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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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denn seitdem noch mal von ihr geträumt?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das war das letzte Mal. Und das fand ich merkwürdig, denn ich hatte nicht mehr von ihr geträumt, seit ich von zu Hause fort und auf die Schule geschickt worden war. Davor allerdings häufig.« Ich brach ab, suchte nach den richtigen Worten. »Einmal ging es um ein Schiff«, platzte ich dann heraus. »Mein Großvater und ich hatten Europa bereist und befanden uns auf dem Heimweg. In der Nacht, bevor wir aufbrechen wollten, beschwor sie mich, nicht an Bord dieses Schiffes zu gehen, weil … Alexander, wissen Sie, was mit der Titanic geschehen ist?«
    »Natürlich, wer wüsste das nicht?« Er sah mich ungläubig an. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie eigentlich mit an Bord hätten sein sollen?«
    Ich nickte. »Ich weiß bis heute nicht, wie ich es geschafft habe, meinen Großvater dazu zu bringen, die Fahrkarten verfallen zu lassen. Ein andermal passierte etwas Ähnliches mit einem Zug.«

    Sein Gesicht blieb ruhig. »Soll das heißen, dass Sie einen Schutzengel haben?«
    Ich zuckte unbehaglich die Achseln. »Heute hatte ich einen anderen Traum«, fuhr ich fort, nun fest entschlossen, ihm alles anzuvertrauen, was ich selbst wusste. »Anders, aber ähnlich geartet. Nachdem ich an diesem Nachmittag von dem Haus zurückgekommen bin, bin ich eingeschlafen, wie Sie ja wissen.« Ich hielt inne. »Im Traum war ich in dem Haus auf dem Hügel, im Ballsaal - dem Raum, in dem das Klavier steht, meine ich. Es war eine Vollmondnacht. Ich fing an, Klavier zu spielen, ein Stück, das ich im Traum sehr gut kannte, in Wirklichkeit aber noch nie gehört habe - das glaube ich zumindest. Als das Stück zu Ende war, blickte ich auf, und Sie standen neben dem Klavier. Sie waren … Sie sahen…« Ich verhaspelte mich, sah ihn an und wusste, dass er, würde er diese Geschichte erzählen, die ganze Wahrheit sagen würde.
    »Sie waren so schön«, schloss ich leise. Ich wandte den Blick nicht von ihm ab, obwohl es mich all meine Willenskraft kostete. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Ich holte tief Atem. »Sie sahen … irgendwie unwirklich aus. Zuerst dachte ich auch, Sie wären nur eine Ausgeburt meiner Fantasie, doch dann lächelten Sie und streckten mir eine Hand hin, und wir gingen aus dem Ballsaal in einen Garten hinaus. In diesem Garten gab es einen Springbrunnen, Rosen und eine mit Efeu bewachsene Wand. Wir traten zu einer Tür in dieser Wand, und Sie zogen mir eine Kette mit einem Schlüssel über den Kopf und schlossen sie auf.
    Dahinter lag ein anderer Garten. Darin standen eine Statue und ein Baum mit rosa Blüten. Ich erinnere mich daran, zu den Sternen aufgeschaut zu haben. Sie leuchteten so hell, und die Statue sah so lebensecht aus, dass ich dachte, sie würde sich gleich bewegen … lächerlich, ich weiß.« Ich lachte, aber es klang hohl. »Dann brachten Sie mich
dazu, in einen Teich zu den Füßen der Statue zu blicken, und darin sah ich zwei Gesichter, Eves und das eines Mannes. Er sah Ihnen etwas ähnlich, hatte aber hellere Farben.« Ich schüttelte den Kopf, damit die darin herumwirbelnden Bilder zur Ruhe kamen. »Sie waren grässlich. Grässlich und … vertraut.« Ich dachte einen Moment lang über den tieferen Sinn der Worte nach, die mir soeben entschlüpft waren. »Dann gab Eve mir ihre Kette, die wie meine hier aussah, nur war der Anhänger ein Rubin…« Ich berührte den Diamanten. »Und Sie sagten: ›Erinner dich.‹«
    »Erinner dich?«, wiederholte er.
    »Ja.«
    Wieder musterte Alexander mich ungläubig, mit dem vieldeutigen leisen Lächeln, das, wie ich allmählich merkte, typisch für ihn war.
    »Ist das alles?«, fragte er.
    »Reicht das denn nicht?«
    Er senkte den Blick wieder, hob einen weißen Stein von dem Pfad auf und warf ihn in das dunkle Wasser im Becken. Konzentrische Kreise breiteten sich von der Stelle aus, wo er hineingefallen war.
    »Sie haben ein paar Dinge vergessen«, sagte er dann unvermutet. Mein Kopf fuhr mit einem Ruck hoch. »Im ersten Teil des Traumes trugen Sie ein rotes Kleid mit einem zarten Muster. Sie waren barfuß. Das Stück, das Sie spielten, existiert wirklich, obwohl es kein Wunder ist, dass Sie es nicht kannten - es stammt von mir und wurde nie veröffentlicht. Der Schlüssel, den Sie bei sich hatten, war aus Silber und hing an einer Silberkette. Die Gesichter im Teich empfanden Sie deshalb als so grässlich, weil sie von abgrundtiefer Verzweiflung erfüllt - und unseren eigenen so ähnlich

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