Die stumme Bruderschaft
Philipp spielt mit der Idee, hier einzudringen und alles bis in den letzten Winkel zu durchsuchen. Er hat seinen Ratgebern anvertraut, wenn er das Grabtuch findet, werde er seine Macht verdoppeln und seine Herrschaft als christlicher König über die ganze Welt ausdehnen können. Er ist blind vor Ehrgeiz, und wir alle wissen, wie viel Böswilligkeit in seiner Seele wohnt.
Wir müssen unseren Schatz retten. Deshalb, Beltrán, werdet Ihr den Guadiana überqueren und zu unserer Komturei in Castro Marim reisen. Dort übergebt Ihr das Grabtuch dem Oberen, unserem Bruder José Sa Beiro. Ihr werdet eine Botschaft mit Euch führen, in der ich Anweisung gebe, was zum Schutz des Tuches zu tun ist.
Nur Ihr, José Sa Beiro, Geoffroy de Charney und ich werden wissen, wo das Grabtuch ist, und nur Sa Beiro wird in der Stunde seines Todes seinen Nachfolger in das Geheimnis einweihen. Ihr bleibt in Portugal und passt auf die Reliquie auf. Falls nötig, lasse ich Euch weitere Anweisungen zukommen. Während Eurer Reise nach Spanien kommt Ihr an verschiedenen Ordenshäusern und Komtureien der Templer vorbei. Ihr werdet ein Dokument für alle Oberen und Priore mitnehmen, in dem ich Anweisung gebe, wie sie sich zu verhalten haben, wenn das Unglück über den Orden hereinbricht.«
»Wann soll ich abreisen?«
»Sobald Ihr bereit seid.«
Geoffroy de Charney konnte seine Enttäuschung nicht verhehlen, als er den Großmeister fragte:
»Sagt, was ist meine Mission?«
»Ihr werdet zu Eurem Familiensitz nach Lirey reisen und dort das Leintuch deponieren, in das Euer Onkel einst die heilige Reliquie eingewickelt hatte. Ich denke, es sollte in Frankreich bleiben, aber an einem sicheren Ort. Beide Tücher sind heilig, auch wenn nur das erste den Körper unseres Herrn eingehüllt hat.
Ich zähle auf den Edelmut der Familie de Charney, und ich weiß, dass Euer Bruder und Euer alter Vater dieses Tuch aufbewahren und schützen werden, bis der Orden es zurückfordert.
Euer Onkel François de Charney hat zweimal die Wüste im Land der Ungläubigen durchquert, um dem Templerorden das Heilige Tuch zu bringen. Und jetzt braucht der Orden wieder den Dienst Eurer christlichen und tapferen Familie.«
Sie waren viele Tage geritten, als sie schließlich den Bidasoa sahen. Beltrán de Santillana, die vier Ritter, die ihn begleiteten und ihre Knappen gaben den Pferden die Sporen. Sie wollten so schnell wie möglich Spanien erreichen und der Bedrohung durch König Philipp entkommen.
Sie wussten, dass ihnen womöglich die Häscher des Königs auf den Fersen waren, und so hatten sie kaum Ruhepausen eingelegt. Philipp hatte überall Augen und Ohren, und es wäre nicht ungewöhnlich, wenn jemand seinen Spionen zugeflüstert hätte, dass eine Gruppe von Männern die Festung Villeneuve du Temple verlassen hatte.
Jacques de Molay hatte sie gebeten, weder den Umhang noch das Abzeichen der Templer zu tragen, damit sie unerkannt blieben. Zumindest bis sie weit genug von Paris entfernt waren.
Sie hatten die Kleidung nicht gewechselt, das würden sie erst ein paar Meilen hinter der Grenze tun. Dann würden sie sich wieder als Templer zu erkennen geben, denn sie waren stolz darauf, zu diesem Orden zu gehören und die heilige Mission zu erfüllen, seinen wertvollsten Schatz zu retten.
Beltrán de Santillana genoss es, die Landschaft seines Vaterlandes wiederzusehen und mit den Bauern und den Brüdern der Ordenshäuser und Komtureien Spanisch zu sprechen.
Nach dreißig Tagen kamen sie in die Nähe der Stadt Jerez, wo die Templer eine Komturei hatten. Beltrán de Santillana sagte seinen Begleitern, sie würden hier ein paar Tage ausruhen, bevor sie die letzte Etappe der Reise in Angriff nähmen.
Jetzt, wo er in Spanien war, dachte er wehmütig an die vergangenen Zeiten zurück, als er noch nicht wusste, was das Leben ihm bringen würde. Damals hatte er nur davon geträumt, ein Krieger zu werden, der das Heilige Grab befreit, um es der Christenheit zurückzugeben.
Sein Vater hatte ihn gedrängt, in den Templerorden einzutreten und Gotteskrieger zu werden.
Die ersten Jahre waren schwierig gewesen, denn es gefiel ihm zwar, mit Schwert und Bogen zu kämpfen, aber seine sinnenfrohe Natur war nicht für die Keuschheit gemacht. Es waren harte Jahre der Buße und des Opfers, bis er lernte, seinen Körper zu beherrschen und ihn mit seiner Seele in Einklang zu bringen, um würdig zu sein, das Ordensgelübde abzulegen.
Er war schon fünfzig und an der Schwelle zum
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