Die Strasse des Horus
entwerfen. Also: Ich beende die Aufgabe für meinen Gebieter in Auaris und denke über die Aufgabe meines Gebieters in Waset nach. Mehr kann ich nicht versprechen.«
»Fährst du wenigstens nach Waset und berätst die Königin, wenn du im Delta fertig bist?«, drängte Ahmose.
»Na schön, Majestät«, willigte der Fürst ein. »Und während ich dort bin, könnten mich natürlich die Probleme vor Ort verlocken.« Ahmose schlug mit der Hand auf den Tisch und erhob sich.
»Ich bin ein zuvorkommender König, der ein Gespür für die Wünsche seiner Untertanen hat«, sagte er humorvoll. »Hoffentlich merkst du, wie bereitwillig ich auf deine Bedingungen eingehe, Fürst? Und jetzt lass uns in deinen beschaulichen Garten gehen. Hast du vielleicht guten Wein vom Westlichen Fluss? Aber natürlich hast du ihn, vermutlich ein Geschenk von Apophis höchstpersönlich. Lass ihn sofort öffnen.«
Nach dem Festmahl und einem freundlichen Abschied von Sobek-nacht saßen die Männer noch auf Ahmoses Schiff an Deck. Die Medjai sangen leise in ihrer eigenen Sprache. Ahmose lauschte wunschlos glücklich. Es war ein guter Tag gewesen. »Majestät, glaubst du, dass Sobek-nacht Wort hält?«, störte Turis Stimme Ahmose in seinem verträumten Dösen. »Ob der nach Waset fährt?«
»O ja«, antwortete Ahmose. »Er hat das ganze letzte Jahr darüber nachgedacht, wem er Treue schuldet, und hat lange ehe er zu meiner Begrüßung nach Mennofer gekommen ist, gewusst, was er tun wird. Außerdem hat er uns wertvolle Informationen geliefert.«
»Ach ja?« Turi blickte ratlos, hatte die Brauen zusammengezogen, und Hor-Aha lachte harsch.
»Du würdest einen schlechten Spion abgeben, Turi«, sagte er und warf seinen Zopf nach hinten. »Der Fürst hat uns ein klares Bild vom hinteren Schutzwall gegeben, wo die Setiu-Truppen gesammelt sind, und eine mögliche Lösung des Dilemmas, wie wir an sie herankommen.«
»Apophis’ höhere Beamte, der Adel des Nordens, lebt auf Anwesen im Nordwesten des Hügels«, meinte Ahmose. »Das ist die erste nützliche Information, Turi. Die zweite lautet, sie haben bewässerte Gärten.«
»Aber gewiss doch, Majestät«, sagte Turi gereizt. »Schließlich sind sie ägyptische Edelleute geblieben.«
»Denke nach, du Dummkopf!«, sagte Ahmose freundlich. »Der Hügel ist völlig von einer Mauer umgeben, und dennoch sind die Gärten bewässert.« Turi strich sich das Haar glatt und sagte ein Weilchen gar nichts. Ahmose wartete. Dann klatschte Turi in die Hände.
»Natürlich! Der Wein hat mir das Hirn vernebelt. Es muss Löcher in der Mauer geben, damit sich die Kanäle, aus denen die Edelleute ihre Gärten bewässern, während der Überschwemmung füllen können. Dann geht der Nil zurück, und die Löcher werden wieder zugemacht.« Er blickte Ahmose an. »Diese Löcher sind die Schwachstellen in der Mauer. Wenn sie jedes Jahr auf-und wieder zugemacht werden, lassen sie sich gewiss leicht aufstemmen.«
»Turi verdient das Klugheitsgold«, sagte Hor-Aha spöttisch. »Das Problem ist nicht eine Mauer, die leicht zusammenbricht. Das Problem ist, dass der Nebenfluss des Nils nicht völlig austrocknet, obwohl der Wasserstand sinkt. Zwischen Wasser und Mauer dürfte es nicht viel Platz geben, und im Winter schon gar nicht. Keinen Platz außer für ganz wenige Soldaten, wenn man auf den Hügel will, und im Winter eine sehr feuchte Angelegenheit.«
»Aber vielleicht für Kay Abana und seine Männer machbar«, überlegte Ahmose. »Wir wissen mehr, wenn wir das Delta erreichen und Späher ausschicken.«
Als er dann auf seinem Feldbett lag und die Information Sobek-nachts überdachte und wie man sie vielleicht nutzen könnte, schweiften seine Gedanken zu dem Mann selbst, der bald mit dem Sommerwind aus Norden gen Süden reisen würde. Morgen diktiere ich eine Botschaft an Aahmes-nofretari, sagte er sich schlaftrunken. Sie wird ihn erwarten. Man wird ihn zu ihr bringen. Sie wird ihn mit diesem Lächeln begrüßen, bei dem ich dahinschmelze. Vielleicht begegnen sie sich im Garten. Vielleicht ist auch Ahmose-onch dabei, liegt bäuchlings am Teich, während sich die Frösche unter den Seerosenblättern verstecken… Er schlief ein.
***
Zwei Tage wurde gerudert, dann hatte die kleine Flotte die Stadt Iunu, die Heimat Res, erreicht. Hier teilte sich der Nil in die beiden Hauptnebenarme, den östlichen und den westlichen. Ahmose wartete nur so lange, bis das Heer aufgeholt hatte, dann ging es weiter. Noch ein Tag, und sie
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