Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
Vom Netzwerk:
habe.«
    »Ich habe das Gemälde auch gesehen, Eleanor.« Er brach ab, schien erneut Schwierigkeiten zu haben, die richtigen Worte zu finden. »Mir kommt es so vor, als sei Elizabeth die Ruhigere und Vernünftigere der beiden gewesen. Aber Liebe und Hass sind manchmal untrennbar miteinander verbunden. Sie können dasselbe Leid zur Folge haben.«
    Sein Gesicht hatte sich verdüstert. Gemeinsam sahen wir auf die Wasseroberfläche hinab, und unsere schimmernden Spiegelbilder blickten zu uns auf.
    »Glauben Sie, dass sie wirklich noch am Leben ist?«, fragte ich.
    »Es fällt sicherlich leichter, daran zu glauben als an einen Geist. Außerdem lässt es sich leicht herausfinden.« Mit grimmig zusammengepressten Lippen wandte er sich ab. Doch als er sich wieder zu mir umdrehte, lächelte er. »Als ich diesen Traum zum ersten Mal hatte, war ich danach
tagelang deprimiert«, gestand er. »Ich dachte, Sie würden nur in meiner Fantasie existieren.«
    »Demnach haben Sie sich also gewünscht, dass es mich wirklich gibt?«
    »Da war etwas in Ihrem Gesicht und Ihren Augen … eine ungewöhnliche Stärke und Aufrichtigkeit. Und dann war da dieses Licht. Aber am stärksten berührt hat mich die Furcht, die ich tief in Ihnen spürte. Ich musste Ihnen helfen, etwas zu finden, damit Sie etwas anderes, Schreckliches verhindern konnten.«
    »Aber was? Und wie wollten Sie das anstellen?«
    »Offen gestanden bin ich mehr daran interessiert, warum all das geschieht. Oder ob es dafür irgendeinen triftigen Grund gibt.«
    »Also sind Sie ein Philosoph.«
    Er lächelte. »Das hat man mir schon unterstellt.« Dann schüttelte er den Kopf. »Ich weiß auch nicht mehr als Sie, aber ich bin davon überzeugt, dass die Antworten auf zumindest einige Fragen dort oben in dem Haus auf dem Hügel zu finden sind.«
    Ich erschauerte, als mich ein kühler Windhauch streifte. Die Sonne war untergegangen, die Dämmerung brach herein. Endlich erhob sich Alexander und hielt mir eine Hand hin.
    »Kommen Sie«, sagte er. »Es hat keinen Sinn, sich über diese Dinge den Kopf zu zerbrechen. Wenn Sie herausfinden wollen, ob sich jemand in diesem Haus aufhält und wer, können Sie das leicht tun. Es ist Ihre Entscheidung. Aber denken Sie daran, Eleanor Rose, dass manche Geheimnisse besser ungelüftet bleiben.«
    Es stimmt - damals hatte ich die Möglichkeit, den Lauf des Schicksals zu beeinflussen. Bis zum heutigen Tag frage ich mich immer noch, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn ich damals eine andere Wahl getroffen hätte.
    Ich sah Alexander an. Ein Ausdruck müder Resignation lag auf seinem Gesicht, aber ich hatte nie an böse Vorzeichen geglaubt. Wieder fröstelte ich, dann sprang ich auf und ergriff seine Hand, die sich einen Moment lang so warm und fest wie in meinem Traum um die meine schloss. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie kalt mir trotz der Hitze geworden war. Dann siegten die Konventionen, Alexander gab meine Hand frei und bot mir stattdessen seinen Arm, gemeinsam gingen wir nach Eden zurück.

8. Kapitel
    M ary und Tascha spielten oben mit dem Puppenhaus, als wir zurückkamen.
    »Da seid ihr ja!«, rief Mary, als sie uns sah.
    »Wir dachten schon, ihr würdet überhaupt nicht mehr wiederkommen«, fügte Tascha hinzu.
    »Wie spät ist es denn?«, fragte ich schuldbewusst.
    Alexander sah auf seine Uhr. »Kurz nach acht. Es tut mir leid … wir haben nicht auf die Zeit geachtet.«
    Mary wischte seine Entschuldigung mit einer Handbewegung beiseite. »Kommt jetzt nach unten, ehe das Essen kalt wird.«
    Wir gingen in das Esszimmer und nahmen an dem gro ßen Mahagonitisch Platz, an dem seit Jahren nicht mehr so viele Menschen gesessen hatten.
    Während des Essens erzählte uns Alexander etwas aus seinem Leben. Seine Familie war vor der Revolution sehr wohlhabend gewesen. Wie viele Weißrussen zur damaligen Zeit wurden sie von der bolschewistischen Regierung verfolgt und schikaniert, als ihr Haus eines Tages in Flammen aufging und die Familie in ihren Betten verbrannte, wunderte sich niemand darüber.
    Alexander und Natalja hatten an jenem Abend eine Ballettvorstellung besucht, daher wurden sie von dem Feuer verschont. Sie blieben nur noch so lange im Land, dass Alexander eines der Familienkonten leer räumen, auf dem Schwarzmarkt Visa für Frankreich kaufen und die Fahrt nach Polen organisieren konnte, von wo aus ihre lange Reise in den Westen begann. Vor etwas mehr als einem Jahr
waren sie in Amerika angekommen, nachdem sie sich zwei Jahre lang in

Weitere Kostenlose Bücher