Die Strasse des Horus
Beflissenheit geriet er fast ins Stottern.
»Und es bedeutet auch, wenn er seinen Eid bricht, kann man ihm die Nase abschlagen und ihn verbannen oder sogar hinrichten«, warnte Ahmose. »Wagst du es, mir Treue zu schwören?«
»Als dein Soldat?« Zaas Augen strahlten. »O ja, Majestät.«
»Nicht als mein Soldat«, gab Ahmose zurück. »Noch nicht, erst wenn du sechzehn bist. Bis dahin bleibst du in der Obhut deines Vetters und seines Vaters und tust, was sie dir sagen. Du darfst an Bord der Norden bleiben, aber eins lass dir gesagt sein, du solltest dich schämen, dass du deinen Eltern so viel Schmerz und Kummer bereitet hast. Ein echter ägyptischer Junge tut das nicht.«
»Nein, Majestät. Danke! Danke!«
»Dann küsse mir als Zeichen deiner Lehenstreue Füße und Handflächen«, sagte Ahmose. »Du kannst jetzt nicht mehr ausreißen, wohin du willst, Zaa. Begreifst du das auch?« Statt einer Antwort sank der Junge zu Boden und küsste Ahmose inbrünstig die Zehen. »Und was dich angeht, Kay, so erinnere ich dich daran, dass du deinen Vetter sterben lassen musst, wenn du dich in der Hitze des Gefechts zwischen ihm und einem Befehl von mir zu entscheiden hast.« Kay nickte ernst.
»Das habe ich bereits bedacht, Majestät«, sagte er leise. »Er auch. Du hast mir trotz meiner jungen Jahre einen schwere Verantwortung anvertraut. Ich verspreche dir, dass ich dich auch in dieser Hinsicht nicht enttäuschen werde.«
»Dann geht, alle beide. Du bist entlassen.«
»Einen Jungen wie den da erwartet entweder eine ruhmreiche militärische Laufbahn oder ein früher Tod«, meinte Hor-Aha. Ahmose grinste spöttisch, als sie sich wieder in Bewegung setzten.
»Als ich zwölf war, habe ich mich mit Turi im Ufergebüsch mit Dattelwein betrunken«, sagte er. »Der Ehrgeiz dieses Kindes zielt nach Höherem. Na schön, Hor-Aha, gehen wir an Bord unserer Schiffe und brechen wir ins Delta auf. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
Viertes Kapitel
Anfang Mesore hätte Ahmose gern seine Truppen rings um Auaris aufgestellt gehabt, doch die Fußsoldaten, die am Saum der westlichen Wüste marschierten, würden natürlich länger brauchen als er und die Medjai mit ihren Schiffen. Außerdem wollte er noch in Mennofer anlegen.
Fürst Sobek-nacht war nicht zur Zeremonie im Tempel befohlen worden. Ahmose hatte überlegt, ob er ihm eine Botschaft schicken sollte, aber irgendetwas, irgendeine mahnende Stimme oder Takt hatte ihn davon abgehalten. Sobek-nacht war noch immer eine unbekannte Größe. Er hatte das Versprechen gehalten, das er Kamose gegeben hatte, und sich nicht eingemischt, aber er war auch etwas Besonderes, Ägypter von uraltem und edlem Blut, Sechmet-Priester und Erpa-ha, aber auch der Sohn von Apophis’ Wesir und Baumeister des Setiu-Herrschers.
Ahmose hatte ihn gleich gemocht, aber ihm fiel Kamoses spitze Bemerkung wieder ein, dass er, Ahmose, naturgemäß jeden mochte, der mit dem Wurfstock eine Ente erlegen konnte. Mennofer war eine reiche und schöne Stadt und die Heimat Ptahs, des Schöpfers. Falls er Sobek-nacht bewegen konnte, sich aktiv bei ihm zu beteiligen, könnte seine Unterstützung lebenswichtig werden, und Ahmose argwöhnte, dass man ihn durch Druck nicht gefügig machte.
Er ist kein Feind, dachte er, als sein Schiff auf das Westufer zusteuerte, wo sich auf den Stufen der Bootstreppe Menschenmassen drängten, die einen Blick auf ihn erhaschen wollten.
Anscheinend hatte Ramose den gleichen Fragen nachgegrübelt, denn als das Schiff an den Pfahl stieß und die Bootsleute heraussprangen, um die Laufplanke auszulegen, sagte er: »Ich glaube nicht, dass Kamose jemals daran gedacht hat, dass dieser Fürst zu Apophis’ Baumeistern gehört, Majestät. Er dürfte sich in Auaris bestens auskennen und könnte uns ungeheuer nützlich sein, falls man ihn dazu überreden kann, uns auf Schwachstellen in der Mauer aufmerksam zu machen.«
»Daran habe ich noch nicht gedacht«, bekannte Ahmose. »Aber du hast natürlich Recht. Vergiss jedoch nicht, dass er als hoher Beamter von Apophis seinen Herrn nicht bereitwillig verraten wird. Eigentlich wäre ich ziemlich enttäuscht, wenn er es täte.«
»Trotzdem«, sagte Ramose, »solltest du wenigstens versuchen, Karten oder Pläne von ihm zu bekommen. Wir haben Auaris zu lange erfolglos zugesetzt. Wäre es nur ein einziges Bollwerk mit Mauern, wir hätten es vielleicht schon eingenommen, aber wir stürmen gegen mehrere an, die durch tiefe Kanäle getrennt sind.
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