffunkeln von Streitwagenrädern der ankommenden und abfahrenden Hauptleute.
    Während Achtoi das Aufstellen seines eigenen Zeltes überwachte und Chabechnet die Generäle zusammenholte, ließ sich Ahmose dichter an Scharuhen heranfahren. Das Lager hatte ich noch richtig in Erinnerung, dachte er, aber

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