Die Straße
ziemlich dichten Eindruck. Er ging nach dem Jungen sehen. Der Junge war schweißfeucht, und der Mann schlug eine der Decken zurück, fächelte dem Jungen das Gesicht, drehte dann den Ofen herunter und ging wieder ins Bett.
Als er das nächste Mal aufwachte, war ihm, als hätte es zu regnen aufgehört. Aber ihn hatte etwas anderes geweckt. Im Traum hatten ihn Geschöpfe heimgesucht, wie er sie noch nie gesehen hatte. Sie sprachen nicht. Ihm war, als hätten sie, während er schlief, an seinem Bett gekauert und sich davongeschlichen, als er aufgewacht war. Er drehte sich zu dem Jungen hin und betrachtete ihn. Vielleicht begriff er zum ersten Mal, dass er für diesen selbst ein außerirdisches Wesen war. Ein Geschöpf von einem Planeten, den es nicht mehr gab. Dessen Schilderungen suspekt waren. Er konnte die Welt, die er verloren hatte, nicht zum Vergnügen des Kindes wiedererstehen lassen, ohne auch den Verlust wiedererstehen zu lassen, und vielleicht, dachte er, hatte das Kind das besser verstanden als er. Er versuchte, sich an den Traum zu erinnern, konnte es aber nicht. Nur die damit verbundene Empfindung war noch übrig. Vielleicht, dachte er, waren sie gekommen, um ihn zu warnen. Wovor? Dass er im Herzen des Kindes nicht entfachen konnte, was in seinem eigenen Asche war. Selbst jetzt noch wünschte etwas in ihm, sie hätten diesen Zufluchtsort nie gefunden. Etwas in ihm wünschte immer, es wäre vorbei.
Er vergewisserte sich, dass das Ventil der Gasflasche geschlossen war, drehte den kleinen Kocher auf der Truhe um, setzte sich hin und machte sich daran, ihn auseinanderzunehmen. Er schraubte die Bodenplatte ab, nahm die Brennerkonstruktion heraus und löste mit einem kleinen Rollgabelschlüssel die beiden Brenner. Er kippte den Plastikeimer mit den Beschlägen aus, suchte eine Muffe heraus, die in das Anschlussstück passte und drehte sie fest. Er schloss den Schlauch der Gasflasche an und wog den kleinen, leichtgewichtigen Topfstahlbrenner in der Hand. Er legte ihn auf die Truhe, warf das Metallgehäuse in den Müll und ging zur Treppe, um nach dem Wetter zu sehen. Die Matratze über der Luke hatte sich kräftig mit Wasser vollgesogen, und die Luke war schwer anzuheben. Er stützte sie mit der Schulter ab, während er in den Tag hinausblickte. Leichter Nieselregen. Unmöglich zu sagen, mit welcher Tageszeit er es zu tun hatte. Er blickte hinüber zum Haus und auf die tropfnasse Landschaft, dann ließ er die Luke wieder herab, stieg die Treppe hinunter und machte Frühstück.
Sie verbrachten den Tag mit Essen und Schlafen. Er hatte geplant aufzubrechen, aber der Regen war Rechtfertigung genug zu bleiben. Der Einkaufswagen stand im Schuppen. Unwahrscheinlich, dass heute jemand auf der Straße unterwegs war. Sie gingen die Vorräte durch und stellten, was sie mitnehmen konnten, zu einem wohlbemessenen Stapel in der Ecke des Bunkers zusammen. Der Tag war kurz, eigentlich kaum als Tag zu bezeichnen. Bei Einbruch der Dunkelheit hatte es zu regnen aufgehört, und sie begannen, Kartons, Päckchen und Plastiktüten durch den feuchten Garten zum Schuppen zu tragen und in den Einkaufswagen zu packen. Die schwacherleuchtete Lukenöffnung lag im Dunkel des Gartens wie ein gähnendes Grab auf einem alten, apokalyptischen Gemälde vom Jüngsten Gericht. Als der Wagen mit allem beladen war, was er fassen konnte, legte der Mann eine Plastikplane darüber, deren Ösen er mit kurzen Gummibandstücken am Drahtkorb festzurrte, dann traten sie zurück und betrachteten ihn im Licht der Taschenlampe. Er dachte, dass er sich von den anderen Wagen im Supermarkt ein paar Reserveräder hätte holen sollen, doch nun war es zu spät. Er hätte auch den Motorradspiegel von ihrem alten Wagen aufheben sollen. Sie aßen zu Abend, schliefen bis zum Morgen, badeten noch einmal und wuschen sich in Schüsseln mit warmem Wasser die Haare. Sie frühstückten und waren im Morgengrauen auf der Straße, jeder mit einem neuen, aus Betttuchstoff zurecht-geschnittenen Mundschutz, der Junge, der mit einem Besen den Weg von Ästen und Zweigen freihielt, vornweg, der Mann über den Griff des Wagens gebeugt und den Blick auf die vor ihnen abfallende Straße gerichtet.
Der Wagen war zu schwer, als dass er ihn in den nassen Wald hätte schieben können, und so machten sie auf der Straße Mittagspause, kochten sich Tee und aßen den Rest des Dosenschinkens mit Kräckern, Senf und Apfelmus. Saßen Rücken an Rücken und beobachteten
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