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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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leicht, über diese Dinge zu sprechen. Hätten Sie vielleicht einen Drink für mich?«
    Da ich selbst dringend einen Schluck Alkohol brauchte, nahm ich eine Karaffe mit Portwein vom Tisch, schenkte zwei Gläser voll und reichte ihm eins davon. Er nippte nur daran, ich trank einen großen Schluck.
    »Fünf Minuten«, wiederholte ich.
    Er seufzte. »Dann lassen Sie mir keine Wahl, als Sie mit der ungeschminkten Wahrheit zu konfrontieren. Ihr Alexander hat Sie über alles belogen, was seine Person betrifft, angefangen mit seinem Namen. Er ist tatsächlich der Sohn eines russischen Edelmanns, aber er wurde schon vor langer Zeit enterbt, weil er mit den Kommunisten sympathisiert hat, kurz darauf wurde seine Familie als Imperialistenpack hingerichtet - erschossen. Da fragt man sich, wer sie ans Messer geliefert hat, nicht wahr?«
    Ich konnte ihn nur stumm anstarren; der Schock hatte mir die Sprache verschlagen.
    »Alexander hat Russland nicht zum ersten Mal verlassen«, fuhr Dorian fort. »Seine früheren Reisen unternahm er allerdings auf Geheiß der Regierung. Welcher Art die Aufträge waren, die er auszuführen hatte, darüber möchte ich lieber nicht nachdenken.«
    »Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung!«, herrschte ich ihn an, als mir meine Stimme wieder gehorchte. »Verlassen Sie auf der Stelle mein Haus!«
    »Ich gehe, wenn Sie es wünschen, Eleanor«, erwiderte Dorian ruhig. »Aber Sie wissen so gut wie ich, dass Sie keine Ruhe finden werden, wenn Sie nicht auch noch den Rest hören. Sie werden heute Nacht kein Auge zutun, weil
Sie unablässig über meine Worte nachgrübeln werden, und morgen früh wird die Ungewissheit Sie fast wahnsinnig machen.« Er lächelte und lehnte sich vertraulich zu mir. »Sie vermuten schon lange, dass Alexander Geheimnisse vor Ihnen hat - sehr schwer wiegende Geheimnisse. Tief in Ihrem Inneren haben Sie immer geahnt, dass Sie einmal Dinge über ihn erfahren würden, die Sie bis ins Mark treffen.«
    Ich verspürte in diesem Moment einen unbändigen Hass auf ihn, aber gleichzeitig brachte ich nicht die Kraft auf, ihm den Mund zu verbieten, und dafür hasste ich mich selber.
    »Warum erzählen Sie mir all das überhaupt?«, fragte ich barsch.
    Er hob die Schultern. »Ich möchte meinen guten Namen reinwaschen, da Alexander ihn offensichtlich mit Schmutz beworfen hat.«
    »Es kann Ihnen doch völlig egal sein, was ich von Ihnen halte.«
    Er zögerte. »Lassen Sie uns einmal kurz vom Thema abschweifen. Ich habe mich gefragt, was die Kleine heute Abend gemeint hat, als sie wissen wollte, ob die Frau auf dem Bild auch zu dem Ball kommt.«
    Die merkwürdige Benommenheit, die mit einem Mal von mir Besitz ergriff, bewirkte, dass seine Stimme wie aus weiter Ferne an mein Ohr zu dringen schien. »Ich bin sicher, Tascha hat genau das gemeint, was sie gesagt hat«, antwortete ich ohne nachzudenken; nur darauf bedacht, mir meine Verwirrung nicht anmerken zu lassen.
    »Die Bemerkung schien Ihr Interesse zu wecken.«
    »Ich fand sie eigenartig, das stimmt.«
    »Eigenartig war sie allerdings … und noch eigenartiger war ihr Eingeständnis, dass sie von den Zwillingen träumt … genau wie Sie. Es führt mich zu der Frage, ob
irgendjemand mit ihr über die beiden gesprochen haben könnte. Oder mit Ihnen.«
    »Warum sollte jemand mit Tascha über die Zwillinge gesprochen haben? Wie meinen Sie das?«
    Er zog eine Zigarette aus der Tasche, zündete sie an und ließ das abgebrannte Streichholz in sein leeres Glas fallen.
    »Sie wissen doch sicherlich über die Träume Ihrer Großmutter Bescheid?«
    Ich erwiderte nichts darauf. Vor meinen Augen verschwamm alles.
    »Aber über ihre Krankheit sind Sie informiert, oder?«
    »Selbstverständlich.«
    »Sie war eine tief durchgeistigte Frau - nicht nur in religiöser Hinsicht, sondern auch, was ihr persönliches Schicksal betraf. Nachdem Ihre Mutter davongelaufen war, soll Ihre Großmutter immer wieder von extrem realitätsgetreuen und teilweise Furcht einflößenden Träumen von ihrer verlorenen Tochter heimgesucht worden sein, heißt es.«
    »Woher wissen Sie das alles?« Ich bot all meine Willenskraft auf, um das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Ich denke, Sie waren nur einmal als Kind hier?«
    »Oh, ich habe im Laufe der Jahre einige Briefe erhalten, und Sie können sich ja wohl vorstellen, was für einen Skandal das Verschwinden Ihrer Mutter in einer so kleinen Gemeinde wie dieser hier ausgelöst hat - vor allem im Zusammenhang mit der

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