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Die Strozzi

Die Strozzi

Titel: Die Strozzi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Walter
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keine Chancen. «Hier besteht dagegen die Hoffnung, dass er tüchtig werden wird», schrieb Jacopo Strozzi an die Mutter. Alessandra war sehr dankbar für die Bereitschaft der Cousins, ihren Sohn zum Kaufmann auszubilden. Bei ihnen würde er von Grund auf alles lernen, was für diesen Beruf nötig war: die Erledigung der Korrespondenz, die Buchführung und alle Regeln des Handels und der Bank.
    Über die ersten Jahre Filippos in Spanien ist nicht viel bekannt. Das früheste erhaltene Lebenszeichen ist ein Brief, den er im März 1445 aus Barcelona an seine Mutter schrieb. Er war zuvor in Valencia gewesen. Jetzt aber sei er nach Barcelona geschickt worden, weil Filippo Strozzi dort einen Angestellten brauche und einen Verwandten einem Fremden vorgezogen habe. In Filippos Kontor in Barcelona arbeiteten schon zwei weitere junge Verwandte, die Brüder seiner Frau Filippa, Giovanni und Bernardo Bischeri. In den vier Jahren Lehrzeit hatte Filippo offenbar viel gelernt und sich Vertrauen erworben. So rückte der junge Filippo vom Lehrjungen zum Angestellten auf und erhielt jetzt auch ein Gehalt. Sein neuer Status drückte sich, wie er seiner Mutter stolz schrieb, auch in der Kleidung aus: Er sei jetzt nicht mehr wie ein Bursche, sondern wie ein Mann gekleidet. Filippo erhielt den Auftrag, die Korrespondenz zu besorgen. Dreißig Briefe habe er in einem Male abgeschickt, brüstete er sich.
    Ganz glatt scheint es aber trotzdem nicht gelaufen zu sein. Im August des folgenden Jahres glaubte er, sich vor seiner Mutter rechtfertigen zu müssen: Wenn sie höre, dass Filippo Strozzi sich über ihn beklage, dann dürfe sie nicht daran glauben. Filippo sei ihm vielmehr sehr zugetan und habe durchblicken lassen, dass er ihn eines Tages beerben könne, da er selbst keine Kinder habe. Dasselbe gelte für Niccolò. Beide, so vermutete er, würden einmal gern von ihm im Alter betreut werden. Die Geschäfte der drei Onkel in Spanien liefen blendend, sie besäßen schon ein großes Vermögen, das der junge Filippo auch bezifferte. Wenn die Mutter ihm 400 Fiorini geben könne, dann wolle er sich an ihrem Geschäft beteiligen. Da jetzt auch eine Niederlassung in Neapel gegründet worden sei, hoffe er sehr, von Niccolò nach dort mitgenommen zu werden. Da gebe es viele Florentiner, und er wäre näher bei der Heimat. Eine Möglichkeit zur Rückkehr nach Florenz sehe er allerdings nicht, erst müssten sich die Verhältnisse dort ändern. Und dann machte er seiner Mutter das große Versprechen: «Ich habe die Absicht, unser Haus wieder aufzurichten.»
    Filippo schrieb diesen Brief aus Valencia, wohin er mit seinem Onkel aus Barcelona gekommen war. Dort war jüngst auch sein Bruder Lorenzo eingetroffen, um seine Lehrzeit zu beginnen. Filippo berichtete seiner Mutter, dass der Bruder sich sehr zum Guten gewandelt habe, er wolle aber trotzdem hinter ihm her sein, damit er nicht ausbüxe. Die Hierarchie stand fest, der ältere Bruder hatte Gewalt über den jüngeren und trug Verantwortung für ihn. Das galt besonders, da der Vater fehlte.
    Kurz nach seiner Ankunft in Valencia schrieb auch Lorenzo seiner Mutter am 28. April 1446 einen langen Brief, in dem er allerlei Nachrichten in kunterbunter Folge aneinanderreihte. Darin erzählte er, der noch keine vierzehn Jahre alt war, aber immerhin ein Jahr älter als Filippo in der gleichen Lage, etwas lamentabel von den Schwierigkeiten, die er zu bewältigen habe. Lorenzo wartete sehnsüchtig auf Nachrichten von zu Hause. Die Reise sei schrecklich gewesen. Man müsse, wie er schnell gelernt habe, in der Fremde seine ganze Lebensweise ändern. Schon in Livorno habe er vier Tage auf das Schiff warten und sich selbst versorgen müssen – ganz anders als daheim, wo die Mutter für ihn gesorgt hatte. Auf dem Schiff sei er seekrank geworden und habe drei Tage sterbensübel unter Deck gelegen, ohne dasssich jemand um ihn gekümmert hätte: Man habe ihn nicht besser als einen Hund behandelt. «Ich kann Euch sagen, ich war ein Dreck.» Aber dann sprudelt es nur so aus ihm heraus, um die neue, schöne, fremde Welt, in der er sich nun befand, der Mutter zu beschreiben: Er war von Barcelona, der schönen reichen Stadt mit den vielen Balkonen, nach Valencia gekommen, nach einem Ritt von zweihundert Meilen. Dort kommt er aus dem Staunen gar nicht mehr heraus: Die Rosmarinbüsche bilden ganze Wälder, sind höher als die kleinen Eichen in Florenz; die Apfelsinen «so dick wie eine Korbflasche», frische Mandeln und

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