Die Strozzi
Vermögen von 4638 Fiorini. Selvaggia Gianfigliazzi war zweifellos eine tüchtige Geschäfts- und Hausfrau.
Die wirtschaftliche Seite der Aufgaben, die mit der Vormundschaft verbunden waren, regelte sie gut. Nicht ganz zufrieden waren ihre Söhne jedoch später mit der Erziehung, die ihre Mutter ihnen zuteilwerden ließ. Lorenzo Strozzi bemerkt in der Lebensbeschreibung seines Bruders, dass die Mutter den kleinen Filippo zärtlich geliebt, doch bei der Auswahl der Hauslehrer jedoch mehr auf deren gute Sitten als auf ihre Gelehrsamkeit geachtet habe, denn die Erziehung zur Ehrbarkeit sei ihr wichtigstes Ziel gewesen. So aber habe Filippo trotz seines frühen Interesses am Lesen nur die Anfangsgründe des Lateinischen gelernt. Er habe der Mutter dies später vorgeworfen, obwohl er auch Entschuldigungsgründe für ihr Verhalten fand: Sie habe als Frau und Witwe auf die Meinung anderer Rücksicht nehmen müssen. Filippo habe indes diese Bildungslücken später auszugleichen gesucht, indem er bei Marcello de’ Virgili Latein und bei Fra Zanobi Acciaiuoli Griechisch studierte. Dies waren in der Tat zwei der berühmtesten Humanisten der Stadt. Virgili war Nachfolger Angelo Polizianos auf dessen Lehrstuhl an der Universität, während Acciaiuoli sich als Übersetzer aus dem Griechischen hervortat und selbst lateinische Werke schrieb; er wurde Bibliothekar Papst Leos X. Filippo eignete sich tatsächlich eine hervorragende humanistische Bildung an. Auch Lorenzo glich die Mängel seines kindlichen Unterrichts aus, wie Francesco Zeffi in dessen unvollendeter Lebensbeschreibung berichtet. Er vervollständigte seine klassische Bildung als Schüler des berühmten Humanisten Bartolomeo Fonzio.
Im Gegensatz zu ihrem ältesten Bruder erhielten die beiden Brüder keine reguläre kaufmännische Ausbildung. Sie wuchsen wie kleine Prinzen auf, reich, schön und zur dünnen Schicht jener großen Familien gehörig, auf die auch Lorenzo de’ Medici hatte Rücksicht nehmen müssen, Teil der jeunesse dorée, nachdem die büßerischen Zeiten Savonarolas zu Ende gegangen waren. 1491 spielte Lorenzo in der
Rappresentazione di SS. Giovanni e Paolo
mit, dem geistlichen Schauspiel, das Lorenzo de’ Medici für seinen jüngsten Sohn Giuliano geschrieben hatte und das während des Karnevals im Medici-Garten bei San Marco zur Aufführung kam. 1494, da war er zwölf, wurde er ausgewählt, um mit anderen vornehmen Florentinern König Karl VIII. von Frankreich vor der Stadt zu empfangen. Er gehörte zu denen, welche den Baldachin des Königs trugen. Man staunte bei dieser Gelegenheit über die Geschicklichkeit,mit der der kleine Lorenzo sein schnelles Pferd ritt. Als Jüngling nahm er 1502 in Ferrara, begleitet von seinem Cousin Matteo Strozzi und dem berühmten Organisten Baccio d’Agnolo, an den Festlichkeiten für die Hochzeit Lucrezia Borgias mit Herzog Alfonso d’Este teil, wo sein eleganter Auftritt von den Damen sehr bewundert wurde. Ein von Lorenzo anlässlich einer Hochzeit in Szene gesetztes Schäferspiel ergötzte, wie Zeffi schreibt, nicht nur das Auge, sondern auch das Ohr. Lorenzo liebte die Musik, sang und spielte Instrumente, schrieb Gedichte und Komödien und war der Animator von Festgesellschaften, die besonders im Karneval in Aktion zu treten pflegten. Aufsehen erregte er wegen des ausgefallenen Themas eines Karnevalswagens, den er und seine Freunde ausstatteten. Exzentrisch, wie sie waren, ließen die jungen Männer nicht den beliebten Triumph Amors durch die Straßen ziehen, sondern setzten einen anderen «Triumph» Petrarcas in Szene, einen «Triumph des Todes», der an der Schwelle zum Aschermittwoch schreckenerregend durch Florenz zog. Er hinterließ so großen Eindruck, dass man noch viele Jahre später davon sprach.
Mit der Ausführung dieses Wagens hatte die Festgesellschaft Piero di Cosimo betraut, einen für seine bizarren Erfindungen bekannten Künstler, der berühmt für solcherlei Inszenierungen war. So kam es, dass auch Giorgio Vasari diesen merkwürdigen Triumph in seiner Vita Piero di Cosimos beschrieb: «Dieser Triumph war ein enormer von Büffeln gezogener Karren, ganz in Schwarz und mit Totenknochen und weißen Kreuzen bemalt. Und oben auf dem Karren stand ein riesengroßer Tod mit der Sichel in der Hand, und um den Karren herum gab es viele Gräber mit Deckeln, die sich überall, wo der Triumph zum Singen anhielt, öffneten. Und heraus kamen einige in schwarzes Tuch gehüllte Gestalten, auf deren Gewand
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