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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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als zusätzliche Angst zu dem bereits erdrückenden Gewicht dieses enttäuschenden Tages.
    Aber gerade als er seine Abendgebete zu Amun beendet hatte und die Tür seines Reiseschreins zumachte, bat einer seiner Herolde um Einlass. »Die Norden ist zurück, Majestät«, sagte er, als Ahmose zum Zelteingang kam. »In diesem Augenblick legt sie die Laufplanke aus.«
    »Gut!« Ahmose merkte, wie sich alles in ihm lockerte, so erleichtert war er. »Dann sag General Hor-Aha, dass die Medjai keine Alarmbereitschaft mehr haben. Schicke Kay Abana und Fürst Ramose zu mir, sowie die Mannschaft der Norden ihr Essen bekommen und sich gelagert hat.« Der Mann salutierte und verschwand in der von Feuern erhellten Dunkelheit, und Ahmose ging ins Zelt. »Bringe zwei Schemel, einen Krug Wein und was du noch an Fleisch und Brot findest«, befahl er seinem Haushofmeister.
    Einmal ist keinmal, dachte er, und seine gewohnte Zuversicht kehrte zurück. Überlass dich nicht der augenblicklichen düsteren Stimmung, du Dummkopf! Amun wird mir letzten Endes den Sieg schenken, das spüre ich bis in die Knochen. Der Preis ist bezahlt. Vater und Kamose haben ihn gezahlt, und die Götter haben bestimmt, dass ich den Lohn dafür erhalte.
    Als Kay und Ramose eingelassen wurden, hatte Achtoi bereits Wein und warmes Essen aufgedeckt und sich taktvoll entfernt. Ahmose lud sie ein, Platz zu nehmen. Kay Abana hatte mehrere Schrammen auf dem braunen Handrücken. Seine Knie waren aufgeschrammt wie bei einem Kind, das gestolpert und auf Steine gefallen ist. Seine Wange war geschwollen, ein hässlicher blauer Fleck, und auf einem Schienbein und einer Wade war ein Blutrinnsal. Ahmose zeigte auf das gebratene Gazellenfleisch, das Gerstenbrot und den bröseligen Käse. »Esst erst einmal«, empfahl er ihnen. »Ramose, schenke uns Wein ein. Wie ich sehe, hast du wie gewohnt voreilig gehandelt, Kapitän Abana, aber auf nüchternen Magen erzählt es sich nicht gut.« Er lächelte. »Ich bin sehr froh, dass ich euch wohlbehalten wieder sehe.«
    Erst als Platten und Weinkrug geleert waren, sprach Ahmose wieder. »Und jetzt«, so sagte er, »euren Bericht.«
    »Der ist nicht gut, Majestät«, sagte Kay prompt. »Es gibt tatsächlich Löcher in der Mauer, höchstens zwanzig bis dreißig, durch die sich die Bewässerungskanäle in der Stadt während des Hochwassers füllen. Die sind im Augenblick natürlich zu, damit das Wasser nicht abläuft, aber man kann sie deutlich sehen. Anscheinend sind sie nicht groß. Und fest zu sind sie auch nicht, nur Lehm und Stroh mit ein wenig Kalkpulver vielleicht. Ich glaube nicht, dass das Hochwasser das allein von außen lösen kann, dazu braucht man Männer, die von innen mit Hacken arbeiten.« Er schlug behutsam die Beine übereinander, das blutende über das gesunde, und blickte Ahmose ins Gesicht. »Meine Männer haben versucht, etwas aus ihnen herauszuholen, aber das war harte Arbeit. Wenn das Hochwasser die Füllung erst einmal aufgeweicht hat, geht es leichter, aber die Löcher zwingen die Soldaten, die Luft anzuhalten und einer nach dem anderen ein kurzes Stück unter Wasser zu schwimmen. Und dann müssten sie durchnässt und keuchend mit nassen Waffen gegen eine große Übermacht kämpfen.«
    »Und das von dir, meinem voreiligsten Offizier?«, spaßte Ahmose, auch wenn ihn Abanas Einschätzung der Situation enttäuschte. »Vielleicht könnte man die Öffnungen mit Hilfe des Hochwassers und von mehreren hundert Mann mit Spitzhacken erweitern?«
    »Die hätten starke Gegenwehr zu erwarten«, hielt Abana sofort dagegen. »Die Setius haben oben in die Mauer Schlitze eingelassen, durch die können sie auf jeden schießen, der an den Löchern herumhackt.« Er blickte sich um. »Gibt es keinen Wein mehr?« Ahmose überhörte die Frage. Er beugte sich vor.
    »Willst du damit sagen, dass deine Männer versucht haben, die Löcher unter Beschuss von oben und durch die Schlitze in der Mauer aufzustemmen?«
    Abana grinste fröhlich. »Ja, das haben wir. Meine braven Bootsleute haben vom Deck der Norden einen ständigen Pfeilhagel hochgeschickt, während wir auf den Knien gearbeitet haben. Aber es ist nichts dabei herausgekommen«, schloss er bekümmert. »Wir konnten hören, wie in den Gärten dahinter die Soldaten zusammengelaufen sind und uns empfangen wollten, falls wir es geschafft hätten, die hätten sich dann auf uns gestürzt.« Er hob die Hände. »Ich habe selbst neben meinen Männern mitgehackt«, stellte er klar, »und da hat

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