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Die Straße

Die Straße

Titel: Die Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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einen der Kanister heraus, schraubte den Deckel ab und durchstieß mit einem Schraubenzieher die Folienversiegelung. Dann nahm er die Lampe von dem Haken an der Decke und füllte sie. Er hatte bereits eine Plastikbox mit Butangasfeuerzeugen gefunden, zündete mit einem davon die Lampe an, regulierte die Flamme und hängte die Lampe wieder auf. Dann saß er einfach nur auf dem Bett.
     
    Während der Junge schlief, begann er, die Vorräte methodisch durchzusehen. Kleidung, Pullover, Socken. Eine große Schüssel aus rostfreiem Stahl, Schwämme und Seifenriegel. Zahnpasta und Zahnbürsten. Auf dem Boden eines großen Plastikeimers mit Bolzen, Schrauben und diversen Beschlägen fand er zwei Handvoll goldene Krügerrands in einem Stoffsäck-chen. Er kippte sie aus, drückte sie in der Hand, betrachtete sie, schaufelte sie dann zusammen mit den Beschlägen in den Eimer zurück und stellte diesen in das Regal.
     
     
    Er durchsuchte alles, wuchtete Kartons und Kisten von einer Seite des Raums auf die andere. Eine kleine Stahltür führte in einen zweiten Raum, wo Gasflaschen untergebracht waren. In der Ecke eine chemische Toilette. In den Wänden befanden sich mit Maschendraht abgedeckte Öffnungen von Belüftungsrohren und im Boden Abflüsse. Es wurde warm in dem Bunker, und er hatte sich die Jacke ausgezogen. Er ging alles durch. Er fand eine Schachtel Pistolenpatronen Kaliber .45 und drei Schachteln Gewehrpatronen Kaliber .30-30. Eine Schusswaffe fand er allerdings nicht. Er nahm die elektrische Laterne und suchte die Wände nach verborgenen Fächern ab.
    Nach einer Weile setzte er sich einfach auf das Bett und aß einen Riegel Schokolade. Es gab keine Schusswaffe, und es würde sich auch keine finden.
     
     
    Als er aufwachte, zischte die Lampe an der Decke leise. Das Licht beschien die Bunkerwände, die Kartons und Kisten. Er wusste nicht, wo er sich befand. Er war mit seiner Jacke zugedeckt. Er setzte sich auf und betrachtete den schlafenden Jungen auf dem anderen Bett. Er hatte sich die Schuhe ausgezogen, doch auch daran erinnerte er sich nicht. Er holte sie unter dem Bett hervor, zog sie an, stieg die Treppe hinauf, zog die Zange aus dem Schließband, hob die Klappe an und spähte hinaus. Früher Morgen. Er schaute zum Haus und in Richtung Straße, und er wollte die Klappe gerade wieder herablassen, als er stutzte. Das vage graue Licht lag im Westen. Sie hatten die ganze Nacht und den darauffolgenden Tag durchgeschlafen. Er senkte die Klappe, sicherte sie wieder, stieg die Treppe hinunter und setzte sich auf das Bett. Er war darauf gefasst gewesen zu sterben, und nun würde er am Leben bleiben, und darüber musste er nachdenken. Jeder konnte die Luke im Garten sehen und würde sofort wissen, worum es sich handelte. Er musste sich etwas überlegen. Das hier war kein Sich-Ver-stecken im Wald. Weit davon entfernt. Schließlich stand er auf, ging zum Tisch, schloss den kleinen, zweiflammigen Gaskocher an, holte eine Bratpfanne und einen Wasserkessel und Öffnete die Plastikbox mit Kochutensilien.
     
    Das Geräusch der kleinen Handmühle, mit der er Kaffee mahlte, weckte den Jungen schließlich. Er setzte sich auf und starrte um sich. Papa?, sagte er.
    Morgen. Hast du Hunger?
    Ich muss aufs Klo. Ich muss pinkeln.
    Er deutete mit dem Bratenwender auf die niedrige Stahltür. Er wusste nicht, wie man die Toilette richtig benutzte, aber sie würden sie trotzdem benutzen. So lange würden sie nicht hier bleiben, und er würde die Luke nicht öfter als unbedingt nötig öffnen und schließen. Der Junge ging an ihm vorbei, sein Haar schweißverklebt. Was ist das?, fragte er.
    Kaffee. Schinken. Brötchen.
    Wow, sagte der Junge.
     
    Er zog eine Truhe zwischen die Betten, bedeckte sie mit einem Handtuch und verteilte Teller, Tassen und Plastikutensilien darauf. Er stellte eine mit einem kleinen Handtuch abgedeckte Schale mit Brötchen dazu, außerdem einen Teller mit Butter und eine Dose Kondensmilch. Salz und Pfeffer. Er sah den Jungen an, der völlig benommen wirkte. Er nahm die Bratpfanne vom Kocher, stocherte mit einer Gabel eine braungebratene Schinkenscheibe auf den Teller des Jungen, häufte Rührei aus der anderen Pfanne darauf, gab löffelweise geba-ckene Bohnen dazu und goss Kaffee in die Tassen. Der Junge blickte zu ihm auf.
    Nur zu, sagte er. Lass es nicht kalt werden.
    Was esse ich als Erstes?
    Was du magst.
    Ist das Karree?
    Ja. Hier. Du streichst Butter auf deine Brötchen. So.
    Okay.
    Fehlt dir was?
    Ich weiß

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