Die Strasse des Horus
hat.«
»Das sind die Anwesen mit den Bewässerungsgräben, die normalerweise durch Löcher in der Mauer gefüllt wurden«, sagte Ahmose. Er überlegte. »Ich möchte die Keftius sprechen. Sag Cheti, dass ich den Hügel morgen besichtige. So lange soll er alle festhalten und beide Tore zumachen und davor und dahinter Wachposten aufstellen. Zu jeder Tageszeit und vor allem am Horusstraßentor. Es wäre eine Katastrophe, wenn der Nordhügel durch Zufall von den Setius zurückerobert würde. Bei Tage werden die Tore natürlich für unsere Soldaten geöffnet. Was ist mit dem altehrwürdigen Seth-Tempel?« Der Mann blickte erstaunt.
»In seinem Bezirk hatten sich einige Setius festgesetzt, aber die sind überwältigt und erschlagen worden. Der Tempel selbst hat keinen Schaden genommen, aber er muss gereinigt werden. Soll das noch heute Nacht geschehen, Majestät? Willst du dort morgen beten?«
»Nein.« Ahmose hatte sich rasch entschieden. »Das Delta hat schon immer Seth gehört, aber die Setius haben den Gott mit ihrem eigenen Sutech verschmolzen. Ich möchte nicht, dass jemand denkt, wenn ich Seth anbete, lasse ich damit Sutech zu. Die Priester sollen den Tempelbezirk reinigen, und der Tempel darf bleiben, ich jedoch werde ihn nicht betreten. Richte bitte General Cheti aus, dass ich tiefste Bewunderung für seinen Erfolg empfinde.«
Als Anchtifi gegangen war, fiel Ahmose auf sein Feldbett.
Gerade wollte er Achtoi bitten, die Lampe zu löschen, als ein weiterer Schatten den Zelteingang verdunkelte. Es war Hor-Aha. Der trat rasch ein, blieb neben dem Feldbett stehen und blickte Ahmose ausdruckslos an. »Die Nachricht vom Tod der Prinzessin verbreitet sich gerade überall im Lager«, sagte Hor-Aha ohne weitere Vorrede. »Es tut mir sehr Leid, Majestät. Was kann ich sonst noch sagen? Die Auffassung der Götter von Gerechtigkeit stimmt nicht immer mit unserer überein.« Ahmose nickte einmal und wartete. Hor-Aha schluckte. »Ich bin gekommen, weil ich dir gestehen muss, dass ich mich schäme«, fuhr er fort. »Ich schäme mich für das Zögern, nein, die Feigheit der Medjai. Ich schäme mich, weil sie meinen Befehlen nicht gehorcht haben. Ich schäme mich, weil mir zu Ohren gekommen ist, dass du sie höchstpersönlich über den kleineren Nebenarm zum Forttragen der Verwundeten treiben musstest.« Seine tiefe Stimme klang jetzt rau. »Ich bitte um die Erlaubnis, sie bestrafen zu dürfen.« Ahmose musterte das glatte, fremdländisch schöne Gesicht. Irgendwie wirkte Hor-Aha anders, doch Ahmose wusste nicht so recht warum.
»Stimmt, sie haben sich schändlich aufgeführt«, sagte er, »aber ihre Angst vor Wasser ist wohl bekannt, Hor-Aha. Sie hätten über ihren Schatten springen müssen, und ich verstehe ihren Antriebsmangel nicht, aber zu Beginn der Schlacht haben sie sich gut geschlagen.«
»Durchaus möglich«, sagte Hor-Aha ernst, »nur jetzt denken die ägyptischen Hauptleute abfällig über sie und mich. Früher haben sie mich gehasst, jetzt bin ich ihnen ein Gräuel.« O ja, dachte Ahmose. Da sind wir bei dem Kern des Problems. Deinem Stolz, mein alter Freund, und deinen heimlichen Selbstzweifeln.
»Wie willst du sie bestrafen?«, erkundigte er sich.
»Ich nehme ihnen ihre privaten Amulette«, erwiderte Hor-Aha prompt. Und trennst du dich selbst auch von deinem kostbaren Amulett?, fragte Ahmose ihn stumm. Wirfst du das Stück Leinen mit dem Blut meines Vaters fort, das du in deinem Gurt mit dir herumträgst?
»Nein«, sagte Ahmose nachdrücklich. »Nein, Hor-Aha. Falls du das tust, bilden sie sich ein, sie sind schutzlos und können nicht mehr kämpfen. Dann sind sie tatsächlich Feiglinge! Lass das. Beschimpfe sie, peitsche sie aus, wenn du möchtest, aber beschädige nicht ihren Kampfgeist.« Hor-Aha blickte einen Augenblick nachdenklich zu Boden, dann reckte er das Kinn.
»Du sprichst klug, Majestät«, bekannte er, »aber damit beschämst du mich noch mehr. Da.« Er streckte Ahmose etwas hin, was im schwachen Schein der einen Lampe wie ein schwarzes Katzenfell mit baumelndem Schwanz aussah. »Ich schäme mich so furchtbar, dass ich mir die Haare abgeschnitten habe.« Und Ahmose sah verwundert zu, wie Hor-Aha zwei lange Zöpfe nebeneinander auf das Feldbett legte. Das ist also anders an ihm, dachte er. Seine Brust ist nackt. Ich hatte mich so daran gewöhnt, sie von diesen glänzenden Zöpfen geschmückt zu sehen. Ihr Götter! Er schenkt mir seine Mannheit! Sein Blick kreuzte sich mit dem ausdruckslosen
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