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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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gehört, und die balsamieren ihre Toten nicht ein, sondern lassen sie unter dem Fußboden ihrer Häuser verrotten. Alle Tempel in unserer Nähe dürften fremdländischen Gottheiten gewidmet sein, und die einzigen Sem-Priester sind in Auaris selbst und dienen den Ägyptern des Nordhügels. Unsere Soldaten wissen, wenn sie in der Schlacht fallen, werden sie nicht einbalsamiert, ein Risiko, das sie für ihren König eingehen. Es ist wider alle Vernunft, unsere Toten einzubalsamieren.«
    »Du hast Recht«, sagte Ahmose nach einer Pause widerstrebend. »Es ist ein unvernünftiges Ansinnen. Du bist entlassen, Chabechnet.« Ein unvernünftiges Ansinnen, aber eines, das meine Gewissensbisse für lange Zeit beruhigen würde, dachte er. Kamose hat sie aus ihrer Heimat herausgerissen, und ich habe sie von ihr fern gehalten. Nun sind viele tot. »Ich will jetzt die Rollen lesen«, sagte er zu Achtoi, der auf einen Befehl gewartet hatte. »Lass Ipi holen.«
    Er zog sich seinen Stuhl an den Tisch und entrollte den dünneren Papyrus, dessen Siegel er bereits erbrochen hatte. Die Schrift war vertraut. Sie gehörte dem neuen Schreiber seiner Frau, Chunes, doch die Unterschrift war übergroß und ein mühsames Gekrakel. Ahmose entzifferte sie mit wachsender Freude. »Dein dich liebender Sohn, der Falke-im-Nest, Ahmose-onch, Prinz der Zwei Länder«, las er.
    »Achtoi, das ist der erste Brief von Ahmose-onch, und er hat selbst unterschrieben!«, rief er und blickte hoch, aber Achtoi war nicht mehr da. Neugierig widmete sich Ahmose wieder der Rolle.
    »Grüße von deinem treuen Sohn an Uatsch Cheperu Ahmose, Nebpehti-Re, Horus, Goldhorus und verehrter Vater«, las er. »Untertänigst und betrübt spreche ich dir mein Beileid zum Tod meiner Schwester Prinzessin Hent-ta-Hent aus. Chunes hat mir gesagt, ich soll es so schreiben, aber ich bin wirklich traurig. Sie fehlt mir, und dabei hat sie so viel geschrien. Chunes will mir zeigen, wie ich meinen Namen und meine Titel selbst schreiben kann. Hoffentlich geht es dir gut und du hast den bösen Setiu besiegt und kommst bald nach Haus. Dein dich liebender Sohn, der Falke-im-Nest…« Fassungslos warf Ahmose die Rolle beiseite, erbrach das Siegel der anderen und entrollte sie mit einer einzigen heftigen Bewegung. Sie war ganz mit Aahmes-nofretaris säuberlicher Handschrift beschrieben.
    »Mein geliebter Gemahl«, begann sie. »Verzeihe mir, dass ich dich mit dieser schrecklichen Nachricht belaste, wo du doch alle Kräfte zur Besiegung des Feindes brauchst. Gestern ist unsere Tochter Hent-ta-Hent an einem Fieber gestorben, das Amunmose nicht exorzieren konnte. Er hat es mit vielen Gesängen versucht, aber der Dämon war zu stark. Sie hatte schon ein paar Tage gequengelt, und Raa und ich haben gedacht, das kommt vom Zahnen, aber dann bekam sie hohes Fieber. Sie hat das Bewusstsein nicht wiedererlangt. Natürlich wird sie einbalsamiert und angemessen betrauert. Ehe sie erkrankte, konnte sie schon richtig laufen und ein paar einfache Wörter sagen. Sie war so stolz darauf! Und sie ist immer hinter Ahmose-onch hergelaufen, was ihn je nach Laune geärgert oder bezaubert hat. Du fehlst mir so sehr, gerade jetzt in der Trauerzeit. Schicke mir so schnell wie möglich Nachricht von dir. Deine dich liebende Gemahlin und gehorsame Untertanin Aahmes-nofretari.«
    Die Rolle raschelte leise, als Ahmose sie aufrollen ließ. Er saß ein Weilchen mit dem trockenen Papyrus in den reglosen Fingern und starrte blicklos in den Schein der Alabasterlampe. Kleine Hent-ta-Hent, dachte er. Ich weiß noch, wie sich dein Körperchen angefühlt hat, als ich im Garten gelegen habe, deine warme Haut an meiner, und wie dein Atem im Schlaf regelmäßig deine dunklen Löckchen bewegt hat. Ich kann dich noch riechen, diesen wunderbar reinen, frischen Kleinkindergeruch. Arme Aahmes-nofretari. Von den drei Kindern, denen du das Leben geschenkt hast, hat nur eins überlebt, und obwohl mich der Verlust meines kleinen Mädchens tief getroffen hat, ist er nichts, verglichen mit dem Schmerz einer Mutter.
    Er schob die Rollen beiseite, stützte die Ellbogen auf den Tisch und das Kinn in die Hände. Es ist kein Zufall, dass ich diese Nachricht im Augenblick meines Triumphes erhalten habe, wanderten seine Gedanken. Alles hat seinen Preis. Sogar Könige müssen für das, was sie haben wollen, zahlen. Hent-ta-Hent ist der Preis, den die Götter für all die gefordert haben, die hier heute gefallen sind, nur damit ich meinem Ziel noch näher

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