Die Strasse des Horus
des Generals.
»Das werden deine Männer sehen«, sagte er bedächtig. »Sie werden wissen, was du getan hast und warum.« Hor-Aha fuhr sich mit der Hand über den nackten Hals.
»Und wennschon«, antwortete er. »Aber es ist nicht nur ihretwegen, es ist auch meinetwegen. Weil ich es bedauere. Weil ich nach besten Kräften dafür sorgen will, dass so etwas nicht wieder vorkommt, Majestät. Bitte, entlasse mich.« Das tat Ahmose.
Ein Weilchen herrschte im Zelt beklommene Stille. Ahmose und Achtoi blickten sich an. Dann winkte Ahmose. »Wickele sie ein, und verwahre sie irgendwo auf dem Boden einer meiner Kleidertruhen«, sagte er. »Aber mach schnell, Achtoi. Ich muss schlafen, sonst werde ich noch verrückt.«
Er wachte auf, frühstückte eilig und kleidete sich langsam an, denn er wollte sich seinen Truppen in der ganzen Pracht seiner königlichen und militärischen Abzeichen zeigen. Als Achtoi ihm das Pektoral umgelegt, den goldenen Ohrring im Ohrläppchen befestigt, ihm die goldenen Armbänder des Oberbefehlshabers übergestreift und das golddurchwirkte Leinenkopftuch mit dem hochfahrenden Schnabel der Göttin Nechbet aufgesetzt hatte, band er sich den Schwertgurt um, zog Sandalen an und trat hinaus in den rauchigen Morgen. Ipi begrüßte ihn, wartete bereits mit seiner Palette bewaffnet, und dann klirrte Metall, Füße stampften, und Anchmahor kam mit einer Gruppe Soldaten vom Nebenarm auf ihn zumarschiert. Sie waren bereits in königliches Blauweiß gekleidet. Im Näherkommen verbeugten sie sich wie ein Mann und blickten ihn erwartungsvoll an. »Deine neuen Getreuen, Majestät«, erläuterte Anchmahor. »Ich habe sie aus der Angriffstruppe jeder Division ausgesucht. Sie möchten dir gern dienen.«
»Wie geht es Harchuf?«, fragte Ahmose.
»Ein wenig besser und noch keine Anzeichen für Uchedu in der Wunde«, antwortete Anchmahor. »Aber er hat noch immer starke Schmerzen. Er trinkt viel, Wasser und Mohnsaft.«
»Gut.« Ahmose ging zu seinem Streitwagen, und unverzüglich umringte ihn die Leibwache. »Als Erstes halten wir heute beim Nordhügel.«
In dem riesigen Lager, durch das er gefahren wurde, herrschte geschäftiges, geordnetes, munteres und lautes Treiben. Soldaten, beladen mit Schmutzwäsche, waren unterwegs zum Fluss, blieben stehen und huldigten ihm. Andere saßen vor ihren Zelten, säuberten ihre Waffen und tranken Bier.
Am Kanal, der vom Hauptnebenarm abzweigte, sich um den Nordhügel schlängelte und dann wieder zurück, stieg Ahmose aus und durchschritt stolzgeschwellt die beiden sperrangelweit geöffneten Flügel des Horusstraßentores. Der General kam ihm höchstpersönlich entgegen, und zusammen mit Ipi, den Getreuen und Chetis höheren Hauptleuten verbrachte Ahmose mehrere Stunden mit der Überprüfung seiner Beute. Es war ein hässlicher Ort ohne jegliches Grün, abgesehen von dem auf den Dächern endloser Kasernenreihen, wo die fremdländischen Soldaten einen mageren Vorrat an Gerste, Knoblauch und Gemüse angebaut hatten. Chetis Männer waren damit beschäftigt, alles auszuräumen, was die unseligen Setius zurückgelassen hatten, türmten im Schein der Morgensonne Töpfe, Kleidung und sogar ein paar unbenutzte Bogen und Schwerter aufeinander.
Die Verwundeten wurden in einem großen, weitläufigen Herrenhaus dicht beim Tempel gepflegt. Ahmose ging an Reihen von Strohsäcken entlang, auf denen seine Männer lagen, und ihr Stöhnen und Schreien tat ihm in den Ohren weh und schien von der hohen Decke widerzuhallen. Zwischen ihnen bewegten sich die Ärzte, begleitet von mehreren Seth-Priestern, die die Fieberdämonen exorzierten und mit den Sterbenden beteten. »Vermutlich hat hier der Statthalter des Hügels gelebt, ehe Apophis gezwungen war, das Haus für die allzu vielen Soldaten aus dem Osten in ein Heerlager zu verwandeln«, beantwortete Cheti Ahmoses Nachfrage, als sie wieder draußen waren. »Das Gebäude selbst stammt aus der Zeit deines Vorfahren Osiris Senwasret, aber die Setius haben einige Anbauten gemacht, zumeist schlichte Säle aus Lehmziegeln. Sie haben nur wenig Interesse für die Baukunst.«
»Ein hässliches Gemäuer«, meinte auch Ahmose, »und für uns nicht zu gebrauchen. Wenn die Verwundeten entlassen sind, darfst du die Setiu-Anbauten abreißen und den Rest als Hauptquartier nutzen, Cheti. Du und die Horus-Division, ihr werdet hier stationiert, bis sich Auaris ergibt. Wie viele Brunnen gibt es?«
»Nur vier, Majestät. Der Wasservorrat wurde natürlich durch
Weitere Kostenlose Bücher