Die Strozzi
Kirschen zuhauf. Statt mit Jasminhecken wie in Florenz sind die Gärten mit Apfelsinensträuchern umhegt, aus denen auch Tore gebildet werden. Und was ihn am meisten beeindruckte: «Niemals hat man so schöne, engelgleiche Frauen gesehen!» Ihre Schlappen sind mit Gold durchwirkt, und sie tragen keine Haube wie die Frauen in Florenz – «kein Tuch um den Kopf wie Ihr» –, sondern über einem goldenen Netz einen kurzen Schleier, der lustig absteht – «so wie sie auf den Wandteppichen gemalt sind». Ihre Kleider – nicht aus Seide, sondern aus Tuch – haben trichterartige Ärmel und lange Schleppen, die Diener hinterhertragen. «Niemals werde ich schönere (Frauen) im Leben sehen!», rief er aus. Er selbst trägt nun nach Landesart Schuhe mit dreifingerlangen Spitzen, nicht mehr die besohlten Strümpfe wie in Florenz: «Sie sehen sehr hübsch aus.»
Wir hören auch von den Aufgaben, die ihm als Lehrling zugeteilt werden. Er muss den ganzen Tag im Kontor am Schreibpult stehen, um die ein- und auslaufende Korrespondenz ins Kopierbuch abzuschreiben – zwölf Briefe am Tag. Aber darüber beklagte er sich nicht: «Ich schreibe so schnell, dass Ihr Euch wundern würdet, schneller als jeder andere hier im Haus.» Der Arbeitstag war lang: «Wir schlafen nicht mehr als drei Stunden», gab er an, wobei anzumerken ist, dass diese Stunden länger waren als unsere heutigen von sechzig Minuten. Außerdem musste er jeden Tag auf dem Markt einkaufen gehen. Katalanisch hatte er, so brüstete er sich, inzwischen so gut gelernt, dass er sich verständlich machen konnte. Die Wege der Brüder trennten sich jedoch schon bald wieder. Filippo ging, wie er gehofft hatte, Ende 1446 mit Niccolò nach Neapel. Lorenzo blieb noch einige Zeit in Valencia, wo Giovanni Bischeri, der Neffe Filippos, die Leitung übernahm. Dann folgte er Jacopo nach Brügge.
Hier führte er sich nicht so gut auf, wie es von ihm erwartet wurde. 1452 machte ihm seine Mutter in einem Brief heftigste Vorhaltungen. Seinen Wunsch, ihm Netze fürs Vogelfangen zu schicken, wies sie indigniert zurück. Geld für dergleichen Dinge habe sie angesichts der vielen Steuern, die sie zu bezahlen habe, nicht zu verschenken: «Denke an wichtigere Dinge als an Netze fürs Vogelfangen!» Er betrage sich immer noch wie ein Kind, obwohl er alt genug sei zu wissen, was falsch und richtig sei (Lorenzo war damals schon fast zwanzig). Es tue ihr weh zu hören, wie er sich betrage. «Von allen Mühen und Sorgen, die ich habe, bist du die größte», warf sie ihm vor. Sie habe gehofft, dass er sein Geld zusammenhalte, um mit Filippo zusammen ein Geschäft gründen zu können, aber er werfe das Geld zum Fenster hinaus und bringe Schaden und Schmach über die Seinen: «Du hast keine guten Sitten, wie ich höre, und alle Vorhaltungen, die man dir macht, nützen nichts …, nur meinetwegen hat man dich ertragen.» Lorenzo spielte – Karten-, Ball- und andere, weniger harmlose Spiele. Die Standpauke half nichts. Im Jahr darauf brach er sich beim wüsten Ballspiel sogar den Arm, und Jacopo schrieb verzweifelt an Filippo in Neapel: «Wenn Du wüsstest, wie oft ich ihm das elende Ballspiel verboten habe und mich deswegen über ihn erzürnt habe!» Er vergeude seine Zeit und gebe sich Glücksspielen hin. Wenn er gewinne, dann verschleudere er das gewonnene Geld mit Frauen und anderen Spielen, wenn er verliere, dann gehe er an die Geschäftskasse. Schwere Vergehen also, die Lorenzo jedoch abstritt. Trotz seines schlechten Betragens warf Jacopo ihn nicht hinaus. Lorenzo blieb in Brügge bis zu dessen Tod im Jahr 1461 und wickelte Jacopos Unternehmen dort ab. Damals gestand er seiner Mutter, dass er in Brügge nie glücklich gewesen sei.
Was aber sollte aus Matteo, dem jüngsten Bruder, werden? Die Diskussion darüber war in vollem Gange, als 1447 der Briefwechsel Alessandras mit ihren Söhnen einsetzt. Schon im Sommer 1446 hatte Filippo seiner Mutter vorgeschlagen, auch Matteo zu Niccolò zu schicken, da sie in Florenz keinerlei Rückhalt besäßen, um ihm eine gute Ausbildung zu verschaffen. Die Mutter würde dann zwar allein bleiben, aber sie könne zum Ersatz ein Kind aus einer armen Familie zu sich nehmen. Matteo war zu diesem Zeitpunkt erst zehn, und Alessandra sträubte sich mit allen Fasern ihres Herzens gegen diesenVorschlag. Am 24. August 1447 schrieb sie Filippo, der inzwischen in Neapel war: «Im Augenblick möchte ich Matteo noch nicht wegschicken, denn obwohl er noch klein ist,
Weitere Kostenlose Bücher