Die Strasse des Horus
Zugegeben, nur zwei der Hügel sind wichtig, auf einem steht die Stadt selbst, und auf dem anderen befinden sich die Soldaten. Ich bin nur in der Stadt gewesen und habe wenig von ihren Ausmaßen oder ihrer Anlage mitbekommen.«
Chabechnet war die Laufplanke hinuntergeschritten, stand jetzt oben auf der Bootstreppe und hob seinen Amtsstab.
»Auf das Gesicht vor Uatsch-Cheperu Ahmose, Sohn der Sonne, Horus, Goldhorus!«, rief Chabechnet, wie er es bei jedem Halt entlang des Nils getan hatte, und auf der Stelle verstummte der Lärm. Mit einem knappen Befehl an die Medjai ging Ahmose zur Laufplanke, desgleichen Ramose und Hor-Aha, dicht gefolgt von Anchmahor und Turi.
Eine Gestalt hatte sich aus dem Staub erhoben und wartete vor dem offenen Tor, dem unmittelbaren Zugang, wie sich Ahmose erinnerte, zur Residenz des Fürsten und von dort zum heiligen Bezirk Ptahs. Diese Stadt ist schön, dachte er in den wenigen Augenblicken, die er brauchte, um den Mann zu erreichen, der sich jetzt mehrfach verbeugte. Die Wohngebiete sind sauber, geräumig und haben Bäume, die Straßen sind breit, die Gebäude anmutig. Bin ich froh, dass Kamose nicht ihre Zerstörung befohlen hat. Ich würde vor dem Aufbruch gern den Tempel der Hathor von der Sykomore aufsuchen, aber vermutlich wird die Zeit nicht reichen. Im Teich Pedjet-Sche am Rand der Wüste kann man auch gut angeln. Vielleicht tut es Turi. Er blieb stehen und lächelte.
»Willkommen in der Heimat von Ptah, dem Schöpfer der Welt«, sagte der Beamte. »Ich bin Dagi, Bürgermeister von Mennofer. Dort warten Sänften auf dich, falls du dich zum Anwesen des Fürsten tragen lassen möchtest.«
»Nein. Ich gehe lieber zu Fuß«, antwortete Ahmose ehrlich. »Ich brauche Bewegung. Ich erinnere mich nicht an dich, Dagi.« Er winkte, und dann traten sie in den Schatten des Tores, während die Getreuen des Königs sie mit einer schützenden Mauer umgaben.
»Ich war ein niedriger Verwaltungsbeamter, als du mit deinem Bruder nach Mennofer gekommen bist«, gab der Mann zurück. »Der Fürst hat mich im Frühling in mein augenblickliches Amt eingesetzt, nachdem unser früherer Bürgermeister in den Ruhestand gegangen ist. Das ist eine große Ehre für mich. In früheren Zeiten haben viele Könige Mennofer zu ihrer Hauptstadt gemacht.« Ahmose wurde bei Dagis offenkundiger Liebe zu seiner Heimat warm ums Herz, und sie plauderten ungezwungen, während sie im sonnengefleckten Schatten der Bäume die breiten Straßen der Stadt entlangschritten.
Fürst Sobek-nacht stand zwischen zwei Gefolgsleuten im Eingang zu seinem ummauerten Garten. Als sich Ahmose näherte, knieten sich die beiden in den Staub, doch Sobek-nacht streckte die Arme mit den vielen Armbändern aus und verneigte sich. »Majestät«, sagte er, »es ist mir eine Ehre. Bitte, tritt bei mir ein.«
»Ich freue mich, dich wieder zu sehen, Sobek-nacht«, gab Ahmose zurück, »und dass ich Zeit genug hatte, durch dein liebliches Mennofer zu spazieren. General Hor-Aha und Fürst Ramose von Chemmenu kennst du bereits. Das hier ist General Turi, mein ältester Freund. Gehen wir also hinein.«
Das Haus des Fürsten mit seinen farbenfroh bemalten Säulen lag unmittelbar vor ihnen. Er hatte seinen Garten auf einer Seite des Pfades anlegen lassen, der zum Haus führte, und auf der anderen Seite war die Schutzmauer von Blumen überrankt, und an den rauen Ziegelsteinwänden wuchs Spalierobst. Haus und Garten waren weitläufig, sodass kein Platz mehr für Küchen, Kornspeicher oder Dienstbotenunterkünfte blieb, die gewiss hinter dem Haus standen, wo eine dünne Rauchwolke aufstieg. Als Ahmose zu den Säulen kam, stand ein Wachposten auf und huldigte ihm, und hinter dem Mann war im kühlen Schatten auf einmal viel flatterndes Leinen und funkelndes Gold. Die Gemahlin des Fürsten und ihre Töchter standen bereit, um dem Gast zu huldigen.
Nachdem man im Garten am Teich mit den Seerosen Wein getrunken und Artigkeiten gewechselt hatte, machten es sich die Frauen auf Polstern bequem und scharten sich zusammen, und Ahmose folgte Sobek-nacht zusammen mit Ramose, Hor-Aha und Turi ins Haus. Ahmose erinnerte sich wieder an luftige Höhe, kühle grünweiße Fliesen im Empfangssaal, an vergoldete Tische und geschwungene Stühle aus Ebenholz mit eingelegten Blumen aus Elfenbein, an zierlich bemalte Lampen und zwei kunstvoll gepunzte Hausschreine für Sechmet und Ptah. Außerdem erinnerte er sich an den Raum, in den der Fürst sie jetzt führte, an den
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