Die Strozzi
ein Skelett aufgemalt war … Und zur Musik von dumpfen Posaunen mit rauem, heiserem Klang kamen diese Toten halb heraus und setzten sich auf die Deckel und sangen voller Melancholie jene heute noch noble Kanzone
Dolor, pianto e penitenza.
Und hinter dem Karren kam eine große Zahl von Toten auf den dürresten und ausgemergeltsten Pferden, die aufzutreiben waren, mit Schabracken voller weißer Kreuze, und jeder Reiter hatte vier als Tote verkleidete Reitknechte mit schwarzen Fackeln und einer großen Fahne mit Knochen und Totenköpfen darauf.» Dieses makabre Spektakel,eine Umkehrung jener sprühenden Triumphe Amors, die so oft in der Vergangenheit die Florentiner entzückt hatten, erschreckte die Zuschauer bis ins Herz, fand aber doch wegen seiner Ausgefallenheit und der gelungenen künstlerischen Gestaltung nicht wenig Beifall.
Lorenzo Strozzi bewies seinen makabren Geschmack noch einmal 1520 mit einer ähnlichen Inszenierung bei einem Bankett, das er in Rom ausrichtete. Diesmal kam das gruftige Spektakel aber gar nicht an, die Gäste, darunter einige Kardinäle, flüchteten voller Abscheu. Sonst aber war Lorenzo Strozzi ein in Freundes- und Literatenkreisen geschätzter Autor von Komödien, die selbst für Niccolò Machiavelli ein Vorbild waren, als er seine
Mandragola
schrieb. Ein Bildnis von ihm aus späteren Jahren zeigt ihn mit der Geste eines Literaten (siehe Abb. oben). Berühmt wurde die von ihm selbst inszenierte Aufführung einer seiner Komödien im Medici-Palast, als Lorenzo de’ Medici, der Herzog von Urbino, hier wieder residierte. Er konzipierte sie, so überliefert sein Biograph Francesco Zeffi, als eine Art Gesamtkunstwerk, in dem erstmals die geschickt eingesetzte Musik eine große Rolle spielte.
Conte Paolozzi, Bildnis des Lorenzo Strozzi in älteren Jahren
Der makabre Triumph des Todes fand wahrscheinlich im Karneval 1511 statt, ein Jahr bevor die Medici aus dem Exil zurückkamen. Giorgio Vasari hörte von zwei Malern, die Mitarbeiter und Schüler von Piero di Cosimo gewesen waren, dass dieser Triumph im Nachhinein als Zeichen für die kommende Wiederkehr der Medici gedeutet wurde, im Sinne, dass diese zwar noch politisch tot waren, aber bald wie die Toten wiederauferstanden.
ZWEI FOLGENREICHE EHEN
S elvaggia Gianfigliazzi hatte schon früh für ihre Söhne einige Entscheidungen getroffen, die Lorenzo und Filippo Strozzis Leben grundlegend prägen sollten. Kurz nach dem Tod ihres Vaters waren in Florenz tief greifende politische Umwälzungen eingetreten. Am 8. April 1492 starb Lorenzo de’ Medici, der «liebenswürdige Tyrann», wie ihn Francesco Guicciardini nannte. Seine Stellung in Florenz sollte nach seinem Plan sein ältester Sohn Piero übernehmen. Dieser war bei seinem Tod erst zwanzig Jahre alt, nicht älter, als sein Vater selbst beim Tod des eigenen Vaters gewesen war. Doch besaß Piero de’ Medici nicht das politische Geschick und Talent, das Lorenzo de’ Medici in dieser Lage bewiesen hatte. Zwar waren jene großen Bürger, die dem Verstorbenen am nächsten gestanden und an seiner Macht teilgehabt hatten, durchaus bereit, Piero zu stützen. Sie hofften jedoch auch, die neue Lage nutzen zu können, um Florenz in die Bahnen einer oligarchischen Republik zurückzulenken, in der sie selbst mehr Macht und Einfluss hatten. Zunächst schien alles nach Lorenzo de’ Medicis Wünschen zu verlaufen. Schon eine Woche nach seinem Tod verabschiedeten die Räte der Republik ein Gesetz, das es Piero erlaubte, seinem Vater trotz seiner Jugend in allen Ämtern nachzufolgen. Doch bald schon brachte Piero mit seinem herrischen Gebaren die Anhänger seines Vaters gegen sich auf. Er handelte, ohne auf ihren Rat zu hören, und umgab sich mit einigen ihm ergebenen Persönlichkeiten von minderem gesellschaftlichen Rang. Der Widerstand gegen sein selbstherrliches Agieren erhob sich zuerst im Kreis der eigenen Verwandten.
Francesco Guicciardini gibt in seinen
Storie fiorentine
die genaueste Darstellung dieser Entwicklungen, die im Wesentlichen auch von anderen Chronisten bestätigt wird. Demnach hätten die Freunde undVerwandten Piero de’ Medici zu einem mehr «bürgerlichen» Auftreten geraten. Er solle an seinem Verhalten alles ändern, was ihm den Anstrich eines Tyrannen geben konnte, und dazu einige Institutionen abschaffen, die schon zu Zeiten seines Vaters Gegenstand der Kritik gewesen waren. Gemeint war vor allem der «Rat der Siebzig», die von Lorenzo de’ Medici 1480 geschaffene, den
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