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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Lächeln versuchte ich meine Verwirrung zu vertuschen.
    »Ich habe vor mich hingeträumt«, entschuldigte ich mich, doch mein Lächeln erstarb angesichts des ernsten Ausdrucks, der jetzt auf seinem Gesicht lag. Langsam nahm er wieder hinter seinem Schreibtisch Platz, legte einen alten, verblassten grünen Aktenordner vor sich hin und blätterte darin herum. Als er endlich den Kopf hob und mich ansah, hatte sich seine Miene nicht aufgehellt.
    »Haben Sie … haben Sie es gefunden?«, stotterte ich.
    »Ja«, erwiderte er bedächtig. »Das ist die Akte Ihrer Großmutter. Wie Sie schon sagten, wurde sie tatsächlich im Jahr 1898 hier krank, und wie es aussieht, war dies der Beginn der Krankheit, an der sie schließlich starb. Zuerst dachte Dr. Beaufort, sie litte an Malaria, doch als Mrs Fairfax auf die herkömmliche Behandlung nicht ansprach, revidierte er seine Diagnose.«
    »Zu welchem Schluss kam er?«
    Dr. Brown schüttelte den Kopf. »Anfangs war er sich nicht sicher. Sie schien sich, wie das bei Malaria häufig der Fall ist, einige Wochen nach dem ersten Anfall wieder erholt
zu haben, und die Familie kehrte nach Boston zurück, wo sie gesund blieb. Aber die Aufzeichnungen vom nächsten Sommer belegen, dass sie erneut erkrankte und sich ihr Zustand erheblich verschlechterte, nachdem sie nach Eden zurückgekommen waren. Als Dr. Beaufort das nächste Mal gerufen wurde, war sie sehr schwer krank. Die Symptome deuteten nicht mehr ausschließlich auf Malaria hin.«
    »Wie sahen diese Symptome denn aus?«
    »Viele davon glichen denen einer Tropenkrankheit: phasenweise stark erhöhte Temperatur, dann wieder längere fieberfreie Perioden, während derer sie sich aber furchtbar elend fühlte. Es gab auch noch andere Symptome wie Mundtrockenheit, Hitzewallungen, Gesichtsröte und erweiterte Pupillen, aber das konnten alles auch Nebenwirkungen des Fiebers sein und musste nicht direkt mit der Krankheit zusammenhängen, die übrigens eindeutig nicht auf die Leber übergegriffen hat, wie es bei Malaria der Fall ist. Auf jeden Fall hat die übliche Behandlung mit Chinin keinerlei Wirkung gezeigt.«
    »Und die Fieberanfälle?« Ich wählte meine Worte sehr sorgfältig. »Gingen mit ihnen noch andere Symptome einher?«
    Dr. Brown hob die Brauen. »In der Akte werden keine erwähnt.«
    Wieder konnte ich ihm nicht in die Augen sehen, aber ich musste die Antwort auf die Frage hören, die mich beständig quälte. »Sie zeigte keine Anzeichen von Verwirrtheit … Deliriumzustände oder Ähnliches?«
    Dr. Browns Miene wurde noch ernster. »Warum fragen Sie?«
    Ich seufzte. »Mir sind da ein paar Gerüchte zu Ohren gekommen.«
    Der Arzt musterte mich forschend. »Die Krankenunterlagen umfassen fast sechs Jahre. Scheinbar hat die Familie,
nachdem Ihre Großmutter krank geworden war, den größten Teil des Jahres hier verbracht. Wenn sich solche Auffälligkeiten gezeigt hätten, dann stünde es in ihrer Akte.
    Die Unterlagen der Ärzte, die sie in Boston aufgesucht hat, habe ich natürlich nicht hier, aber laut dem, was Mrs Fairfax Dr. Beaufort erzählt hat, waren sie weitgehend derselben Meinung wie er. Und sie konnten ja nur Vermutungen anstellen, weil es ihr im Winter immer besser ging - au ßer in den letzten Jahren, wo sie den größten Teil der Zeit krank war. Sie wussten alle nicht mehr weiter.« Er sah mich unverwandt an, und ich merkte, dass er mir noch etwas sagen wollte, aber nicht wusste, wie.
    »Wenn da noch etwas ist, dann verschweigen Sie es mir besser nicht«, forderte ich ihn grimmig entschlossen auf.
    Dr. Brown stieß einen tiefen Seufzer aus. »Genaueres weiß ich nicht. Aber es sieht so aus, als hätte sich Mrs Fairfax’ Zustand gegen Ende ihres Lebens dramatisch verschlechtert. Dr. Beaufort blieb dabei, dass man für sie nicht mehr tun konnte als das, was er schon tat, aber Ihr Großvater schien so besorgt zu sein, dass er eine zweite Meinung einholen wollte. Er zog einen gewissen Dr. Dunham aus New Orleans hinzu.«
    »Und was meinte der?«
    Dr. Brown schüttelte den Kopf. »Dr. Dunham legte eine eigene Krankenakte an, er und Dr. Beaufort tauschten ihre Meinungen nicht aus.«
    »Das kommt doch häufig vor, nicht wahr?«
    »Im Falle zweier praktischer Ärzte wäre es ungewöhnlich. Aber Dr. Dunham ist kein praktischer Arzt, sondern Spezialist für Geisteskrankheiten.«
    Ich blinzelte ihn stumm an; unfähig, einen Ton über die Lippen zu bringen. Er hatte mir zwar genau das bestätigt, was ich vermutet hatte, trotzdem

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