Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
Vom Netzwerk:
Ahmoses Befehl hin bückte er sich, machte ihn auf und zeigte eine Menge blutiger abgeschlagener Hände. Ahmose betrachtete sie nachdenklich. »Kamose hat für die Zählung in keiner seiner Schlachten Hände abgeschlagen«, sagte er. »Ich habe mich nie gefragt warum. Aber der Anblick hier zeigt mir, dass wir bei unserem Kampf im Recht sind. Wir sind keine Räuber, die erschlagen und plündern, ehe sie weiterziehen. Das hier ist ein ehrenhafter Krieg.« Damit ging er in sein Zelt zurück.
    Er wartete ruhig, lauschte den Geräuschen der tausend und mehr Männer, die allmählich verstummten, während sie sich in ihre Decken wickelten, und nur das gelegentliche Aufbegehren eines Esels und die regelmäßigen Anrufe der Wachposten, einige fern, einige nah, störten die Stille.
    Auch die Stadt schien zu schweigen, der übliche Lärmpegel war zum leisen Brausen geworden. Für Ahmose, der mit verschränkten Armen und Beinen dasaß, während Achtoi und sein Helfer den Tisch abräumten, hörte es sich irgendwie traurig an. Achtoi war fertig. »Brauchst du noch etwas, Majestät?«, fragte er. Ahmose schüttelte den Kopf.
    »Nein«, antwortete er. »Wecke mich bei Tagesanbruch mit Essen, Achtoi.«
    Als Achtoi ging, hielt er für Chabechnet die Zeltklappe hoch. Der Oberste Herold trat ein und verbeugte sich. »Ich möchte, dass du die Herolde in Schichten einteilst«, sagte Ahmose. »Dich natürlich nicht, Chabechnet. Du hörst nur auf meine Befehle. Sie sollen von Sonnenuntergang bis Tagesanbruch im Streitwagen um die Stadt herumfahren und Apophis zur Übergabe auffordern. Auaris glaubt, dass es uneinnehmbar ist, also wollen wir mit allen Mitteln versuchen, diesen Traum zum Platzen zu bringen.« Chabechnet wölbte die schwarzen Brauen.
    »Und was sollen sie ausrufen, Majestät?«
    »Es soll sich wie eine Drohung anhören.« Ahmose stand auf und reckte sich. »Sie sollen Folgendes sagen: ›Uatsch-Cheperu Ahmose, Sohn der Sonne, Horus, Goldhorus fordert, dass sich der fremdländische Thronräuber Apophis ergibt, es sei denn, er nimmt in Kauf, dass seine Stadt Auaris niedergebrannt wird.‹ Jede Nacht, Chabechnet. Du bist entlassen.«
    »Sehr wohl, Majestät.«
    Als er fort war, legte sich Ahmose auf sein Feldbett, blies die Lampe aus und schloss die Augen. Bald dürften auch Berichte von den Divisionen eintreffen, die im Delta ungehindert Krieg führen, dachte er, während sich sein Leib allmählich entspannte, und vielleicht Nachricht aus Waset. Ipi soll eine Notiz bezüglich des Tapferkeitsgoldes für die Mannschaft der Norden machen. Bis zur Überschwemmung kann ich der Stadt wenig anhaben, und dann muss ich die Bootsleute holen lassen. Ramose hat Recht. Auaris darf kein Frischwasser mehr bekommen.
    Bei Res ersten Strahlen kam der Heeresschreiber mit einer Liste der den gefallenen Feinden abgeschlagenen Hände.
    Ahmose kümmerte sich mehr um die eigenen Gefallenenzahlen und welche Soldaten eine Belohnung für Tapferkeit verdienten. Es gab mehrere. Der Kampf vor dem so verlockend offen stehenden Tor war heftig gewesen und hatte gedauert. Die Namen der Toten wurden säuberlich aufgeschrieben, damit man sie später in Stein meißeln konnte, denn sonst würden die Götter sie nicht finden und konnten ihnen in der nächsten Welt kein ewiges Leben schenken. Das ist das größte Risiko im Krieg, überlegte Ahmose, als der Schreiber seinen Papyrus nahm und sich unter Verbeugungen von dem Tisch unter den Weiden zurückzog, wo Ahmose das erste Mahl des Tages zu sich genommen hatte. Ein Soldat riskiert, zweimal zu sterben, und der zweite Tod ist der entsetzlichere.
    Das Grollen der Stadt wirkte heute Morgen lauter, das Geräusch ihres Lebens und Treibens irgendwie hektischer. Ahmose, der sein Bier trank und seinen Hauptleuten zusah, die sich unter den Tausenden im Staub hockenden, essenden Soldaten bewegten, überlegte, ob die warnende Botschaft der Herolde mehr ausgerichtet hatte, als er zu hoffen wagte. Er unterschätzte die Stimmung in der Bevölkerung durchaus nicht und wie sie letztlich die Beschlüsse der Maßgebenden beeinflussen konnte. Keine Bogenschützen auf der Mauer. Die Stadt übersah das Heerlager vor ihren Toren, wie sie es schon getan hatte, als Kamose sie belagert hatte. Dennoch witterte Ahmose eine ganz kleine Veränderung.
    Hor-Aha und General Cheti hatten beide um Befehle gebeten, und er hatte gesagt, sie sollten schlicht ihre Stellung halten und auf jeden schießen, der so dumm war, seinen Kopf über der Mauer zu

Weitere Kostenlose Bücher