Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die stumme Bruderschaft

Die stumme Bruderschaft

Titel: Die stumme Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro
Vom Netzwerk:
höflich bitten, ihm das Mandylion zu übergeben. Wenn er es nicht freiwillig tat, würden die Soldaten in die Kirche einmarschieren und es mit Gewalt holen.
    De Molesmes hatte Balduin überzeugt, er solle sich von dem Bischof nicht einschüchtern lassen und ihn notfalls bedrohen. Zu diesem Zweck würde sie der Riese Vlad begleiten, ein Mann aus dem Norden, der nicht viel Verstand hatte und ohne zu murren alles tat, was Balduin ihm befahl.
    Es war dunkel in der Stadt, und nur die Lichter verrieten, dass die Häuser und Paläste bewohnt waren.
    Das Klopfen hallte durch den Palast, wo der Bischof gerade ein Glas zypriotischen Wein trank und eine geheime Botschaft von Papst Innozenz las. Ein Diener öffnete die Tür und bekam einen riesigen Schreck, als plötzlich der Kaiser vor ihm stand.
    Er schrie auf, und die Wache des Bischofs eilte zur Tür. De Molesmes befahl ihnen, vor dem Kaiser niederzuknien.
    Sie betraten festen Schrittes den Palast. Balduin sah man seine Angst an, aber die Entschlossenheit seines Beraters hinderte ihn daran davonzulaufen.
    Der Bischof öffnete, alarmiert vom Lärm auf der Treppe, die Tür und war sprachlos, als Balduin, Pascal de Molesmes und eine Gruppe Soldaten vor ihm standen.
    »Was soll das? Was macht Ihr hier?«, rief der Bischof.
    »Ist das der Empfang für den Kaiser?«, unterbrach ihn de Molesmes.
    »Beruhigt Euch, Hochwürden. Ich bin gekommen, um Euch zu besuchen. Ich bedaure, Euch meinen Besuch nicht zeitig genug angekündigt zu haben, aber die Staatsgeschäfte haben mich daran gehindert.«
    Balduins Lächeln konnte den Bischof nicht beruhigen, der mitten im Raum stand und nicht wusste, was er tun sollte.
    »Gestattet Ihr, dass wir uns setzen?«, fragte der Kaiser.
    »Bitte, bitte, Euer Besuch kommt so unerwartet. Ich werde meine Diener rufen, damit sie Euch bewirten, wie es sich gehört. Ich werde mehr Kerzen anzünden lassen und …«
    »Nein«, unterbrach ihn de Molesmes. »Das ist nicht nötig. Der Kaiser beehrt Euch mit seiner Anwesenheit, hört ihn an.«
    Der Bischof, der immer noch stand, wusste nicht, ob er die Anweisung befolgen sollte, während die Diener, angelockt von dem Lärm, schüchtern in der Tür standen und auf den Befehl von Hochwürden warteten.
    Pascal de Molesmes ging zur Tür und sagte, sie sollten sich in ihre Gemächer zurückziehen, es handele sich um einen Freundschaftsbesuch des Kaisers, und angesichts der späten Stunde benötige man ihre Dienste nicht mehr, ein Glas Wein könnten sie sich selbst einschenken.
    Der Kaiser nahm in einem bequemen Sessel Platz und seufzte. Pascal de Molesmes hatte ihn überzeugt, er brauchte das Mandylion, um Konstantinopel zu retten.
    Als er sich von dem ersten Schreck erholt hatte, sagte der Bischof bissig: »Was ist so wichtig, dass Ihr den Hausfrieden um diese Uhrzeit stört? Braucht Eure Seele Rat, oder geht es um eine Angelegenheit des Hofes?«
    »Mein guter Hirte, ich bin als Sohn der Kirche zu Euch gekommen, um Euch an Problemen des Reiches teilhaben zu lassen. Ihr kümmert Euch um die Seelen, aber zu den Seelen gehören auch Körper, und ich will mit Euch über die irdischen Probleme sprechen, denn wenn das Reich leidet, leiden auch die Menschen.«
    Balduin seufzte und suchte in Pascal de Molesmes Gesicht nach Zustimmung; kaum merklich bedeutete dieser ihm fortzufahren.
    »Ihr kennt die Nöte von Konstantinopel so gut wie ich. Es ist kein Geheimnis, dass die kaiserlichen Truhen fast leer sind und dass die Belagerung durch unsere Nachbarn uns geschwächt hat. Seit Monaten haben weder die Soldaten den ganzen Sold erhalten, noch haben die Beamten des Palastes und die Botschafter ihr Geld bekommen. Ich bedaure zutiefst, der Kirche nichts spenden zu können, deren treuester Sohn ich bin.«
    An diesem Punkt hielt Balduin inne, er fürchtete, der Bischof könnte aus der Haut fahren. Aber der hörte ihm angespannt zu und dachte über die Antwort nach, die er dem Kaiser geben würde.
    »Auch wenn ich nicht auf dem Beichtstuhl sitze«, fuhr Balduin fort, »teile ich Euch meine Sorgen mit. Ich muss das Reich retten, und die einzige Lösung ist, dem König von Frankreich das Mandylion zu verkaufen. Ludwig ist bereit, mir genügend Gold zu geben, um die Schulden begleichen zu können. Wenn ich ihm das Mandylion übergebe, werde ich Konstantinopel retten. Deshalb, bitte ich Euch, Hochwürden, als Euer Kaiser, mir das Grabtuch Christi zu übergeben. Es wird in christliche Hände kommen.«
    Der Bischof sah ihn streng an und

Weitere Kostenlose Bücher