Die Straße
Und blieben immer wieder stehen, um durch die großen Fenster auf das sich verdunkelnde Land hinauszublicken.
In der Küche gab es Besteck, Kochgeschirr und englisches Porzellan. Eine Speisekammer, deren Tür leise hinter ihnen zufiel. Gefliester Boden, Reihen von Regalen und in den Regalen mehrere Dutzend große Einweckgläser. Er durchquerte den Raum, nahm eines in die Hand und pustete den Staub herunter. Grüne Bohnen. In den ordentlichen Reihen außerdem rote Paprikastücke. Tomaten. Mais. Neue Kartoffeln. Okra. Der Junge sah ihm zu. Der Mann wischte den Staub von den Deckeln der Gläser und drückte mit dem Daumen darauf. Es wurde rasch dunkel. Er trug zwei Gläser zum Fenster, hielt sie hoch und drehte sie. Er sah den Jungen an. Kann sein, dass die giftig sind, sagte er. Wir werden alles gründlich kochen müssen. Ist das okay?
Ich weiß nicht.
Was willst du denn tun?
Das musst du sagen.
Das müssen wir beide sagen.
Meinst du, die Sachen sind okay?
Ich denke, wenn wir sie gründlich kochen, können wir sie essen.
Okay. Warum, glaubst du, hat niemand sie gegessen?
Ich glaube, dass niemand sie gefunden hat. Von der Straße aus kann man das Haus nicht sehen.
Wir haben es aber gesehen.
Du hast es gesehen.
Der Junge musterte die Gläser.
Was meinst du?, fragte der Mann.
Ich denke, wir haben keine Wahl.
Ich denke, du hast recht. Gehen wir Holz holen, bevor es noch dunkler wird.
Sie trugen zig Armvoll toter Äste die Hintertreppe hinauf und durch die Küche ins Esszimmer, machten sie klein und stopften den Kamin voll. Er entzündete das Feuer, Rauch ringelte sich nach oben über den bemalten Holzsturz, stieg zur Decke auf und ringelte sich wieder nach unten. Er fachte die Flammen mit einer Zeitschrift an, bald begann der Rauchfang zu ziehen, und das Feuer prasselte und erleuchtete Wände, Decke und den Glaskronleuchter mit seinen unzähligen Facetten. Die Flammen ließen das dunkle Glas des Fenster aufscheinen, vor dem die Silhouette des Jungen mit hochgezogener Kapuze wie ein aus der Nacht hereingekommener Troll wirkte. Er schien von der Hitze wie betäubt. Der Mann zog die Leintücher von dem langen Empiretisch in der Mitte des Raums, schüttelte sie aus und machte daraus ein Nachtlager vor dem Kamin. Er setzte den Jungen auf den Boden, zog ihm die Schuhe aus und löste die schmutzigen Lumpen, mit de-nen seine Füße umwickelt waren. Alles okay, flüsterte er. Alles okay.
In einer Küchenschublade fand er Kerzen, zündete zwei davon an, ließ Wachs auf die Arbeitsplatte tropfen und klebte die Kerzen darin fest. Er ging nach draußen, schaffte mehr Holz herein und schichtete es neben dem Kamin auf. Der Junge hatte sich nicht gerührt. In der Küche gab es Töpfe und Pfannen, er wischte einen Topf aus, stellte ihn auf die Arbeitsplatte und versuchte dann erfolglos, eines der Gläser zu öffnen. Er ging mit einem Glas grüne Bohnen und einem Glas Kartoffeln zur Haustür, kniete sich beim Licht einer in einem Trinkglas stehenden Kerze hin, hielt das erste Einweckglas schräg in den Spalt zwischen Tür und Türpfosten und klemmte es durch Zuziehen der Tür fest. Dann hockte er sich auf den Boden der Eingangshalle, hakte den Fuß hinter den äußeren Rand der Tür, drückte sie gegen den Deckel und drehte mit den Händen das Glas. Der geriffelte Deckel rutschte am Holz ab und raspelte Kerben in den Lack. Er wechselte den Griff, zog die Tür fester heran und probierte es noch einmal. Wieder fand der Deckel zunächst keinen Halt, dann aber griff er. Der Mann drehte langsam das Glas, dann nahm er es aus dem Spalt zwischen Tür und Türpfosten, schraubte den Deckelring ab und stellte es auf den Boden. Er öffnete das zweite Glas, stand auf und ging mit beiden in die Küche, in der anderen Hand das Glas mit der Kerze, deren Flamme flackerte und blakte. Er versuchte, mit den Daumen den Deckel von den Gläsern zu lösen, doch sie saßen zu fest. Er fand, dass das ein gutes Zeichen war. Er setzte den Deckelrand auf die Kante der Arbeitsplatte, schlug von oben mit der Faust auf das Glas, der Deckel sprang ab und fiel auf den Boden, er hob das Glas und schnupperte daran. Es roch köstlich. Er schüttete die Kartoffeln und die Tomaten in einen Topf, ging damit ins Wohnzimmer und stellte ihn aufs Feuer.
Eine einzige brennende Kerze zwischen sich, saßen sie einander am Tisch gegenüber und aßen langsam aus Schalen von Knochenporzellan. Der Revolver lag griffbereit, als handelte sich um irgendein
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